Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.gen Jahre Gelegenheit, die Tugenden loyaler Hochherzigkeit gegen einander' zu Ich wiederhole Ihnen, was ich schon früher in Ihrem Blatt ausgesprochen, In dem Verhältniß der ritterlichen Gutsherr" zu den kleinen Eigenthümern ihres Vo" dem Schlosse des Gutsherr" vertriebe", sammelte" sich die Aufsässigen gen Jahre Gelegenheit, die Tugenden loyaler Hochherzigkeit gegen einander' zu Ich wiederhole Ihnen, was ich schon früher in Ihrem Blatt ausgesprochen, In dem Verhältniß der ritterlichen Gutsherr« zu den kleinen Eigenthümern ihres Vo« dem Schlosse des Gutsherr« vertriebe«, sammelte« sich die Aufsässigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0110" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279136"/> <p xml:id="ID_342" prev="#ID_341"> gen Jahre Gelegenheit, die Tugenden loyaler Hochherzigkeit gegen einander' zu<lb/> üben, und über den Unfähigkeiten und Albernheiten, welche die Demokratie von<lb/> 1848 auf den Straßen Berlins zur Schau trug, wurde das gelockerte Band zwi¬<lb/> schen dem König und seiner Aristokratie wieder befestigt, die Folgen davon waren<lb/> das Torymiuisterimn Brandenburg-Manteuffel.</p><lb/> <p xml:id="ID_343"> Ich wiederhole Ihnen, was ich schon früher in Ihrem Blatt ausgesprochen,<lb/> dies Ministerium war für die innere Organisation Preußens eine Nothwen¬<lb/> digkeit. Wie auch seine politischen Fähigkeiten beschaffen seul mochten, nur<lb/> ein solches Ministerium war im Stande, mit rücksichtsloser Energie gegen die Un¬<lb/> sicherheit des Eigenthums, die Zerrüttung aller gesellschaftlichen Verhältnisse zu<lb/> kämpfen und die einflußreiche Partei der conservativen Aristokraten mit den Opfern<lb/> zu versöhnen, welche sie bei der neuen Organisation des preußischen Staates un¬<lb/> ter allen Umständen bringen mußt.'. Wenn wir beklagen, daß dasselbe Ministe¬<lb/> rium die nationalen Interessen Deutschlands in eine gefährliche Krisis gebracht<lb/> hat, so müssen wir auch anerkennen, was es für die Beruhigung Preußens ge¬<lb/> than hat. Die Gesetze, welche es mit großem Eifer erläßt, sind allerdings flüch¬<lb/> tig verfaßt und erweisen sich schon jetzt als mangelhaft, aber es hat die Fähigkeit<lb/> gezeigt, dem schon vorhandenen Gesetz Gehorsam zu verschaffen. Wir Schlesier<lb/> haben Gelegenheit, das jetzt zu erfahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_344"> In dem Verhältniß der ritterlichen Gutsherr« zu den kleinen Eigenthümern ihres<lb/> Dorfes herrschte auch in Schlesien seit vorigen Jahre eine vollständige Anarchie,<lb/> welche durch unüberlegte provisorische Gesetze noch vergrößert worden war.<lb/> Die Bauer» hatten fast durch ganz Schlesien einen Bund geschlossen, dessen Re¬<lb/> sultat eine hartnäckige Verweigerung aller Leistungen war, die sie in Geld und<lb/> Diensten den Gutsherrn zu gewähren hatten. Die brutale Wuth des aufgeregten<lb/> Dorfpobcls hatte sich im vorigen Jahre hie und da an den Schlössern, sja am<lb/> Leben der Gutsbesitzer vergriffe«. Jetzt ist für die Gutsherrn die Zeit gekommen,<lb/> ihre Rechte geltend zu machen. Wo die Gesetze sie schützen, lassen sie sich Recht<lb/> sprechen, und deu Spruch des Gesetzes durch Execution vollstrecken. An einzelnen<lb/> Orten hat es dabei Tumulte gegeben. So hatte sich ans den Gütern eines Gra¬<lb/> fen Pfeil zwischen Reichenbach und Glatz ein Hanse von 300H Landleuten zum<lb/> Widerstande gegen eine Execution versammelt, welche unter Beihilfe einiger Com¬<lb/> pagnie« Soldaten vollzogen werde« sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_345" next="#ID_346"> Vo« dem Schlosse des Gutsherr« vertriebe«, sammelte« sich die Aufsässigen<lb/> auf einem heiligen Berge, welcher mit Kruzifixe« besetzt und ein Gegenstand der<lb/> Verehrung für die Umgegend ist. Sie fielen aber trotz der Heiligkeit des Ortes<lb/> aus der würdigen Haltung, welche der passive Widerstand verleihen soll, heraus,<lb/> indem sie das Militär mit Steinen warfen und gröblich insnllirtcn. Vergebens<lb/> appellirte der Offizier an ihre Pietät gegen deu Ort — der Brantwein war stär¬<lb/> ker als der Glaube, die armen Burschen konnten nur durch eine Charge zur Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0110]
gen Jahre Gelegenheit, die Tugenden loyaler Hochherzigkeit gegen einander' zu
üben, und über den Unfähigkeiten und Albernheiten, welche die Demokratie von
1848 auf den Straßen Berlins zur Schau trug, wurde das gelockerte Band zwi¬
schen dem König und seiner Aristokratie wieder befestigt, die Folgen davon waren
das Torymiuisterimn Brandenburg-Manteuffel.
