Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Vorräthen an Lebensmitteln und Schlachtvieh und mit andern werthvollen Gegen¬ In dieser mißlichen Lage blieb nichts anders übrig, als Hermannstadt und 9*
Vorräthen an Lebensmitteln und Schlachtvieh und mit andern werthvollen Gegen¬ In dieser mißlichen Lage blieb nichts anders übrig, als Hermannstadt und 9*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0071" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278581"/> <p xml:id="ID_214" prev="#ID_213"> Vorräthen an Lebensmitteln und Schlachtvieh und mit andern werthvollen Gegen¬<lb/> ständen nach Klansenburg und Vasarhely abführten, ohne im Stande zu sein, den<lb/> feindlichen Erpressungen auch nur das geringste Hinderniß in den Weg zu legen.<lb/> Ja, was für die Oestreicher noch weit bedenklicher war, Bem zog immer mehr<lb/> Verstärkung an sich, indem die Szekler durch seine Agitationen und Proklamatio¬<lb/> nen bearbeitet und durch die reiche Beute die sie im Sachsenlande zu machen<lb/> hofft, verlockt, den vor wenig Tagen, erst geleisteten Eid der Treue brachen, und<lb/> wieder zu den Waffen griffen. Wenn auch Schäßburg sich gegen ihre Angriffe<lb/> zu vertheidigen wußte, so schwebte doch das von allen Truppen entblößte Kron¬<lb/> stäbe in der größten Gefahr und selbst Hermannstadt war verloren, sobald es<lb/> den Szeklern gelang, sich in Masse mit Bem zu vereinigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_215" next="#ID_216"> In dieser mißlichen Lage blieb nichts anders übrig, als Hermannstadt und<lb/> Kronstäbe russischem Schutz anzuvertrauen, denn weit und breit war keine andere<lb/> Rettung vor der blinden Zerstörungswuth und dem unersättlichen Blutdurst der<lb/> Magyaren und insbesondere der Szekler zu finden und diese Besorgniß völliger<lb/> Vernichtung alles dessen, was deutscher Fleiß und deutsche Rührigkeit Jahrhunderte<lb/> lang in jenen Gegenden geschaffen hatte, die Furcht vor den unmenschlichsten Grau¬<lb/> samkeiten gegen Wehrlose, die nach der Einnahme beider Städte, wie man wohl<lb/> wußte, erfolgen sollten, — dies trieb zu raschem Entschlüsse. Gekämpft hatte das<lb/> Militär gegen eine dreifache Uebermacht des Feindes mit bewundernswürdiger Aus-<lb/> dauer, auch die sächsischen Bürgerwehren hatten dem Feind muthig die Stirne ge¬<lb/> boten und wollten auch ferner mit Freuden ins Feld ziehen, aber Weib und Kind<lb/> und die wenige Habe, die sie hatten retten können, wollten sie wenigstens in den<lb/> beiden Hauptstädten des Sachsenlandes gesichert wissen, während sie dem Feinde<lb/> gegenüber standen. Wollte man der Feigheit eines Volkes das Kriegsnnglück zu¬<lb/> schreiben, so konnte dieser Vorwurf einzig und allein die Walachen treffen, die,<lb/> hätten sie eine ihrer Volkszahl entsprechende Kraftäußerung entwickelt, den Feind<lb/> so zu sagen erdrücken konnten. Sie waren es, die durch ihre Prahlereien von<lb/> "l95,000 wehrfähigen Romanen" in Wien zu der Täuschung Veranlassung gaben, man<lb/> hauche in Siebenbürgen keine Unterstützung mehr; kam es aber zum Schlagen, so<lb/> >parer wiederum sie es, die beim ersten Kanonenschuß das Weite suchten. In Er-<lb/> Tagung aller dieser Umstände drang die Bevölkerung von Hermannstadt und Kron¬<lb/> stäbe in den commandirenden General, seine Beistimmung zur Heibeirnfnng der<lb/> Bussen zu geben. Puchner, vom Ministerium ohne alle Instruktionen gelassen,<lb/> schwankte lange, die Russen wurden gerufen, und wieder abbestellt, bis endlich<lb/> großer Kriegsrath am 1. Febr. sich definitiv für den momentanen Einmarsch<lb/> derselben in Hermannstadt und Kronstäbe entschied. Pnchner ersuchte dem rus¬<lb/> sischen General Lüders um 6000 Mann für Kronstäbe und um 4000 Mann für<lb/> Hermannstadt. Bevor noch die Entscheidung des Kriegsraths in Kronstäbe ein-<lb/> treffen konnte, war die Stadt, deren Gebiet schon von 15,000 Szeklern war</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 9*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
Vorräthen an Lebensmitteln und Schlachtvieh und mit andern werthvollen Gegen¬
ständen nach Klansenburg und Vasarhely abführten, ohne im Stande zu sein, den
feindlichen Erpressungen auch nur das geringste Hinderniß in den Weg zu legen.
