Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Frieden erwarten, bessere Bedingungen aber als der Waffenstillstand gewährt, 28*
Frieden erwarten, bessere Bedingungen aber als der Waffenstillstand gewährt, 28*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279249"/> <p xml:id="ID_715" prev="#ID_714"> Frieden erwarten, bessere Bedingungen aber als der Waffenstillstand gewährt,<lb/> konnte Preußen durchsetzen, wenn es nicht grade jetzt die Herzogthümer aufgab.<lb/> Wenn die Krone Preußens zum zweiten Male deu Krieg aufnahm und selbststän-<lb/> dig, in Opposition gegen die Centralgewalt, als Schützer der Herzogthümer auf¬<lb/> trat, so durste sie, um ihrer Ehre willen, den Bertrag nicht vor den Win¬<lb/> ter schließen, denn im Winter war die einzige Möglichkeit gegeben, den .Krieg<lb/> gegen das Inselreich mit einem Landheer erfolgreich zu führe»; das wußten die<lb/> Dänen, das wissen die Herzogtümer. Es ist sogar zweifelhaft, ob Dänemark<lb/> den Krieg über den Winter ausgehalten hätte, jedenfalls wäre ihm das Eis ein<lb/> furchtbarer Feind geworden. Wohl beliefen sich die Verluste, welche der Deutsche,<lb/> zumal der preußische Handel erlitten, auf viele Millionen, wenn es nicht gelang,<lb/> vor dem Winter die deutschen Häfen zu öffnen, aber Preußen hatte seine Ehre<lb/> eingesetzt und über alle Klagen der Producenten und Consumenten mußte ihm<lb/> diese gehn. Wohl hätte Rußland sein Veto darein gerufen, aber der stille Kampf<lb/> gegen Nußland hat für Preußen bereits begonnen, und wenn die Ungarn besiegt<lb/> sind, werden die Kanonen des Czars ihren Willen gegen Preußen doch geltend<lb/> machen. Möge man sich nicht täuschen, nicht in Berlin am Hofe und nicht in<lb/> den conservativen Kreisen des alten Preußens. Die Stunde hat geschlagen, wo<lb/> die Wege Preußens und Rußlands sich für immer von einander trennen, und<lb/> Preußen ist trotz allem Schwanken und Zurückgehen seines Herrschers, trotz aller<lb/> loyalen Gefühle seiner Minister jetzt in die Lage gekommen, daß es sich mit<lb/> Deutschland und den Massen gegen Rußland vereinigen muß, wenn es nicht zu¬<lb/> gleich mit den übrigen deutschen Staaten in tnmrigcr Schwäche verkümmern will,<lb/> es hat bereits seiue letzte Karte ausgespielt und sein Alles an das Principal über<lb/> die deutschen Staaten gesetzt, weder Nußland kann ihm das verzeih», noch Oest¬<lb/> reich, wenn es am Leben bleibt. Für seine Vereinigung mit deu kleinen Staaten<lb/> aber hat Preußen keine stärkere Waffe, als die seines Kriegsruhms. Ob kleinere<lb/> deutsche Regierungen die Idee Preußens hassen, kann ihm gleichgiltig sein, wenn<lb/> es sich das erhält, wodurch es groß geworden ist, seine Soldatenehre. Bei der<lb/> Schwäche und Hilflosigkeit, welche in allen Nachbarstaaten immer mehr überhand<lb/> nimmt, bei der traurigen Verwirrung, welche durch die verschiedenen dynastischen<lb/> Interessen über unser Vaterland gekommen ist, gab es nur einen festen Anhalt<lb/> für den Patrioten, die ehrenhafte Starke eines Kriegcrstaates. Konnte Preußen<lb/> sich diese bewahren, so mußte es über alle Intrigue» seiner Gegner siegen. Und<lb/> auch diesen Ruhm hat die preußische Regierung durch Abschluß des Waffenstill¬<lb/> stands verloren; sie hat die Meinung der Völker da gegen sich empört, wo der<lb/> Staat Friedrich des Großen am wenigsten eine Einbuße an guter Meinung ver¬<lb/> tragen kann. Sie hat einen großen Krieg schwach geführt und mit schmählicher<lb/> Schwäche beendigt. Sie hat sich dadurch ihr Vereinignugswcrk von Neuem er¬<lb/> schwert und was sie in Baden gewann, in Schleswig doppelt zugesetzt. —</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 28*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
Frieden erwarten, bessere Bedingungen aber als der Waffenstillstand gewährt,
konnte Preußen durchsetzen, wenn es nicht grade jetzt die Herzogthümer aufgab.
