Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Ein reiches Denkmal, ein schönes Kunstwerk und doch ^- für Böhmen kam Aus der Literatur des Belagernngsznstandes in Wien. Jede Periode in der Weltgeschichte hat ihre großen Männer und ihre Lite¬ Herr Wenzeölaw Georg Duncker ist ein Patriot im vollen Sinne des Wortes. Herr Duncker hat ein Buch während des BclagernngSzustandes erscheinen Ein reiches Denkmal, ein schönes Kunstwerk und doch ^- für Böhmen kam Aus der Literatur des Belagernngsznstandes in Wien. Jede Periode in der Weltgeschichte hat ihre großen Männer und ihre Lite¬ Herr Wenzeölaw Georg Duncker ist ein Patriot im vollen Sinne des Wortes. Herr Duncker hat ein Buch während des BclagernngSzustandes erscheinen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0165" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279191"/> <p xml:id="ID_516"> Ein reiches Denkmal, ein schönes Kunstwerk und doch ^- für Böhmen kam<lb/> es zu spät. Die Leute freuen sich nicht mehr über das gütige Lächeln des alten<lb/><note type="byline"> I. B-</note> Kaisers. - . </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aus der Literatur des Belagernngsznstandes in Wien.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_517"> Jede Periode in der Weltgeschichte hat ihre großen Männer und ihre Lite¬<lb/> ratur aufzuweisen. Der Belagerungszustand, der über vier Fünstheile der östrei¬<lb/> chischen Monarchie im Jahre 184» v. Chr. Geb. verhängt ist, wird unbestreitbar<lb/> Epoche in der Weltgeschichte machen. Diese wird die Thaten jener Männer zu<lb/> würdigen wissen, welches dem Kriegs- und Staudrechte Kraft und Weihe zu ver¬<lb/> leihen wußten. Die Literaturgeschichte wird nicht minder Stoss finden, sich zu<lb/> bereichern. —</p><lb/> <p xml:id="ID_518"> Herr Wenzeölaw Georg Duncker ist ein Patriot im vollen Sinne des Wortes.<lb/> Sein Patriotismus, sein schöner Sinn für Ordnung, Gesetz und Polizei schweift<lb/> phantastisch über Grenzmarken und Nationalitäten hinaus. Er genießt seit lange<lb/> in Wien den Ruf, eben so heiß für Rußland wie für Oestreich zu fühlen. Herr<lb/> Wenzeölaw Georg Duncker wußte sich in diesem Zeiralter unglückseligen Schwan¬<lb/> kens gewisse Grundsätze zu bewahre», als da siud: der Zweck heiligt die Mittel,<lb/> oder: Wer der Polizei dient, dient dem Staate, oder: Der Unschuldige muß<lb/> mit dem Schuldigen leiden, oder: Einen Bruder der Polizei angeben, heißt für<lb/> das Institut der Familie und der Gesellschaft kämpfen. — Sie werden<lb/> mich verstanden haben und Herrn Duncker mit mir bewundern, wenn ich Ihnen<lb/> sage, daß er vermöge dieser Grundsätze für das Wohl russischer Familien eben<lb/> so besorgt war, wie sür das Fortbestehen der östreichischen Gesellschaft. Sein<lb/> Eifer wurde höhern Orts anerkannt. Er erhielt seit einer Reihe von Jahren<lb/> eine Masse goldener und silberner Medaillen aber — ohne Oehr und Band. Der¬<lb/> gleichen anzunehmen, verbietet seine Bescheidenheit. Im Stillen wirkt sich's anch<lb/> am Besten.</p><lb/> <p xml:id="ID_519"> Herr Duncker hat ein Buch während des BclagernngSzustandes erscheinen<lb/> lassen, betitelt: Denkschrift der Oktoberrevolution in Wien. Es ist<lb/> sein Verlagseigenthum und zählt 900 Octavseiten. Das Merkwürdigste an diesen:<lb/> Buche ist Herr Duncker selbst. Er hat sich auf jeder dritten Seite eine Dosis<lb/> Unsterblichkeit dekretirt. Herr Duncker, dessen Namen in andern Schilderungen<lb/> der Wiener Katastrophe nirgends genannt wird, spielt in seiner eigenen Beschrei¬<lb/> bung eine der Hauptrollen. Er ist überall gegenwärtig, er ist überall betheiligt,<lb/> er weiß sür alles Rath und Mittel, seine Wirksamkeit ist stciunenswerlh — als<lb/> Gutgesinnter natürlich.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0165]
Ein reiches Denkmal, ein schönes Kunstwerk und doch ^- für Böhmen kam
es zu spät. Die Leute freuen sich nicht mehr über das gütige Lächeln des alten
I. B- Kaisers. - .
Aus der Literatur des Belagernngsznstandes in Wien.
Jede Periode in der Weltgeschichte hat ihre großen Männer und ihre Lite¬
ratur aufzuweisen. Der Belagerungszustand, der über vier Fünstheile der östrei¬
chischen Monarchie im Jahre 184» v. Chr. Geb. verhängt ist, wird unbestreitbar
Epoche in der Weltgeschichte machen. Diese wird die Thaten jener Männer zu
würdigen wissen, welches dem Kriegs- und Staudrechte Kraft und Weihe zu ver¬
leihen wußten. Die Literaturgeschichte wird nicht minder Stoss finden, sich zu
bereichern. —
Herr Wenzeölaw Georg Duncker ist ein Patriot im vollen Sinne des Wortes.
Sein Patriotismus, sein schöner Sinn für Ordnung, Gesetz und Polizei schweift
phantastisch über Grenzmarken und Nationalitäten hinaus. Er genießt seit lange
in Wien den Ruf, eben so heiß für Rußland wie für Oestreich zu fühlen. Herr
Wenzeölaw Georg Duncker wußte sich in diesem Zeiralter unglückseligen Schwan¬
kens gewisse Grundsätze zu bewahre», als da siud: der Zweck heiligt die Mittel,
oder: Wer der Polizei dient, dient dem Staate, oder: Der Unschuldige muß
mit dem Schuldigen leiden, oder: Einen Bruder der Polizei angeben, heißt für
das Institut der Familie und der Gesellschaft kämpfen. — Sie werden
mich verstanden haben und Herrn Duncker mit mir bewundern, wenn ich Ihnen
sage, daß er vermöge dieser Grundsätze für das Wohl russischer Familien eben
so besorgt war, wie sür das Fortbestehen der östreichischen Gesellschaft. Sein
Eifer wurde höhern Orts anerkannt. Er erhielt seit einer Reihe von Jahren
eine Masse goldener und silberner Medaillen aber — ohne Oehr und Band. Der¬
gleichen anzunehmen, verbietet seine Bescheidenheit. Im Stillen wirkt sich's anch
am Besten.
Herr Duncker hat ein Buch während des BclagernngSzustandes erscheinen
lassen, betitelt: Denkschrift der Oktoberrevolution in Wien. Es ist
sein Verlagseigenthum und zählt 900 Octavseiten. Das Merkwürdigste an diesen:
Buche ist Herr Duncker selbst. Er hat sich auf jeder dritten Seite eine Dosis
Unsterblichkeit dekretirt. Herr Duncker, dessen Namen in andern Schilderungen
der Wiener Katastrophe nirgends genannt wird, spielt in seiner eigenen Beschrei¬
bung eine der Hauptrollen. Er ist überall gegenwärtig, er ist überall betheiligt,
er weiß sür alles Rath und Mittel, seine Wirksamkeit ist stciunenswerlh — als
Gutgesinnter natürlich.
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