Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Bei der neuen Regierung fand Raveaux seine Stelle. Er ging als Ncichs- Als im September die deutsche Reaction begann, gab er seine Stelle anf, Eine neue Enttäuschung! Der "erste deutsche Mann" weigerte sich, für die Die Versammlung wählte eine neue Regentschaft. Raveaux war der Name, Und das Ende? Friedrich Römer, der deutsche Mann, warf die Regent- Bei der neuen Regierung fand Raveaux seine Stelle. Er ging als Ncichs- Als im September die deutsche Reaction begann, gab er seine Stelle anf, Eine neue Enttäuschung! Der „erste deutsche Mann" weigerte sich, für die Die Versammlung wählte eine neue Regentschaft. Raveaux war der Name, Und das Ende? Friedrich Römer, der deutsche Mann, warf die Regent- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0114" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279140"/> <p xml:id="ID_359"> Bei der neuen Regierung fand Raveaux seine Stelle. Er ging als Ncichs-<lb/> gesandter in die Schweiz. Gern hätte er sich hier in ein gemüthliches Verhältniß<lb/> zu diesem stammverwandten freien Volk gesetzt, aber sein Schicksal ließ es nicht<lb/> dazu kommen. Im Auftrage des Reichs mußte er eine energische Note gegen die<lb/> eidgenössische Negiening richten, wegen der offnen und heimlichen Unterstützung,<lb/> die von Seiten der Eidgenessen den deutsche» Insurgenten zu Theil wurde, und<lb/> er mußte sich eine „befremdete" Zurückruf'eng dieser Note gefallen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_360"> Als im September die deutsche Reaction begann, gab er seine Stelle anf,<lb/> und kehlte in die Nationalversammlung zurück. Die Lage der Dinge hatte sich<lb/> sehr geändert; eine Illusion nach der andern mußte aufgegeben werden, und seine<lb/> Stimmung wurde von da an erbittert. Die östreichischen Biedermänner erklärten,<lb/> einer nach dem andern, daß die deutsche Reichsverfassung in ihrer Strenge doch<lb/> nicht auf Oestreich anwendbar sei; zuletzt rief Graf Albert Deym: Wenn ihr<lb/> wollt, daß Oestreich euch gehorche, so kommt und erobert es! — Erschüttert stieg<lb/> Raveaux anf die Tribüne. „Endlich hat ein Biedermann uns das schamlose<lb/> Spuk enthüllt, das in Oestreich mit uns getrieben, ist, endlich hat er ausgespro¬<lb/> chen u. s. w." — Aber auch an diesem Biedermann mußte er erleben, daß er<lb/> trotzdem gegen die Trennung Oestreichs von Deutschland stimmte, um die Bildung<lb/> eines deutschen Bundesstaats, der Oestreich gefährlich werden konnte, zu verhin¬<lb/> dern, und noch diese Erfahrung war nicht stark genug, sein Gemüth, das ihn<lb/> an die Idee des einigen Deutschland fesselte, zu überwinden, und ihn mit der ein¬<lb/> zigen Partei, die nach einem verständigen Plan für die Constituirung Deutschlands<lb/> wirkte, zu versöhnen. Bis zum letzten Augenblick gehörte Raveaux zu den ent¬<lb/> schiedensten Gegnern der nach dem Gagernschen Programm angelegten Verfassung.<lb/> Dann freilich unterwarf er sich ihr, und trat als ihr Vertheidiger auf, sobald die<lb/> Könige sich ihr widersetzten.</p><lb/> <p xml:id="ID_361"> Eine neue Enttäuschung! Der „erste deutsche Mann" weigerte sich, für die<lb/> Verfassung einzutreten! Er bildete eine Negierung, die von dem einstimmigen Mi߬<lb/> trauensvotum der ganzen Versammlung empfangen wurde. Der Nest des Parla¬<lb/> ments gab den Reichsverweser anf, und verlegte seine» Sitz nach Stuttgart, wo<lb/> ein anderer deutscher Mann, Friedrich Römer, den treuen Kämpfern für das Reich<lb/> ein starkes, sicheres Asyl bot.