Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Der Ueberfall von Fridericia. Von einem Augenzeugen. Nach zwei Tage" der fürchterlichste" Aufregung und darauf folgender Ab¬ Sie wissen, daß wir schon seit Wochen vor der kleinen, zwar wohlvertheidig¬ Fridericia liegt dicht am kleinen Belt, welcher hier so schmal ist, daß die Der Ueberfall von Fridericia. Von einem Augenzeugen. Nach zwei Tage» der fürchterlichste» Aufregung und darauf folgender Ab¬ Sie wissen, daß wir schon seit Wochen vor der kleinen, zwar wohlvertheidig¬ Fridericia liegt dicht am kleinen Belt, welcher hier so schmal ist, daß die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279144"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Der Ueberfall von Fridericia.<lb/><note type="byline"> Von einem Augenzeugen.</note></head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_375"> Nach zwei Tage» der fürchterlichste» Aufregung und darauf folgender Ab¬<lb/> spannung, gewinne ich endlich Muße, Ihnen die Details des Erlebten, so aus¬<lb/> führlich, als mir möglich, zu schildern. Und Vieles habe ich gesehen und erlebt<lb/> im kurzen Zeitraum vou vierundzwanzig Stunden, was mir ewig in seinem gan¬<lb/> zen Grauen in der Seele bleiben und auch Ihnen vielleicht in dem schlichten Ge¬<lb/> wand , in welchem ich es hier biete, ein nicht,so leicht vergängliches Interesse ge¬<lb/> währen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_376"> Sie wissen, daß wir schon seit Wochen vor der kleinen, zwar wohlvertheidig¬<lb/> ten aber doch nicht uneinnehmbaren Festung Fridericia liegen. Und wir lagen<lb/> im vollen Sinn des Worts, denn unsere Hauptbeschäftigung war der süße Schlaf,<lb/> mit welchem wir uus die Zeit vertrieben, wenn wir nicht auf Requisitionen aus¬<lb/> gesendet worden waren. Nur zuweilen, im Tage höchstens ein oder zweimal, warf uns<lb/> der Däne eine Bombe in die Schanzen, welche ans Faschinen und Sand aufge¬<lb/> worfen, uns einen ziemlich genügenden Schutz gewährten. Selten aber ward es<lb/> unseren jungen, vor Ungeduld fast verzweifelnden Artilleristen, erlaubt, diese Fcin-<lb/> desgrüße energisch zu erwiedern. Die Ursache unserer Unthätigkeit wissen Sie<lb/> jedenfalls besser, wi? wir, denn der Stand der politischen Angelegenheiten wird<lb/> uns im Lager immer erst drei Wochen zu spät bekannt, wenn irgend eine Zeitung,<lb/> etwa die SchlcSwigsche oder der Altonaer Merkur, sich zu uns verirrt; bis an<lb/> mich die Reihe kam, war aber das Blatt gewöhnlich schon so zerlesen, daß eine<lb/> thätige Phantasie viele Lücken ergänzen mußte. Genug, wir blieben in unbegreif-<lb/> lichen Zaudern liegen, wo wir waren; aber schon murrte der Soldat, flüsterte<lb/> von Verrath und diplomatischen Ränken und glühender Haß flammte in manchem<lb/> Ange, wenn uns der Name des Oberbefehlshabers ^genannt wurde. Ich könnte<lb/> Ihnen mancherlei über die höchst sonderbaren Gerüchte erzählen, welche hinsichtlich<lb/> der Kriegsführung unter uns circulirten, aber ich unterlasse es, um zu Interessan¬<lb/> terem zu kommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_377" next="#ID_378"> Fridericia liegt dicht am kleinen Belt, welcher hier so schmal ist, daß die<lb/> gegenüberliegende Insel Fünen mit dem leichtesten Boot und in weniger als fünf¬<lb/> zehn Minnten erreicht werden kann. Der Verkehr zwischen der letztem und der<lb/> Festung wurde immer lebhaft unterhalten, steigerte sich aber in den ersten Tagen<lb/> des Juli so sehr, daß es auffallen mußte. Unsere Vedctien und Wachen sahen<lb/> so viele große Schisse gehen und kommen, daß sich im Heer eine ernstliche Be-<lb/> sorgniß zu verbrcueu begann. Doch nein, Besorgniß ist nicht das rechte Wort;<lb/> wir wünschten ja nichts sehnlicher, als so bald als möglich, dem Feind Stirn an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
Der Ueberfall von Fridericia.