Ich wiederhole Ihnen, was ich schon früher in Ihrem Blatt ausgesprochen,
dies Ministerium war für die innere Organisation Preußens eine Nothwen¬
digkeit. Wie auch seine politischen Fähigkeiten beschaffen seul mochten, nur
ein solches Ministerium war im Stande, mit rücksichtsloser Energie gegen die Un¬
sicherheit des Eigenthums, die Zerrüttung aller gesellschaftlichen Verhältnisse zu
kämpfen und die einflußreiche Partei der conservativen Aristokraten mit den Opfern
zu versöhnen, welche sie bei der neuen Organisation des preußischen Staates un¬
ter allen Umständen bringen mußt.'. Wenn wir beklagen, daß dasselbe Ministe¬
rium die nationalen Interessen Deutschlands in eine gefährliche Krisis gebracht
hat, so müssen wir auch anerkennen, was es für die Beruhigung Preußens ge¬
than hat. Die Gesetze, welche es mit großem Eifer erläßt, sind allerdings flüch¬
tig verfaßt und erweisen sich schon jetzt als mangelhaft, aber es hat die Fähigkeit
gezeigt, dem schon vorhandenen Gesetz Gehorsam zu verschaffen. Wir Schlesier
haben Gelegenheit, das jetzt zu erfahren.
In dem Verhältniß der ritterlichen Gutsherr« zu den kleinen Eigenthümern ihres
Dorfes herrschte auch in Schlesien seit vorigen Jahre eine vollständige Anarchie,
welche durch unüberlegte provisorische Gesetze noch vergrößert worden war.
Die Bauer» hatten fast durch ganz Schlesien einen Bund geschlossen, dessen Re¬
sultat eine hartnäckige Verweigerung aller Leistungen war, die sie in Geld und
Diensten den Gutsherrn zu gewähren hatten. Die brutale Wuth des aufgeregten
Dorfpobcls hatte sich im vorigen Jahre hie und da an den Schlössern, sja am
Leben der Gutsbesitzer vergriffe«. Jetzt ist für die Gutsherrn die Zeit gekommen,
ihre Rechte geltend zu machen. Wo die Gesetze sie schützen, lassen sie sich Recht
sprechen, und deu Spruch des Gesetzes durch Execution vollstrecken. An einzelnen
Orten hat es dabei Tumulte gegeben. So hatte sich ans den Gütern eines Gra¬
fen Pfeil zwischen Reichenbach und Glatz ein Hanse von 300H Landleuten zum
Widerstande gegen eine Execution versammelt, welche unter Beihilfe einiger Com¬
pagnie« Soldaten vollzogen werde« sollte.
Vo« dem Schlosse des Gutsherr« vertriebe«, sammelte« sich die Aufsässigen
auf einem heiligen Berge, welcher mit Kruzifixe« besetzt und ein Gegenstand der
Verehrung für die Umgegend ist. Sie fielen aber trotz der Heiligkeit des Ortes
aus der würdigen Haltung, welche der passive Widerstand verleihen soll, heraus,
indem sie das Militär mit Steinen warfen und gröblich insnllirtcn. Vergebens
appellirte der Offizier an ihre Pietät gegen deu Ort — der Brantwein war stär¬
ker als der Glaube, die armen Burschen konnten nur durch eine Charge zur Ver-
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