Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.schwelgend in seinen Pelz gehüllt. Und geräth er einmal mit sich und seinem Im Walde tritt der Kau-isz zuweilen als Dillctant in der Räuberknnst auf. Dieses -- ein Handbeil mit langem Stiel -- weiß er mit meisterhafter Ge- In Kleidung und Bewaffnung kömmt der Gnly-is (Ninderhirte), dem Kan-isz schwelgend in seinen Pelz gehüllt. Und geräth er einmal mit sich und seinem Im Walde tritt der Kau-isz zuweilen als Dillctant in der Räuberknnst auf. Dieses — ein Handbeil mit langem Stiel — weiß er mit meisterhafter Ge- In Kleidung und Bewaffnung kömmt der Gnly-is (Ninderhirte), dem Kan-isz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0040" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279066"/> <p xml:id="ID_100" prev="#ID_99"> schwelgend in seinen Pelz gehüllt. Und geräth er einmal mit sich und seinem<lb/> Schicksal in Streit, so schlachtet er mit seineu Kameraden ein fettes Schwein<lb/> ans der Heerde und thut sich gütlich. Dem Herrn aber bringt er die Haut zu¬<lb/> rück und sagt, das Thier sei auf der Reise gestorben.</p><lb/> <p xml:id="ID_101"> Im Walde tritt der Kau-isz zuweilen als Dillctant in der Räuberknnst auf.<lb/> Auf diese Weise sorgt er für Zerstreuung und wird er gefangen und vor der näch¬<lb/> sten Ortsbehörde überwiese», dann baumelt er gewöhnlich am Eingange desselben<lb/> Waldes, wo er gesündigt hat. Früher ließ man solche Missethäter als Warnungs-<lb/> zeichen am Galgen hängen, bis Wind und Zeit sie abschüttelten. Ich selbst sah<lb/> noch vor zehn Jahren in der Gegend von Könnönd vor dem Bakouyerwalde ein<lb/> solches dreiblättriges Warnungszeichen, aber in den letzten Jahren hat man selbst<lb/> in dieser sonst am meisten verrufenen Gegend nichts von Wegelagern gehört. Ein<lb/> Feuergewehr, dessen Lauf aus dein Wagen schaut, flößt solchen Burschen gewöhn¬<lb/> lich Respekt geung ein, um sie in ehrerbietiger Entfernung zu halten, denn der<lb/> Schweinehirt hat keine andere Waffe als seinen Fokas (for. Frisch.)</p><lb/> <p xml:id="ID_102"> Dieses — ein Handbeil mit langem Stiel — weiß er mit meisterhafter Ge-<lb/> schicklichkeit zu werfen. Will der Eigenthümer ein Schwein aus der Heerde zum<lb/> eigenen Gebrauch oder zum Verkaufe heraushaben, so würde eS dem Hirten, bei<lb/> dem verwilderten Zustande der Heerde, nicht ohne Lebensgefahr möglich werden,<lb/> dasselbe aus dem ganzen großen Nudel auszuscheiden. Dazu dient ihm sein Fo¬<lb/> kas. Den schleudert er mit solcher Kraft und Sicherheit, daß das scharfe Eisen<lb/> dem bezeichneten Thiere genau in die Mitte der Schädelknochen eindringt. Das<lb/> Opfer sinkt lautlos zusammen und die Heerde zieht ruhig weiter. Daß er auf<lb/> 8o_.i.Schritte einen Meuscheu eben so sicher niederstreckt, das beweisen eben<lb/> die dreibeinigen Monumente seiner Kunstfertigkeit am Eingänge des Waldes.<lb/> In neuester Zeit werdeu auch die Wundärzte der östreichischen Armee gerne er¬<lb/> bötig sein, den Kamiszen Attestate ihrer Geschicklichkeit auszufertigen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_103" next="#ID_104"> In Kleidung und Bewaffnung kömmt der Gnly-is (Ninderhirte), dem Kan-isz<lb/> ziemlich nahe. Auch er trägt die furchtbare Hacke, mit der er den stärksten Och¬<lb/> sen niederschmettert, auch sein Costüm besteht lediglich aus einem kurzen Leinen-<lb/> Hemde und einem überschwenglich weiten Beinkleide aus demselben Stoffe (Gattje).<lb/> Darüber hängt Sommer und Winter der lange weiße Schafspelz. In der Kälte<lb/> trägt er die Wolle dem Leibe zugekehrt, im Sommer dreht er ihn nach außen<lb/> und ist dadurch, besser als mau glauben möchte, gegen die Gluth der Sonnenstrahlen<lb/> geschützt. Seinen Kopf ziert ein breitkrämpiger runder Hut, dessen Ränder der<lb/> Regen zu einer doppelten Dachrinne umgemodelt hat. Sieht mau einen solchen<lb/> Rinderhirten im stürmischen Regenwetter mitten aus der unabsehbaren Fläche auf<lb/> einem Steine, fest in den weißen Pelz gehüllt, wie ihm das Wasser vorn und<lb/> hinten als Giesbach vom Hute herabstürzt, stundenlang unbeweglich dasitzen, so</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
schwelgend in seinen Pelz gehüllt. Und geräth er einmal mit sich und seinem
Schicksal in Streit, so schlachtet er mit seineu Kameraden ein fettes Schwein
ans der Heerde und thut sich gütlich. Dem Herrn aber bringt er die Haut zu¬
rück und sagt, das Thier sei auf der Reise gestorben.
Im Walde tritt der Kau-isz zuweilen als Dillctant in der Räuberknnst auf.
Auf diese Weise sorgt er für Zerstreuung und wird er gefangen und vor der näch¬
sten Ortsbehörde überwiese», dann baumelt er gewöhnlich am Eingange desselben
Waldes, wo er gesündigt hat. Früher ließ man solche Missethäter als Warnungs-
zeichen am Galgen hängen, bis Wind und Zeit sie abschüttelten. Ich selbst sah
noch vor zehn Jahren in der Gegend von Könnönd vor dem Bakouyerwalde ein
solches dreiblättriges Warnungszeichen, aber in den letzten Jahren hat man selbst
in dieser sonst am meisten verrufenen Gegend nichts von Wegelagern gehört. Ein
Feuergewehr, dessen Lauf aus dein Wagen schaut, flößt solchen Burschen gewöhn¬
lich Respekt geung ein, um sie in ehrerbietiger Entfernung zu halten, denn der
Schweinehirt hat keine andere Waffe als seinen Fokas (for. Frisch.)
Dieses — ein Handbeil mit langem Stiel — weiß er mit meisterhafter Ge-
schicklichkeit zu werfen. Will der Eigenthümer ein Schwein aus der Heerde zum
eigenen Gebrauch oder zum Verkaufe heraushaben, so würde eS dem Hirten, bei
dem verwilderten Zustande der Heerde, nicht ohne Lebensgefahr möglich werden,
dasselbe aus dem ganzen großen Nudel auszuscheiden. Dazu dient ihm sein Fo¬
kas. Den schleudert er mit solcher Kraft und Sicherheit, daß das scharfe Eisen
dem bezeichneten Thiere genau in die Mitte der Schädelknochen eindringt. Das
Opfer sinkt lautlos zusammen und die Heerde zieht ruhig weiter. Daß er auf
8o_.i.Schritte einen Meuscheu eben so sicher niederstreckt, das beweisen eben
die dreibeinigen Monumente seiner Kunstfertigkeit am Eingänge des Waldes.
In neuester Zeit werdeu auch die Wundärzte der östreichischen Armee gerne er¬
bötig sein, den Kamiszen Attestate ihrer Geschicklichkeit auszufertigen. —
In Kleidung und Bewaffnung kömmt der Gnly-is (Ninderhirte), dem Kan-isz
ziemlich nahe. Auch er trägt die furchtbare Hacke, mit der er den stärksten Och¬
sen niederschmettert, auch sein Costüm besteht lediglich aus einem kurzen Leinen-
Hemde und einem überschwenglich weiten Beinkleide aus demselben Stoffe (Gattje).
Darüber hängt Sommer und Winter der lange weiße Schafspelz. In der Kälte
trägt er die Wolle dem Leibe zugekehrt, im Sommer dreht er ihn nach außen
und ist dadurch, besser als mau glauben möchte, gegen die Gluth der Sonnenstrahlen
geschützt. Seinen Kopf ziert ein breitkrämpiger runder Hut, dessen Ränder der
Regen zu einer doppelten Dachrinne umgemodelt hat. Sieht mau einen solchen
Rinderhirten im stürmischen Regenwetter mitten aus der unabsehbaren Fläche auf
einem Steine, fest in den weißen Pelz gehüllt, wie ihm das Wasser vorn und
hinten als Giesbach vom Hute herabstürzt, stundenlang unbeweglich dasitzen, so
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