</p><lb/> <p xml:id="ID_362"> Die Versammlung wählte eine neue Regentschaft. Raveaux war der Name,<lb/> den ma» an die Spitze stellte. Nicht als Politiker, nur als ehrenwerther Mann,<lb/> dem Niemand etwas Böses nachsagen konnte. — Phantastischer und träumerischer<lb/> hat sich wohl nie eine NeichSregierung gebärdet! Die kühnsten, man kann sagen<lb/> ausschweifenden Ansprüche, und nicht die geringste Ueberlegung der Mittel, die<lb/> zu Gebot stände». Eine überspannte Energie des Worts, und eine absolute Nath-<lb/> lostgkeit der That.</p><lb/> <p xml:id="ID_363" next="#ID_364"> Und das Ende? Friedrich Römer, der deutsche Mann, warf die Regent-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0114]
Bei der neuen Regierung fand Raveaux seine Stelle. Er ging als Ncichs-
gesandter in die Schweiz. Gern hätte er sich hier in ein gemüthliches Verhältniß
zu diesem stammverwandten freien Volk gesetzt, aber sein Schicksal ließ es nicht
dazu kommen. Im Auftrage des Reichs mußte er eine energische Note gegen die
eidgenössische Negiening richten, wegen der offnen und heimlichen Unterstützung,
die von Seiten der Eidgenessen den deutsche» Insurgenten zu Theil wurde, und
er mußte sich eine „befremdete" Zurückruf'eng dieser Note gefallen lassen.
Als im September die deutsche Reaction begann, gab er seine Stelle anf,
und kehlte in die Nationalversammlung zurück. Die Lage der Dinge hatte sich
sehr geändert; eine Illusion nach der andern mußte aufgegeben werden, und seine
Stimmung wurde von da an erbittert. Die östreichischen Biedermänner erklärten,
einer nach dem andern, daß die deutsche Reichsverfassung in ihrer Strenge doch
nicht auf Oestreich anwendbar sei; zuletzt rief Graf Albert Deym: Wenn ihr
wollt, daß Oestreich euch gehorche, so kommt und erobert es! — Erschüttert stieg
Raveaux anf die Tribüne. „Endlich hat ein Biedermann uns das schamlose
Spuk enthüllt, das in Oestreich mit uns getrieben, ist, endlich hat er ausgespro¬
chen u. s. w." — Aber auch an diesem Biedermann mußte er erleben, daß er
trotzdem gegen die Trennung Oestreichs von Deutschland stimmte, um die Bildung
eines deutschen Bundesstaats, der Oestreich gefährlich werden konnte, zu verhin¬
dern, und noch diese Erfahrung war nicht stark genug, sein Gemüth, das ihn
an die Idee des einigen Deutschland fesselte, zu überwinden, und ihn mit der ein¬
zigen Partei, die nach einem verständigen Plan für die Constituirung Deutschlands
wirkte, zu versöhnen. Bis zum letzten Augenblick gehörte Raveaux zu den ent¬
schiedensten Gegnern der nach dem Gagernschen Programm angelegten Verfassung.
Dann freilich unterwarf er sich ihr, und trat als ihr Vertheidiger auf, sobald die
Könige sich ihr widersetzten.
Eine neue Enttäuschung! Der „erste deutsche Mann" weigerte sich, für die
Verfassung einzutreten! Er bildete eine Negierung, die von dem einstimmigen Mi߬
trauensvotum der ganzen Versammlung empfangen wurde. Der Nest des Parla¬
ments gab den Reichsverweser anf, und verlegte seine» Sitz nach Stuttgart, wo
ein anderer deutscher Mann, Friedrich Römer, den treuen Kämpfern für das Reich
ein starkes, sicheres Asyl bot.
Die Versammlung wählte eine neue Regentschaft. Raveaux war der Name,
den ma» an die Spitze stellte. Nicht als Politiker, nur als ehrenwerther Mann,
dem Niemand etwas Böses nachsagen konnte. — Phantastischer und träumerischer
hat sich wohl nie eine NeichSregierung gebärdet! Die kühnsten, man kann sagen
ausschweifenden Ansprüche, und nicht die geringste Ueberlegung der Mittel, die
zu Gebot stände». Eine überspannte Energie des Worts, und eine absolute Nath-
lostgkeit der That.
Und das Ende? Friedrich Römer, der deutsche Mann, warf die Regent-
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