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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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ins Land hinein, 3 bis 4 englische Meilen vom Hause entdecken Sie Ihre Heerde
am Rand des Horizontes, Ihr Pferd wiehert freudig. Aber die Heerde hat ihrer¬
seits auch Sie selbst entdeckt und reißt aus, Sie hinterher. Jetzt beginnt eine
tolle Jagd über Berg und Thal, durch Schluchten und Moor, was stürzt, bleibt
liegen; endlich kommen Sie näher, Sie erreichen die Heerde: furchtbarer Staub,
teuflisches Gebrüll, Hörnerwetzen; -- Ihr Pferd ist wild geworden und stürzt
mitten uuter die wilde Heerde; Sie haben jetzt die Aufgabe, eine nette Kuh in
dem Chaos zu entdecken, dieselbe mit einer eigenthümlichen Peitsche, einer Art
Kasfo zu fangen, von der Heerde zu trennen, umzuwerfen, zu knebeln, zu melken
und diese Milch 3 bis 4 englische Meilen nach Hanse zu reiten. Wenn Sie nicht
erquetscht, zerstampft und todtgestochen werden, so ist es wohl möglich, daß Sie
am Abend mit einigen Tropfen Milch nach Hause kommen, wenn sie nicht unter¬
wegs durch das Schütteln in Butter verwandelt ist. Freilich gewöhnt man sich
an Alles.

Wir empfehlen das obige Buch allen Auswanderern, alle Auswanderer aber
ihren Schutzengeln, und erklären feierlich: wenn die Australier uns , die Grenz-
boten, nicht brauchen können, so mögen auch wir unsrerseits nicht in das beglückte
Australien ziehn; das Leben dort ist uns zu einförmig, zu ruhig und gar zu
friedlich.--




P e t e r 5 ,n Fra et.



Ein neues Stück, welches in Berlin einen gewissen Succeß erlangt hat, wird
anf den übrigen Bühnen noch immer mit Aufmerksamkeit entgegengenommen, ob¬
gleich man über den Geschmack des großen Berliner Publikums nachgerade in'S
Reine gekommen sein könnte. Wir haben "Peter im Frack" nun in Leipzig
gehabt, und müssen eingestehn, daß uns noch nie ein schaaleres und abgeschmack¬
teres Machwerk vorgekommen ist. Ein auf dem Lande erzogener junger Mensch,
der als Sohn eiues verstorbenen Generals in die Stadt gebracht wird, dort ein¬
steht, daß das Stadtleben nichts taugt, und daher auf's Land zurückkehrt, ein
alter General alto, seine Tochter <1ita, dabei ein fortwährendes sentimentales Ge¬
heul, Theater-Evenements von der Sorte, daß der verkappte General dem be¬
stimmten Schwiegersohn erklärt: ich bin ein vornehmer Mann, und nun wirft ex
den Bauernkittel ab und steht in Generals-Uniform mit obligaten Orden da u. tgi.
Den eigentlichen Werth sucht das Stück wohl nicht in dieser Fabel, nicht
den Charakteren , die aus den bekanntesten A.-B.-C.-Büchern theatra-


Hrenzboten. in. 184S, .....54

ins Land hinein, 3 bis 4 englische Meilen vom Hause entdecken Sie Ihre Heerde
am Rand des Horizontes, Ihr Pferd wiehert freudig. Aber die Heerde hat ihrer¬
seits auch Sie selbst entdeckt und reißt aus, Sie hinterher. Jetzt beginnt eine
tolle Jagd über Berg und Thal, durch Schluchten und Moor, was stürzt, bleibt
liegen; endlich kommen Sie näher, Sie erreichen die Heerde: furchtbarer Staub,
teuflisches Gebrüll, Hörnerwetzen; — Ihr Pferd ist wild geworden und stürzt
mitten uuter die wilde Heerde; Sie haben jetzt die Aufgabe, eine nette Kuh in
dem Chaos zu entdecken, dieselbe mit einer eigenthümlichen Peitsche, einer Art
Kasfo zu fangen, von der Heerde zu trennen, umzuwerfen, zu knebeln, zu melken
und diese Milch 3 bis 4 englische Meilen nach Hanse zu reiten. Wenn Sie nicht
erquetscht, zerstampft und todtgestochen werden, so ist es wohl möglich, daß Sie
am Abend mit einigen Tropfen Milch nach Hause kommen, wenn sie nicht unter¬
wegs durch das Schütteln in Butter verwandelt ist. Freilich gewöhnt man sich
an Alles.