Von einem Augenzeugen.
Nach zwei Tage» der fürchterlichste» Aufregung und darauf folgender Ab¬
spannung, gewinne ich endlich Muße, Ihnen die Details des Erlebten, so aus¬
führlich, als mir möglich, zu schildern. Und Vieles habe ich gesehen und erlebt
im kurzen Zeitraum vou vierundzwanzig Stunden, was mir ewig in seinem gan¬
zen Grauen in der Seele bleiben und auch Ihnen vielleicht in dem schlichten Ge¬
wand , in welchem ich es hier biete, ein nicht,so leicht vergängliches Interesse ge¬
währen wird.
Sie wissen, daß wir schon seit Wochen vor der kleinen, zwar wohlvertheidig¬
ten aber doch nicht uneinnehmbaren Festung Fridericia liegen. Und wir lagen
im vollen Sinn des Worts, denn unsere Hauptbeschäftigung war der süße Schlaf,
mit welchem wir uus die Zeit vertrieben, wenn wir nicht auf Requisitionen aus¬
gesendet worden waren. Nur zuweilen, im Tage höchstens ein oder zweimal, warf uns
der Däne eine Bombe in die Schanzen, welche ans Faschinen und Sand aufge¬
worfen, uns einen ziemlich genügenden Schutz gewährten. Selten aber ward es
unseren jungen, vor Ungeduld fast verzweifelnden Artilleristen, erlaubt, diese Fcin-
desgrüße energisch zu erwiedern. Die Ursache unserer Unthätigkeit wissen Sie
jedenfalls besser, wi? wir, denn der Stand der politischen Angelegenheiten wird
uns im Lager immer erst drei Wochen zu spät bekannt, wenn irgend eine Zeitung,
etwa die SchlcSwigsche oder der Altonaer Merkur, sich zu uns verirrt; bis an
mich die Reihe kam, war aber das Blatt gewöhnlich schon so zerlesen, daß eine
thätige Phantasie viele Lücken ergänzen mußte. Genug, wir blieben in unbegreif-
lichen Zaudern liegen, wo wir waren; aber schon murrte der Soldat, flüsterte
von Verrath und diplomatischen Ränken und glühender Haß flammte in manchem
Ange, wenn uns der Name des Oberbefehlshabers ^genannt wurde. Ich könnte
Ihnen mancherlei über die höchst sonderbaren Gerüchte erzählen, welche hinsichtlich
der Kriegsführung unter uns circulirten, aber ich unterlasse es, um zu Interessan¬
terem zu kommen.
Fridericia liegt dicht am kleinen Belt, welcher hier so schmal ist, daß die
gegenüberliegende Insel Fünen mit dem leichtesten Boot und in weniger als fünf¬
zehn Minnten erreicht werden kann. Der Verkehr zwischen der letztem und der
Festung wurde immer lebhaft unterhalten, steigerte sich aber in den ersten Tagen
des Juli so sehr, daß es auffallen mußte. Unsere Vedctien und Wachen sahen
so viele große Schisse gehen und kommen, daß sich im Heer eine ernstliche Be-
sorgniß zu verbrcueu begann. Doch nein, Besorgniß ist nicht das rechte Wort;
wir wünschten ja nichts sehnlicher, als so bald als möglich, dem Feind Stirn an
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