Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.selben ist nicht viel zu sagen, denn das Beste, was man diesem Ausschuß über¬ Noch während des Fünfziger-Ausschusses wurde ihm die Redaction der Ober- Hier in einem Kreise, der vornehmsten Geister der Nation, und wo man an selben ist nicht viel zu sagen, denn das Beste, was man diesem Ausschuß über¬ Noch während des Fünfziger-Ausschusses wurde ihm die Redaction der Ober- Hier in einem Kreise, der vornehmsten Geister der Nation, und wo man an <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0151" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279177"/> <p xml:id="ID_476" prev="#ID_475"> selben ist nicht viel zu sagen, denn das Beste, was man diesem Ausschuß über¬<lb/> haupt nachrühmen kann, ist, daß er nichts Böses gethan hat. Doch machte eS<lb/> einen stattlichen Eindruck, wenn in jeder östreichischen Frage, sämmtliche Oestreicher<lb/> auftraten und mit sittlicher Entrüstung die Gegner in ihre Schranken zurückwiesen.<lb/> Wiesner nahm redlich Theil daran. So als man von der Leibeigenschaft der<lb/> Bauern in Böhmen sprach, und als man sich dem Aufstand der Italiener geneigt<lb/> erklärte. Wiesuer trat — und das war von dem späteren Mitglied deö kosmo¬<lb/> politischen Donnersbcrgs kurios genug — mit Entschiedenheit gegen die treulosen<lb/> Wälschen auf, nud setzte im Gegentheil eine Proclamation an die Tyroler dnrch,<lb/> welche gegen dieselben zu Felde zogen. „Ihr stehet wieder gewaffnet auf Deutsch¬<lb/> lands herrlicher Felsenburg. Hofer's Geist schwebt über euch! Keine Spanne der<lb/> heiligen deutschen Erde darf aufgegeben werden" n. s. w. Eben so sprach er für<lb/> das Festhalten Galiziens, weil mau dort zur Freiheit nicht reif sei. Im Uebrigen<lb/> zeichnete er sich durch eine ziemliche Empfindlichkeit ans, und war unter sämmt¬<lb/> lichen Deputirten derjenige, welcher gegen Andere am zahlreichsten den Ordnungs¬<lb/> ruf verlangte, weil er behauptete, von ihnen insultirt zu sei».</p><lb/> <p xml:id="ID_477"> Noch während des Fünfziger-Ausschusses wurde ihm die Redaction der Ober-<lb/> postamtszeituug übertrage», das bisherige Organ des deutschen Bundes. Lauge<lb/> hielten es freilich die Besitzer desselben mit der absoluten Gemüthspvlitik unseres<lb/> Freundes nicht aus. Inzwischen wurde er in Wien zum Deputirten für die Na¬<lb/> tionalversammlung gewählt.</p><lb/> <p xml:id="ID_478" next="#ID_479"> Hier in einem Kreise, der vornehmsten Geister der Nation, und wo man an<lb/> Oestreichern keinen Mangel hatte, war seine Stellung nicht mehr so günstig. Bis¬<lb/> her nur an die revolutionäre Form der Versammlungen gewöhnt, mußte es seinem<lb/> Gemüth — und seine Politik war lediglich Gefühlssache — unerträglich sein, daß<lb/> die Schöpfung der Revolution, die Nationalversammlung, eine entschieden reactio-<lb/> näre Stellung einnehme — reactionär, wie es die Vernunft überhaupt gegen die<lb/> Leidenschaft ist. Der Unwille über diese ihm unerklärbarer Thatsachen trieb ihn zur<lb/> äußersten Linken, deren Principiell ihm so fremd als möglich waren. Als er<lb/> aber einmal darin war, übte die Parteidisciplin einen um so größern Einfluß<lb/> auf ihn aus, da er ihr keinen bestimmten Inhalt entgegentragen konnte. Seine<lb/> Blicke wandten sich noch immer sehnsüchtig nach Wien, wo die gemüthliche Stu-<lb/> dcntenwirthschaft sich von Tage zu Tage mehr zu befestigen schien. So trugen<lb/> die abenteuerlichsten Anträge, z. B. die auf die augenblickliche Mediatisirung Han¬<lb/> novers, als der König sich rennend gegen den Reichsverweser zeigte, seinen Namen,<lb/> ja er war es, der zuerst die Veranlassung gab, daß Gagern aus seiner olympi¬<lb/> schen Ruhe heraustrat und einen Ausfall auf die Nationalversammlung als Frech¬<lb/> heit bezeichnete. In Interpellationen und dringlichen Anträgen wetteiferte er mit<lb/> den unermüdlichsten Vorkämpfern des Donnersbergs, in jeder Emeute, die namentlich<lb/> in Wien vorging, lebte er geistig mit — obgleich er sich persönlich nie betheiligt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0151]
selben ist nicht viel zu sagen, denn das Beste, was man diesem Ausschuß über¬
haupt nachrühmen kann, ist, daß er nichts Böses gethan hat. Doch machte eS
einen stattlichen Eindruck, wenn in jeder östreichischen Frage, sämmtliche Oestreicher
auftraten und mit sittlicher Entrüstung die Gegner in ihre Schranken zurückwiesen.