Wir empfehlen das obige Buch allen Auswanderern, alle Auswanderer aber
ihren Schutzengeln, und erklären feierlich: wenn die Australier uns , die Grenz-
boten, nicht brauchen können, so mögen auch wir unsrerseits nicht in das beglückte
Australien ziehn; das Leben dort ist uns zu einförmig, zu ruhig und gar zu
friedlich.—




P e t e r 5 ,n Fra et.



Ein neues Stück, welches in Berlin einen gewissen Succeß erlangt hat, wird
anf den übrigen Bühnen noch immer mit Aufmerksamkeit entgegengenommen, ob¬
gleich man über den Geschmack des großen Berliner Publikums nachgerade in'S
Reine gekommen sein könnte. Wir haben „Peter im Frack" nun in Leipzig
gehabt, und müssen eingestehn, daß uns noch nie ein schaaleres und abgeschmack¬
teres Machwerk vorgekommen ist. Ein auf dem Lande erzogener junger Mensch,
der als Sohn eiues verstorbenen Generals in die Stadt gebracht wird, dort ein¬
steht, daß das Stadtleben nichts taugt, und daher auf's Land zurückkehrt, ein
alter General alto, seine Tochter <1ita, dabei ein fortwährendes sentimentales Ge¬
heul, Theater-Evenements von der Sorte, daß der verkappte General dem be¬
stimmten Schwiegersohn erklärt: ich bin ein vornehmer Mann, und nun wirft ex
den Bauernkittel ab und steht in Generals-Uniform mit obligaten Orden da u. tgi.
Den eigentlichen Werth sucht das Stück wohl nicht in dieser Fabel, nicht
den Charakteren , die aus den bekanntesten A.-B.-C.-Büchern theatra-


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[0425] ins Land hinein, 3 bis 4 englische Meilen vom Hause entdecken Sie Ihre Heerde am Rand des Horizontes, Ihr Pferd wiehert freudig. Aber die Heerde hat ihrer¬ seits auch Sie selbst entdeckt und reißt aus, Sie hinterher. Jetzt beginnt eine tolle Jagd über Berg und Thal, durch Schluchten und Moor, was stürzt, bleibt liegen; endlich kommen Sie näher, Sie erreichen die Heerde: furchtbarer Staub, teuflisches Gebrüll, Hörnerwetzen; — Ihr Pferd ist wild geworden und stürzt mitten uuter die wilde Heerde; Sie haben jetzt die Aufgabe, eine nette Kuh in dem Chaos zu entdecken, dieselbe mit einer eigenthümlichen Peitsche, einer Art Kasfo zu fangen, von der Heerde zu trennen, umzuwerfen, zu knebeln, zu melken und diese Milch 3 bis 4 englische Meilen nach Hanse zu reiten. Wenn Sie nicht erquetscht, zerstampft und todtgestochen werden, so ist es wohl möglich, daß Sie am Abend mit einigen Tropfen Milch nach Hause kommen, wenn sie nicht unter¬ wegs durch das Schütteln in Butter verwandelt ist. Freilich gewöhnt man sich an Alles. Wir empfehlen das obige Buch allen Auswanderern, alle Auswanderer aber ihren Schutzengeln, und erklären feierlich: wenn die Australier uns , die Grenz- boten, nicht brauchen können, so mögen auch wir unsrerseits nicht in das beglückte Australien ziehn; das Leben dort ist uns zu einförmig, zu ruhig und gar zu friedlich.— P e t e r 5 ,n Fra et. Ein neues Stück, welches in Berlin einen gewissen Succeß erlangt hat, wird anf den übrigen Bühnen noch immer mit Aufmerksamkeit entgegengenommen, ob¬ gleich man über den Geschmack des großen Berliner Publikums nachgerade in'S Reine gekommen sein könnte. Wir haben „Peter im Frack" nun in Leipzig gehabt, und müssen eingestehn, daß uns noch nie ein schaaleres und abgeschmack¬ teres Machwerk vorgekommen ist. Ein auf dem Lande erzogener junger Mensch, der als Sohn eiues verstorbenen Generals in die Stadt gebracht wird, dort ein¬ steht, daß das Stadtleben nichts taugt, und daher auf's Land zurückkehrt, ein alter General alto, seine Tochter <1ita, dabei ein fortwährendes sentimentales Ge¬ heul, Theater-Evenements von der Sorte, daß der verkappte General dem be¬ stimmten Schwiegersohn erklärt: ich bin ein vornehmer Mann, und nun wirft ex den Bauernkittel ab und steht in Generals-Uniform mit obligaten Orden da u. tgi. Den eigentlichen Werth sucht das Stück wohl nicht in dieser Fabel, nicht den Charakteren , die aus den bekanntesten A.-B.-C.-Büchern theatra- Hrenzboten. in. 184S, .....54

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/425>, abgerufen am 05.02.2025.