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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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Australien und die Auswanderer.



Australien und seine Kolonien, ein Handbuch für deutsche Auswanderer von
I. K. Haßkarl, mit Tabellen und Karte. Elberfeld und Iserlohn, 1849.
Julius Bädecker.

Nach den renommirten englischen Werken von Wilkinson und Westgarth prak¬
tisch und verständig zugerichtet. Wenn man die 25 Bogen dieses Büchleins durch-
gelesen hat, so ist mau in Australien -- das große Neuholland ist gemeint --
ganz zu Hanse; man hat das Land bereist, sich über den wunderlichen Baumschlag
gewundert, ist von einem Känguruh umarmt worden, hat beobachtet, wie das
famole Schnabelthier keine Eier legt, sondern etwas ganz anderes, höchst wahr¬
scheinlich kleine Schnabelthiere; hat mit Eingebornen Brüderschaft gemacht, hat
Laud gekauft, Städte wachsen sehen, hat in zwei Tagen ein Fanncrhaus gebant,
Rindvieh und Schafe in ungeheuren Quantitäten gezogen und ist durch dies Alles
ein sehr reicher Mann geworden. -- Alls auf 25 Bogen in kleinem bequemen
Format! Ein nützliches praktisches Buch; mau findet Belehrung darin über Alles,
was einem ehrlichen Ansiedler zu wisse" nöthig ist; über die Capital- und Boden^
Verhältnisse des Landes, über die Kosten der Reise und des Aufenthalts in den
einzelnen Kolonien, über Acker- und Gartenbau, Viehzucht, Handel und Ge¬
werbe; ein brauchbares, sehr verständiges Buch, welches Einem die Reise in das
ferne Land, wie sich's gebührt, sehr leicht und lockend darstellt, kurz ein Buch,
dem wir guten Erfolg und viele Freunde wünschen. -- Damit nichts fehle, sind
am Ende mehrere Briefe treuherziger Auswanderer angehängt, welche sämmtlich
ihre Freude über das herrliche Land aussprechen, und unter vielen andern Grün¬
den der Glückseligkeit auch den Mangel an groben Paßofficianten hervorheben. Es
sind Sachsen, welche diese Briefe geschrieben haben, denn sie citiren von Australien
aus das Pirnaische Wochenblatt.

Wir Grenzboten hätten sicher dem Drange nicht widerstehen können, sofort
ebenfalls nach Australien zu ziehn, aber für uns hat die Sache ihren Haken.
Denn grade gegen uns protestirt das Buch, Schreiber und Ltnbcnsitzer können
sie dort nicht brauchen, nur wer die Arme tüchtig rühren kann, ist ihnen a"g^
nehm. Wir gehören zu dem unnützen Luxus der neuen Welt, und in den Schlaf-
rock der Resignation gehüllt, müssen wir uns begnügen, von unserem Stuhle ans
das seltsame Land zu bewundern und seine Reize in der Phantasie durchzukosten-

Ja, es ist ein kurioser Welttheü und wenn uicht Alles in ihr gemüthlich ist,
so hat es wenigstens das Verdienst originell zu sein. Z. B. die eingebornen
Menschen. Gegen Europäer sind sie möglichst artig, aber der Umgang mit ihnen


Australien und die Auswanderer.



Australien und seine Kolonien, ein Handbuch für deutsche Auswanderer von
I. K. Haßkarl, mit Tabellen und Karte. Elberfeld und Iserlohn, 1849.
Julius Bädecker.

Nach den renommirten englischen Werken von Wilkinson und Westgarth prak¬
tisch und verständig zugerichtet. Wenn man die 25 Bogen dieses Büchleins durch-
gelesen hat, so ist mau in Australien — das große Neuholland ist gemeint —
ganz zu Hanse; man hat das Land bereist, sich über den wunderlichen Baumschlag
gewundert, ist von einem Känguruh umarmt worden, hat beobachtet, wie das
famole Schnabelthier keine Eier legt, sondern etwas ganz anderes, höchst wahr¬
scheinlich kleine Schnabelthiere; hat mit Eingebornen Brüderschaft gemacht, hat
Laud gekauft, Städte wachsen sehen, hat in zwei Tagen ein Fanncrhaus gebant,
Rindvieh und Schafe in ungeheuren Quantitäten gezogen und ist durch dies Alles
ein sehr reicher Mann geworden. — Alls auf 25 Bogen in kleinem bequemen
Format! Ein nützliches praktisches Buch; mau findet Belehrung darin über Alles,
was einem ehrlichen Ansiedler zu wisse» nöthig ist; über die Capital- und Boden^
Verhältnisse des Landes, über die Kosten der Reise und des Aufenthalts in den
einzelnen Kolonien, über Acker- und Gartenbau, Viehzucht, Handel und Ge¬
werbe; ein brauchbares, sehr verständiges Buch, welches Einem die Reise in das
ferne Land, wie sich's gebührt, sehr leicht und lockend darstellt, kurz ein Buch,
dem wir guten Erfolg und viele Freunde wünschen. — Damit nichts fehle, sind
am Ende mehrere Briefe treuherziger Auswanderer angehängt, welche sämmtlich
ihre Freude über das herrliche Land aussprechen, und unter vielen andern Grün¬
den der Glückseligkeit auch den Mangel an groben Paßofficianten hervorheben. Es
sind Sachsen, welche diese Briefe geschrieben haben, denn sie citiren von Australien
aus das Pirnaische Wochenblatt.

