Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band."Vielleicht die Csikase?" "Von diesen hab' ich gehört. Sollen gute Reiter sein." "Reiter? -- Teufel sind alle, mal aller comte. Ihr Kaiser macht mei¬ Wir aber wollen die Schilderung des Fürsten Schwarzenberg hier nicht wie¬ Der Csittts ist ein Mensch, dem bei der Geburt zufällig ein Fohlen zwischen Der junge Esiküs fühlt sich in seiner Wiege bald heimisch. Ob er Ammen- oder Der Csik.'>s hat das schwierige Amt, auf die Heerden ein wachsames Auge 4"
„Vielleicht die Csikase?" „Von diesen hab' ich gehört. Sollen gute Reiter sein." „Reiter? — Teufel sind alle, mal aller comte. Ihr Kaiser macht mei¬ Wir aber wollen die Schilderung des Fürsten Schwarzenberg hier nicht wie¬ Der Csittts ist ein Mensch, dem bei der Geburt zufällig ein Fohlen zwischen Der junge Esiküs fühlt sich in seiner Wiege bald heimisch. Ob er Ammen- oder Der Csik.'>s hat das schwierige Amt, auf die Heerden ein wachsames Auge 4"
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„Vielleicht die Csikase?"
„Von diesen hab' ich gehört. Sollen gute Reiter sein."
„Reiter? — Teufel sind alle, mal aller comte. Ihr Kaiser macht mei¬
nen jungen Herrn eben auf den schönen Nacken unsers v!« -V vis aufmerksam.
Indessen kann ich Ihnen dieses Volk in Eile schildern. —
Wir aber wollen die Schilderung des Fürsten Schwarzenberg hier nicht wie¬
dergeben. Die war, aus diplomatischen Gründen, so abenteuerlich und über¬
trieben, als dMirte er sie einem nltrademokratischen Redacteur für sein Feuilleton
in die Feder. Der Csitvs soll hier aus historischen Rücksichten einfach so ge¬
schildert werden, wie er ist.
Der Csittts ist ein Mensch, dem bei der Geburt zufällig ein Fohlen zwischen
die Beine gerathen ist. Auf dem Rücken dieses Fodiens bleibt der Knabe instinkt¬
mäßig sitzen, und wird auf demselben groß, wie andere Menschenkinder in der
Wiege. O sehen Sie mich doch uicht so ungläubig an! - Dem Sohne Na¬
poleons siel bei seiner Geburt die Königskrone von Rom auf den Kopf, und doch
ist er groß und schlank geworden. Möchten Sie als zärtlicher Vater Ihrem Kinde
bei der Geburt nicht viel lieber ein Pferd zwischen die Beine, als eine Krone auf
deu Kopf drücken? —
Der junge Esiküs fühlt sich in seiner Wiege bald heimisch. Ob er Ammen- oder
Pferdemilch genießt, darüber sind die Naturforscher» noch uicht einig. So weit meine
Untersuchungen ans diesem Gebiete reichen, nährt er sich gleich nach der Geburt von
Speck und Brot. Aus dem kleinen Jungen wird allmälig ein großer Noßhirt.
Er tritt, um sich seinen Lebensunterhalt zu gewinnen, in die Dienste eines Edel¬
manns oder der Regierung, welche in Ungarn ausgedehnte wilde Pferdegestüte
besitzt. Diese nehmen einen Raum von vielen Q-uadrat-ucilen ein, größtentheils
ebene Flächen mit Wald, Sumpf, Haide- und Moorgrund. Daselbst streifen
große Heerden frei herum, vermehren sich und freuen sich ihres Daseins. Nichts¬
destoweniger ist es ein weit verbreiteter Irrthum, daß diese Pferde wie Rudel
Wölfe im Gebirge sich selbst und der Natur ohne weitere Aufsicht überlassen sind.
Gänzlich wilde Pferde findet man, was Europa anbetrifft, heut zu Tage blos
in Beßarabien. Das sogenannte wilde Gestüt in Ungarn dagegen gleicht zumeist
unsern Thiergärten, in denen das Wild gehegt und überwacht wird. Den Rehen
und Hirschen läßt man gerne die Illusion, als befanden sie sich im Genusse der
uugemcssensten Freiheit, und der Jäger gibt sich, wenn er auf den Anstand geht,
gerne derselben Täuschung hiu. Oder wollen Sie einen politischen Vergleich?
Dann denken Sie sich einen gut eingerichteten freien Staat, gleichviel ob Republik
oder Monarchie. —
Der Csik.'>s hat das schwierige Amt, auf die Heerden ein wachsames Auge
zu haben. Er kennt ihre Stärke, ihre Standorte, er kennt das Alter eines jeden
Fodiens und weiß, wenn es zur Zähmung tauglich und ans der Heerde heraus-
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