Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.des Reichs erhalten und die Einheit in dem Sinn genommen, daß von Seiten Die neue Constituirung Oestreichs weckte bei allen Patrioten, denen nicht, Unter diesen Umständen war die preußische Note vom IN. März allerdings Unter diesen Umstanden machte die deutsche Partei in Frankfurt wie in Ber¬ So wandten sich nun die Augen der gesammten Nation nach Berlin, wolM des Reichs erhalten und die Einheit in dem Sinn genommen, daß von Seiten Die neue Constituirung Oestreichs weckte bei allen Patrioten, denen nicht, Unter diesen Umständen war die preußische Note vom IN. März allerdings Unter diesen Umstanden machte die deutsche Partei in Frankfurt wie in Ber¬ So wandten sich nun die Augen der gesammten Nation nach Berlin, wolM <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0092" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278602"/> <p xml:id="ID_282" prev="#ID_281"> des Reichs erhalten und die Einheit in dem Sinn genommen, daß von Seiten<lb/> des Reichs die bisherigen politischen Organisationen, Preußen nicht ausgeschlossen,<lb/> absorbirt werden sollten. Hätte man diese Idee aufgegeben, so wäre nicht allein<lb/> der Widerstand der vier deutschen Königreiche ein geringerer gewesen — denn die<lb/> Eitelkeit und das Borurtheil thut in solchen Dingen mehr als der gesunde Men¬<lb/> schenverstand — sondern auch Preußen hätte sich mit leichterem Herzen auf eine<lb/> Würde einlassen können, die nicht allein den König, sondern den ganzen Staat<lb/> betraf.</p><lb/> <p xml:id="ID_283"> Die neue Constituirung Oestreichs weckte bei allen Patrioten, denen nicht,<lb/> wie den Radikalen, vorzugsweise daran lag, daß nichts zu Staude käme, die<lb/> schmerzliche Ueberzeugung, daß auf Oestreich in dem neuen Bundesstaat nun defi¬<lb/> nitiv nicht weiter zu rechnen sei. Daher der Welcker'sche Antrag, die von der<lb/> Commission revidirte Verfassung o» l>Joe anzunehmen, und den König von Preu¬<lb/> ßen zum Kaiser auszurufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_284"> Unter diesen Umständen war die preußische Note vom IN. März allerdings<lb/> eine Monstrosität, um so mehr, wenn man den Eintritt des östreichisch gesinnten<lb/> Grafen Arnim- Heinrich sdorf damit in Verbindung brachte. Der Antrag<lb/> Oestreichs, die ganze projectirte deutsche Verfassung auf eiuen erweiterten Bundes¬<lb/> tag zu beschränken, zu welchem Oestreich die größere, das übrige Deutschland die<lb/> kleinere Hälfte der Mitglieder stellen sollte, war, gelinde gesagt, eine Unverschämt¬<lb/> heit, und auf dieses Ansinnen „freudig" und „mit großer Genugthuung" zu ant¬<lb/> worten, ist das Stärkste, was sich bis dahin die Diplomatie hat zu Schulden<lb/> kommen lassen. Es verbreitete sich mit Blitzesschnelle in Deutschland die Ueber¬<lb/> zeugung, daß das preußische Cabinet mit Oestreich heimlich im engsten Einver-<lb/> ständniß sei; der Welcker'sche Antrag fiel, das Ministerium Gagern legte sein A»it<lb/> nieder, und zur großen Befriedigung der Oestreichs, die zuletzt mit einem sehr<lb/> unrühmlichen Eifer ihre Thätigkeit darauf beschränkt hatten, alle unvernünftige"<lb/> Anträge der Linken zu unterstützen, um jede Art der Vereinigung zu hintertreiben,<lb/> schien die Auflösung der Nationalversammlung durch die wiedererstarkten Fürsten<lb/> in nächster Aussicht zu stehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_285"> Unter diesen Umstanden machte die deutsche Partei in Frankfurt wie in Ber¬<lb/> lin den letzten Versuch. In Frankfurt schloß sie einen Kompromiß mit dem P^<lb/> triotischen Theil der Linke»; sie ließ mehrere wichtige Punkte fallen, und verpflich¬<lb/> tete sich, an der so zu Stande gekommenen Verfassung keine Abänderung zu d»i-<lb/> dem, vou welcher Seite her sie auch versucht werden sollte. Nachdem so die Brücken<lb/> abgebrochen waren, wurde das Erbkaiserthum mit einer sehr geringen Stimmen-<lb/> Mehrheit angenommen, die Wahl des Königs von Preußen mit einer etwas größ^<lb/> ren vollzogen. Der Reichsverweser legte sein Amt nieder, die östreichische Reg"'<lb/> rung fing jetzt ernsthaft an, ans Abberufung ihrer Deputirten zu denken.