Ja, was für die Oestreicher noch weit bedenklicher war, Bem zog immer mehr
Verstärkung an sich, indem die Szekler durch seine Agitationen und Proklamatio¬
nen bearbeitet und durch die reiche Beute die sie im Sachsenlande zu machen
hofft, verlockt, den vor wenig Tagen, erst geleisteten Eid der Treue brachen, und
wieder zu den Waffen griffen. Wenn auch Schäßburg sich gegen ihre Angriffe
zu vertheidigen wußte, so schwebte doch das von allen Truppen entblößte Kron¬
stäbe in der größten Gefahr und selbst Hermannstadt war verloren, sobald es
den Szeklern gelang, sich in Masse mit Bem zu vereinigen.
In dieser mißlichen Lage blieb nichts anders übrig, als Hermannstadt und
Kronstäbe russischem Schutz anzuvertrauen, denn weit und breit war keine andere
Rettung vor der blinden Zerstörungswuth und dem unersättlichen Blutdurst der
Magyaren und insbesondere der Szekler zu finden und diese Besorgniß völliger
Vernichtung alles dessen, was deutscher Fleiß und deutsche Rührigkeit Jahrhunderte
lang in jenen Gegenden geschaffen hatte, die Furcht vor den unmenschlichsten Grau¬
samkeiten gegen Wehrlose, die nach der Einnahme beider Städte, wie man wohl
wußte, erfolgen sollten, — dies trieb zu raschem Entschlüsse. Gekämpft hatte das
Militär gegen eine dreifache Uebermacht des Feindes mit bewundernswürdiger Aus-
dauer, auch die sächsischen Bürgerwehren hatten dem Feind muthig die Stirne ge¬
boten und wollten auch ferner mit Freuden ins Feld ziehen, aber Weib und Kind
und die wenige Habe, die sie hatten retten können, wollten sie wenigstens in den
beiden Hauptstädten des Sachsenlandes gesichert wissen, während sie dem Feinde
gegenüber standen. Wollte man der Feigheit eines Volkes das Kriegsnnglück zu¬
schreiben, so konnte dieser Vorwurf einzig und allein die Walachen treffen, die,
hätten sie eine ihrer Volkszahl entsprechende Kraftäußerung entwickelt, den Feind
so zu sagen erdrücken konnten. Sie waren es, die durch ihre Prahlereien von
"l95,000 wehrfähigen Romanen" in Wien zu der Täuschung Veranlassung gaben, man
hauche in Siebenbürgen keine Unterstützung mehr; kam es aber zum Schlagen, so
>parer wiederum sie es, die beim ersten Kanonenschuß das Weite suchten. In Er-
Tagung aller dieser Umstände drang die Bevölkerung von Hermannstadt und Kron¬
stäbe in den commandirenden General, seine Beistimmung zur Heibeirnfnng der
Bussen zu geben. Puchner, vom Ministerium ohne alle Instruktionen gelassen,
schwankte lange, die Russen wurden gerufen, und wieder abbestellt, bis endlich
großer Kriegsrath am 1. Febr. sich definitiv für den momentanen Einmarsch
derselben in Hermannstadt und Kronstäbe entschied. Pnchner ersuchte dem rus¬
sischen General Lüders um 6000 Mann für Kronstäbe und um 4000 Mann für
Hermannstadt. Bevor noch die Entscheidung des Kriegsraths in Kronstäbe ein-
treffen konnte, war die Stadt, deren Gebiet schon von 15,000 Szeklern war
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