Wir Grenzboten hätten sicher dem Drange nicht widerstehen können, sofort
ebenfalls nach Australien zu ziehn, aber für uns hat die Sache ihren Haken.
Denn grade gegen uns protestirt das Buch, Schreiber und Ltnbcnsitzer können
sie dort nicht brauchen, nur wer die Arme tüchtig rühren kann, ist ihnen a»g^
nehm. Wir gehören zu dem unnützen Luxus der neuen Welt, und in den Schlaf-
rock der Resignation gehüllt, müssen wir uns begnügen, von unserem Stuhle ans
das seltsame Land zu bewundern und seine Reize in der Phantasie durchzukosten-

Ja, es ist ein kurioser Welttheü und wenn uicht Alles in ihr gemüthlich ist,
so hat es wenigstens das Verdienst originell zu sein. Z. B. die eingebornen
Menschen. Gegen Europäer sind sie möglichst artig, aber der Umgang mit ihnen


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[0422] Australien und die Auswanderer. Australien und seine Kolonien, ein Handbuch für deutsche Auswanderer von I. K. Haßkarl, mit Tabellen und Karte. Elberfeld und Iserlohn, 1849. Julius Bädecker. Nach den renommirten englischen Werken von Wilkinson und Westgarth prak¬ tisch und verständig zugerichtet. Wenn man die 25 Bogen dieses Büchleins durch- gelesen hat, so ist mau in Australien — das große Neuholland ist gemeint — ganz zu Hanse; man hat das Land bereist, sich über den wunderlichen Baumschlag gewundert, ist von einem Känguruh umarmt worden, hat beobachtet, wie das famole Schnabelthier keine Eier legt, sondern etwas ganz anderes, höchst wahr¬ scheinlich kleine Schnabelthiere; hat mit Eingebornen Brüderschaft gemacht, hat Laud gekauft, Städte wachsen sehen, hat in zwei Tagen ein Fanncrhaus gebant, Rindvieh und Schafe in ungeheuren Quantitäten gezogen und ist durch dies Alles ein sehr reicher Mann geworden. — Alls auf 25 Bogen in kleinem bequemen Format! Ein nützliches praktisches Buch; mau findet Belehrung darin über Alles, was einem ehrlichen Ansiedler zu wisse» nöthig ist; über die Capital- und Boden^ Verhältnisse des Landes, über die Kosten der Reise und des Aufenthalts in den einzelnen Kolonien, über Acker- und Gartenbau, Viehzucht, Handel und Ge¬ werbe; ein brauchbares, sehr verständiges Buch, welches Einem die Reise in das ferne Land, wie sich's gebührt, sehr leicht und lockend darstellt, kurz ein Buch, dem wir guten Erfolg und viele Freunde wünschen. — Damit nichts fehle, sind am Ende mehrere Briefe treuherziger Auswanderer angehängt, welche sämmtlich ihre Freude über das herrliche Land aussprechen, und unter vielen andern Grün¬ den der Glückseligkeit auch den Mangel an groben Paßofficianten hervorheben. Es sind Sachsen, welche diese Briefe geschrieben haben, denn sie citiren von Australien aus das Pirnaische Wochenblatt. Wir Grenzboten hätten sicher dem Drange nicht widerstehen können, sofort ebenfalls nach Australien zu ziehn, aber für uns hat die Sache ihren Haken. Denn grade gegen uns protestirt das Buch, Schreiber und Ltnbcnsitzer können sie dort nicht brauchen, nur wer die Arme tüchtig rühren kann, ist ihnen a»g^ nehm. Wir gehören zu dem unnützen Luxus der neuen Welt, und in den Schlaf- rock der Resignation gehüllt, müssen wir uns begnügen, von unserem Stuhle ans das seltsame Land zu bewundern und seine Reize in der Phantasie durchzukosten- Ja, es ist ein kurioser Welttheü und wenn uicht Alles in ihr gemüthlich ist, so hat es wenigstens das Verdienst originell zu sein. Z. B. die eingebornen Menschen. Gegen Europäer sind sie möglichst artig, aber der Umgang mit ihnen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/422>, abgerufen am 05.02.2025.