</p><lb/> <p xml:id="ID_286" next="#ID_287"> So wandten sich nun die Augen der gesammten Nation nach Berlin, wolM</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0092]
des Reichs erhalten und die Einheit in dem Sinn genommen, daß von Seiten
des Reichs die bisherigen politischen Organisationen, Preußen nicht ausgeschlossen,
absorbirt werden sollten. Hätte man diese Idee aufgegeben, so wäre nicht allein
der Widerstand der vier deutschen Königreiche ein geringerer gewesen — denn die
Eitelkeit und das Borurtheil thut in solchen Dingen mehr als der gesunde Men¬
schenverstand — sondern auch Preußen hätte sich mit leichterem Herzen auf eine
Würde einlassen können, die nicht allein den König, sondern den ganzen Staat
betraf.
Die neue Constituirung Oestreichs weckte bei allen Patrioten, denen nicht,
wie den Radikalen, vorzugsweise daran lag, daß nichts zu Staude käme, die
schmerzliche Ueberzeugung, daß auf Oestreich in dem neuen Bundesstaat nun defi¬
nitiv nicht weiter zu rechnen sei. Daher der Welcker'sche Antrag, die von der
Commission revidirte Verfassung o» l>Joe anzunehmen, und den König von Preu¬
ßen zum Kaiser auszurufen.
Unter diesen Umständen war die preußische Note vom IN. März allerdings
eine Monstrosität, um so mehr, wenn man den Eintritt des östreichisch gesinnten
Grafen Arnim- Heinrich sdorf damit in Verbindung brachte. Der Antrag
Oestreichs, die ganze projectirte deutsche Verfassung auf eiuen erweiterten Bundes¬
tag zu beschränken, zu welchem Oestreich die größere, das übrige Deutschland die
kleinere Hälfte der Mitglieder stellen sollte, war, gelinde gesagt, eine Unverschämt¬
heit, und auf dieses Ansinnen „freudig" und „mit großer Genugthuung" zu ant¬
worten, ist das Stärkste, was sich bis dahin die Diplomatie hat zu Schulden
kommen lassen. Es verbreitete sich mit Blitzesschnelle in Deutschland die Ueber¬
zeugung, daß das preußische Cabinet mit Oestreich heimlich im engsten Einver-
ständniß sei; der Welcker'sche Antrag fiel, das Ministerium Gagern legte sein A»it
nieder, und zur großen Befriedigung der Oestreichs, die zuletzt mit einem sehr
unrühmlichen Eifer ihre Thätigkeit darauf beschränkt hatten, alle unvernünftige"
Anträge der Linken zu unterstützen, um jede Art der Vereinigung zu hintertreiben,
schien die Auflösung der Nationalversammlung durch die wiedererstarkten Fürsten
in nächster Aussicht zu stehen.
Unter diesen Umstanden machte die deutsche Partei in Frankfurt wie in Ber¬
lin den letzten Versuch. In Frankfurt schloß sie einen Kompromiß mit dem P^
triotischen Theil der Linke»; sie ließ mehrere wichtige Punkte fallen, und verpflich¬
tete sich, an der so zu Stande gekommenen Verfassung keine Abänderung zu d»i-
dem, vou welcher Seite her sie auch versucht werden sollte. Nachdem so die Brücken
abgebrochen waren, wurde das Erbkaiserthum mit einer sehr geringen Stimmen-
Mehrheit angenommen, die Wahl des Königs von Preußen mit einer etwas größ^
ren vollzogen. Der Reichsverweser legte sein Amt nieder, die östreichische Reg"'
rung fing jetzt ernsthaft an, ans Abberufung ihrer Deputirten zu denken.
So wandten sich nun die Augen der gesammten Nation nach Berlin, wolM
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