Wiesner nahm redlich Theil daran. So als man von der Leibeigenschaft der
Bauern in Böhmen sprach, und als man sich dem Aufstand der Italiener geneigt
erklärte. Wiesuer trat — und das war von dem späteren Mitglied deö kosmo¬
politischen Donnersbcrgs kurios genug — mit Entschiedenheit gegen die treulosen
Wälschen auf, nud setzte im Gegentheil eine Proclamation an die Tyroler dnrch,
welche gegen dieselben zu Felde zogen. „Ihr stehet wieder gewaffnet auf Deutsch¬
lands herrlicher Felsenburg. Hofer's Geist schwebt über euch! Keine Spanne der
heiligen deutschen Erde darf aufgegeben werden" n. s. w. Eben so sprach er für
das Festhalten Galiziens, weil mau dort zur Freiheit nicht reif sei. Im Uebrigen
zeichnete er sich durch eine ziemliche Empfindlichkeit ans, und war unter sämmt¬
lichen Deputirten derjenige, welcher gegen Andere am zahlreichsten den Ordnungs¬
ruf verlangte, weil er behauptete, von ihnen insultirt zu sei».
Noch während des Fünfziger-Ausschusses wurde ihm die Redaction der Ober-
postamtszeituug übertrage», das bisherige Organ des deutschen Bundes. Lauge
hielten es freilich die Besitzer desselben mit der absoluten Gemüthspvlitik unseres
Freundes nicht aus. Inzwischen wurde er in Wien zum Deputirten für die Na¬
tionalversammlung gewählt.
Hier in einem Kreise, der vornehmsten Geister der Nation, und wo man an
Oestreichern keinen Mangel hatte, war seine Stellung nicht mehr so günstig. Bis¬
her nur an die revolutionäre Form der Versammlungen gewöhnt, mußte es seinem
Gemüth — und seine Politik war lediglich Gefühlssache — unerträglich sein, daß
die Schöpfung der Revolution, die Nationalversammlung, eine entschieden reactio-
näre Stellung einnehme — reactionär, wie es die Vernunft überhaupt gegen die
Leidenschaft ist. Der Unwille über diese ihm unerklärbarer Thatsachen trieb ihn zur
äußersten Linken, deren Principiell ihm so fremd als möglich waren. Als er
aber einmal darin war, übte die Parteidisciplin einen um so größern Einfluß
auf ihn aus, da er ihr keinen bestimmten Inhalt entgegentragen konnte. Seine
Blicke wandten sich noch immer sehnsüchtig nach Wien, wo die gemüthliche Stu-
dcntenwirthschaft sich von Tage zu Tage mehr zu befestigen schien. So trugen
die abenteuerlichsten Anträge, z. B. die auf die augenblickliche Mediatisirung Han¬
novers, als der König sich rennend gegen den Reichsverweser zeigte, seinen Namen,
ja er war es, der zuerst die Veranlassung gab, daß Gagern aus seiner olympi¬
schen Ruhe heraustrat und einen Ausfall auf die Nationalversammlung als Frech¬
heit bezeichnete. In Interpellationen und dringlichen Anträgen wetteiferte er mit
den unermüdlichsten Vorkämpfern des Donnersbergs, in jeder Emeute, die namentlich
in Wien vorging, lebte er geistig mit — obgleich er sich persönlich nie betheiligt
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