Wenn die Krone Preußens zum zweiten Male deu Krieg aufnahm und selbststän-
dig, in Opposition gegen die Centralgewalt, als Schützer der Herzogthümer auf¬
trat, so durste sie, um ihrer Ehre willen, den Bertrag nicht vor den Win¬
ter schließen, denn im Winter war die einzige Möglichkeit gegeben, den .Krieg
gegen das Inselreich mit einem Landheer erfolgreich zu führe»; das wußten die
Dänen, das wissen die Herzogtümer. Es ist sogar zweifelhaft, ob Dänemark
den Krieg über den Winter ausgehalten hätte, jedenfalls wäre ihm das Eis ein
furchtbarer Feind geworden. Wohl beliefen sich die Verluste, welche der Deutsche,
zumal der preußische Handel erlitten, auf viele Millionen, wenn es nicht gelang,
vor dem Winter die deutschen Häfen zu öffnen, aber Preußen hatte seine Ehre
eingesetzt und über alle Klagen der Producenten und Consumenten mußte ihm
diese gehn. Wohl hätte Rußland sein Veto darein gerufen, aber der stille Kampf
gegen Nußland hat für Preußen bereits begonnen, und wenn die Ungarn besiegt
sind, werden die Kanonen des Czars ihren Willen gegen Preußen doch geltend
machen. Möge man sich nicht täuschen, nicht in Berlin am Hofe und nicht in
den conservativen Kreisen des alten Preußens. Die Stunde hat geschlagen, wo
die Wege Preußens und Rußlands sich für immer von einander trennen, und
Preußen ist trotz allem Schwanken und Zurückgehen seines Herrschers, trotz aller
loyalen Gefühle seiner Minister jetzt in die Lage gekommen, daß es sich mit
Deutschland und den Massen gegen Rußland vereinigen muß, wenn es nicht zu¬
gleich mit den übrigen deutschen Staaten in tnmrigcr Schwäche verkümmern will,
es hat bereits seiue letzte Karte ausgespielt und sein Alles an das Principal über
die deutschen Staaten gesetzt, weder Nußland kann ihm das verzeih», noch Oest¬
reich, wenn es am Leben bleibt. Für seine Vereinigung mit deu kleinen Staaten
aber hat Preußen keine stärkere Waffe, als die seines Kriegsruhms. Ob kleinere
deutsche Regierungen die Idee Preußens hassen, kann ihm gleichgiltig sein, wenn
es sich das erhält, wodurch es groß geworden ist, seine Soldatenehre. Bei der
Schwäche und Hilflosigkeit, welche in allen Nachbarstaaten immer mehr überhand
nimmt, bei der traurigen Verwirrung, welche durch die verschiedenen dynastischen
Interessen über unser Vaterland gekommen ist, gab es nur einen festen Anhalt
für den Patrioten, die ehrenhafte Starke eines Kriegcrstaates. Konnte Preußen
sich diese bewahren, so mußte es über alle Intrigue» seiner Gegner siegen. Und
auch diesen Ruhm hat die preußische Regierung durch Abschluß des Waffenstill¬
stands verloren; sie hat die Meinung der Völker da gegen sich empört, wo der
Staat Friedrich des Großen am wenigsten eine Einbuße an guter Meinung ver¬
tragen kann. Sie hat einen großen Krieg schwach geführt und mit schmählicher
Schwäche beendigt. Sie hat sich dadurch ihr Vereinignugswcrk von Neuem er¬
schwert und was sie in Baden gewann, in Schleswig doppelt zugesetzt. —
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