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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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Die Serezaner.



In sonst gut unterrichteten Kreisen fand ich nur zu häufig die irrige Meinung
verbreitet, die Serezaner, welche sich unter Ban Jellachis Fahnen seit dem Sturm
auf Wien und in den ungarischen Wirren einen Namen gemacht, seien ein eigener
Stamm irgend einer südslavischen Nation oder doch wenigstens die militärische
Organisation eines bestimmten Distrikts der Militärgrenze. Mau hat sie gern mit
Jsvlani's Schaaren im 30jährigen und mit den Panduren im siebenjährigen
Kriege verglichen und von diesen hergeleitet. Mit den letzteren haben sie wenig"
seems den rothen Mantel und die Bewaffnung gemeinsam, sonst ist keine historisch"
Verbindung zwischen ihnen und den früheren Corps nachzuweisen. Das wilde,
verwegene Corps des Grafen Jsolani, eines gebornen Fricmlers, bestand aus der
von deu Landständen des Königreichs Kroatien dem Kaiser Ferdinand II. zu Hilfe
geschickten kroatischen Massalinsnrrection. Die Panduren*) dagegen waren ein
bloßes Freicorps, welches der in Slavonien stark begüterte Major Franz Frei¬
herr v. der Trent der hartbedrängten Kaiserin Maria Theresia gegen Preußens
Friedrich II. zuführte, das in der Folge zu einer großen Masse erwuchs, aber
bald nach dem Sturze seines berühmten Führers bei der Beendigung der Kriege
mit Preußen seiner Auflösung nicht entgegenging. Die Serezaner sind ein Gensdar-
merie oder Elitecorps, welches aus folgenden sechs, deu Einfällen türkischer Rau?
berhorden von jeher am meisten ausgesetzte" k. k. Grenzregimentern: dem ersten und
zweiten Banat-, dem Ocnliner-, Ottogzaner-, Szluincr- und Littauer-Regiment
aufgehoben wird. Die übrigen zwei kroatischen Grenzregiwenter (des Warasdin-
Kreuzer und Wauasdiu-Se.Georger) und die ganze slavonische, banaler und sieben-
bürgische Militärgrenze haben keine Serezaner. Dieselben gehören demnach sämmt¬
lich der kroatischen Nationalität an. In der letzten Zeit hat sich in Dalmatien,
auf deu Wunsch des Barus ein neues Serezanercorps gebildet, welches wohl bis
auf 2000 Mann erhöht werden dürfte; die dalmatinischen Serezaner sollen jedoch
nur theilweise die eigenthümliche, bunte Tracht der kroatischen Serezaner erhalten
(wahrscheinlich blos die Elitecompagnie), das Gros derselben wird die Uniformen
der k. k. Feldjäger tragen. Die Benennung "Serezaner" selbst wird von dem
ilyrischen Worte serez hergeleitet, welches etwa "Rotte" -- "Haufen" bedeutet.
Die erste Errichtung der Serezanerabtheilungen in der kroatischen Grenze geschah



*) Gegenwärtig nennt man in Kroatien und Slavonien die Gerichtsdiener und die Poli¬
zeimannschaft der Comitate und Stadtgerichte, ferner die bewaffneten Leibdiener der Edelleute
"Panduren."
Die Serezaner.



In sonst gut unterrichteten Kreisen fand ich nur zu häufig die irrige Meinung
verbreitet, die Serezaner, welche sich unter Ban Jellachis Fahnen seit dem Sturm
auf Wien und in den ungarischen Wirren einen Namen gemacht, seien ein eigener
Stamm irgend einer südslavischen Nation oder doch wenigstens die militärische
Organisation eines bestimmten Distrikts der Militärgrenze. Mau hat sie gern mit
Jsvlani's Schaaren im 30jährigen und mit den Panduren im siebenjährigen
Kriege verglichen und von diesen hergeleitet. Mit den letzteren haben sie wenig«
seems den rothen Mantel und die Bewaffnung gemeinsam, sonst ist keine historisch«
Verbindung zwischen ihnen und den früheren Corps nachzuweisen. Das wilde,
verwegene Corps des Grafen Jsolani, eines gebornen Fricmlers, bestand aus der
von deu Landständen des Königreichs Kroatien dem Kaiser Ferdinand II. zu Hilfe
geschickten kroatischen Massalinsnrrection. Die Panduren*) dagegen waren ein
bloßes Freicorps, welches der in Slavonien stark begüterte Major Franz Frei¬
herr v. der Trent der hartbedrängten Kaiserin Maria Theresia gegen Preußens
Friedrich II. zuführte, das in der Folge zu einer großen Masse erwuchs, aber
bald nach dem Sturze seines berühmten Führers bei der Beendigung der Kriege
mit Preußen seiner Auflösung nicht entgegenging. Die Serezaner sind ein Gensdar-
merie oder Elitecorps, welches aus folgenden sechs, deu Einfällen türkischer Rau?
berhorden von jeher am meisten ausgesetzte» k. k. Grenzregimentern: dem ersten und
zweiten Banat-, dem Ocnliner-, Ottogzaner-, Szluincr- und Littauer-Regiment
aufgehoben wird. Die übrigen zwei kroatischen Grenzregiwenter (des Warasdin-
Kreuzer und Wauasdiu-Se.Georger) und die ganze slavonische, banaler und sieben-
bürgische Militärgrenze haben keine Serezaner. Dieselben gehören demnach sämmt¬
lich der kroatischen Nationalität an. In der letzten Zeit hat sich in Dalmatien,
auf deu Wunsch des Barus ein neues Serezanercorps gebildet, welches wohl bis
auf 2000 Mann erhöht werden dürfte; die dalmatinischen Serezaner sollen jedoch
nur theilweise die eigenthümliche, bunte Tracht der kroatischen Serezaner erhalten
(wahrscheinlich blos die Elitecompagnie), das Gros derselben wird die Uniformen
der k. k. Feldjäger tragen. Die Benennung „Serezaner" selbst wird von dem
ilyrischen Worte serez hergeleitet, welches etwa „Rotte" — „Haufen" bedeutet.
Die erste Errichtung der Serezanerabtheilungen in der kroatischen Grenze geschah



*) Gegenwärtig nennt man in Kroatien und Slavonien die Gerichtsdiener und die Poli¬
zeimannschaft der Comitate und Stadtgerichte, ferner die bewaffneten Leibdiener der Edelleute
„Panduren."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/158>, abgerufen am 05.02.2025.