Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.ders und Freundes. Nur das Wimmern und Röcheln der Sterbenden unterbricht Unterdeß war's im Dorfe lebendig geworden, die letzten Schüsse hatten Alles 50 *
ders und Freundes. Nur das Wimmern und Röcheln der Sterbenden unterbricht Unterdeß war's im Dorfe lebendig geworden, die letzten Schüsse hatten Alles 50 *
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0395" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279421"/> <p xml:id="ID_1325" prev="#ID_1324"> ders und Freundes. Nur das Wimmern und Röcheln der Sterbenden unterbricht<lb/> durch einige Secunden die Stille tu dem Zimmer deö Todes. — Da knallten<lb/> draußen zwei Schüsse, ein dritter kurz darauf. Einige Mobilgarden waren im<lb/> Anfang des Kampfes dnrch das Hintcrfenster der Stube entsprungen, sie schlugen<lb/> sich draußen mit unsern Leuten und riefen das Dorf wach. Zugleich sprang ein<lb/> Serbe mit brennender Fackel in das Zimmer. Ihr rothes Licht siel grell auf die<lb/> Stätte der Verwüstung und beleuchtete eine Gruppe von Figuren, welche mit zu-,<lb/> sammengezogencn Brauen, die Hand um den Handzar gepreßt, dastanden, wie<lb/> durch einen Zauber in Stein verwandelt. Unter der Lampe aber stand noch der<lb/> Bnljubassa und rief jetzt mit tiefer Stimme: es ist genug, ergeht Euch! — Selbst<lb/> in diese rauhen Krieger war Verwunderung über das Geschehene und eine ge-,<lb/> wisse Versöhnlichkeit gekommen. Daß sie in der Finsterniß durcheinander gestanden<lb/> hatten, Freund und Feind, Jeder von ihnen hilflos in der Macht des Andern,<lb/> das hatte für den Augenblick ein menschliches Band zwischen den Parteien geknüpft.<lb/> Die Magyaren dachten nicht mehr an Widerstand, die sert'en zögerten mit dein<lb/> Angriff, die Mobilgarden streckten die Waffen und erhielten Quartier. Spät genug,<lb/> es waren nur noch sechs übrig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1326" next="#ID_1327"> Unterdeß war's im Dorfe lebendig geworden, die letzten Schüsse hatten Alles<lb/> aufgestört, und die Serben drangen von der Wache aus im Dorfe vor. Es folg¬<lb/> ten die Scenen, welcher jeder Ueberfall bringt. Die überraschten Feinde liefen hin und<lb/> her, mit Waffen, ohne Waffen, halb bekleidet, ohne Willen, ohne Entschluß. Die<lb/> Meisten flohen zum Dorf hinaus, vou dem kleinen Häuser der Serben nicht ver¬<lb/> folgt, zwischen den Fliehenden und Verfolgern rannten die Einwohner des Dorfes<lb/> umher, mit gesträubtem Haare und glotzenden Augen, welche vor Furcht tcllcrgroß<lb/> geworden waren, sie schrien ihr: .Ilü istenem und taumelten unter die verfolgen¬<lb/> den Serben. Einige Züge Garden sammelten sich endlich in der Mitte des Dorfes<lb/> und versuchten sich zu stellen, aber sie waren zu gut überrascht um einen starken<lb/> Widerstand leisten zu können. Das scharfe Feuer und ein Sturmangriff der Unsern<lb/> trieb einen Haufen uach dem andern zum Dorf hinaus. Zwei Stunden nach Mit¬<lb/> ternacht war Ernesthaz vom Feinde geleert. Und im Mvrgcngrau sammelten die<lb/> Serben die Federn der gescheuchten Vögel zusammen, eine Fahne, Waffen, Mon-<lb/> turen und 32 todte Magyaren, die größtentheils unter dem Messer und Jatagan<lb/> der Haidnckcn gefallen waren. Beim ersten Sonnenstrahl ging unser Freund durch<lb/> das Dorf, und sah mit Verdruß ans die Spuren des siegreichen Kampfes. Er<lb/> war in der unangenehmen Stimmung, welche mit der Abspannung zu kommen<lb/> Pflegt. Diese Abspannung ist bekanntlich am peinlichsten nach dem Rausch, den<lb/> das Blutvergießen des Kampfes über den thätigen Theilnehmer bringt. Es wurde<lb/> stiller im Dorf, überall suchten sich die müden Serben im Lager auszuruhn, nur an der<lb/> Wache stand noch der ehrenwerthe Herr Stephan Jzabaran und schritt mit dem Gewehr<lb/> des getödteten Mvbilgardisten bewaffnet, an dem kopflosen Rumpfe gemüthlich auf und</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 50 *</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0395]
ders und Freundes. Nur das Wimmern und Röcheln der Sterbenden unterbricht
durch einige Secunden die Stille tu dem Zimmer deö Todes. — Da knallten
draußen zwei Schüsse, ein dritter kurz darauf. Einige Mobilgarden waren im
Anfang des Kampfes dnrch das Hintcrfenster der Stube entsprungen, sie schlugen
sich draußen mit unsern Leuten und riefen das Dorf wach. Zugleich sprang ein
Serbe mit brennender Fackel in das Zimmer. Ihr rothes Licht siel grell auf die
Stätte der Verwüstung und beleuchtete eine Gruppe von Figuren, welche mit zu-,
sammengezogencn Brauen, die Hand um den Handzar gepreßt, dastanden, wie
durch einen Zauber in Stein verwandelt. Unter der Lampe aber stand noch der
Bnljubassa und rief jetzt mit tiefer Stimme: es ist genug, ergeht Euch! — Selbst
in diese rauhen Krieger war Verwunderung über das Geschehene und eine ge-,
wisse Versöhnlichkeit gekommen. Daß sie in der Finsterniß durcheinander gestanden
hatten, Freund und Feind, Jeder von ihnen hilflos in der Macht des Andern,
das hatte für den Augenblick ein menschliches Band zwischen den Parteien geknüpft.
Die Magyaren dachten nicht mehr an Widerstand, die sert'en zögerten mit dein
Angriff, die Mobilgarden streckten die Waffen und erhielten Quartier. Spät genug,
es waren nur noch sechs übrig.
Unterdeß war's im Dorfe lebendig geworden, die letzten Schüsse hatten Alles
aufgestört, und die Serben drangen von der Wache aus im Dorfe vor. Es folg¬
ten die Scenen, welcher jeder Ueberfall bringt. Die überraschten Feinde liefen hin und
her, mit Waffen, ohne Waffen, halb bekleidet, ohne Willen, ohne Entschluß. Die
Meisten flohen zum Dorf hinaus, vou dem kleinen Häuser der Serben nicht ver¬
folgt, zwischen den Fliehenden und Verfolgern rannten die Einwohner des Dorfes
umher, mit gesträubtem Haare und glotzenden Augen, welche vor Furcht tcllcrgroß
geworden waren, sie schrien ihr: .Ilü istenem und taumelten unter die verfolgen¬
den Serben. Einige Züge Garden sammelten sich endlich in der Mitte des Dorfes
und versuchten sich zu stellen, aber sie waren zu gut überrascht um einen starken
Widerstand leisten zu können. Das scharfe Feuer und ein Sturmangriff der Unsern
trieb einen Haufen uach dem andern zum Dorf hinaus. Zwei Stunden nach Mit¬
ternacht war Ernesthaz vom Feinde geleert. Und im Mvrgcngrau sammelten die
Serben die Federn der gescheuchten Vögel zusammen, eine Fahne, Waffen, Mon-
turen und 32 todte Magyaren, die größtentheils unter dem Messer und Jatagan
der Haidnckcn gefallen waren. Beim ersten Sonnenstrahl ging unser Freund durch
das Dorf, und sah mit Verdruß ans die Spuren des siegreichen Kampfes. Er
war in der unangenehmen Stimmung, welche mit der Abspannung zu kommen
Pflegt. Diese Abspannung ist bekanntlich am peinlichsten nach dem Rausch, den
das Blutvergießen des Kampfes über den thätigen Theilnehmer bringt. Es wurde
stiller im Dorf, überall suchten sich die müden Serben im Lager auszuruhn, nur an der
Wache stand noch der ehrenwerthe Herr Stephan Jzabaran und schritt mit dem Gewehr
des getödteten Mvbilgardisten bewaffnet, an dem kopflosen Rumpfe gemüthlich auf und
50 *
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |