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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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Dörfern bei Hermannstadt. Sein Nachtquartier nahm er siegestrunken beim säch¬
sischen Pfarrer in Großschcuern. "Morgen können Sie mich in Hermannstadt
sprechen, wenn sie sich etwas von mir zu erbitten haben," rief er zum Pfarrer,
als dieser spät Abends von ihm schied. Auch die Kossuth - Husaren ritten mit
brennender Cigarre ganz keck bis in die Nähe der Stadt, stoben jedoch bei dem
wohlgezielten Feuer der Bürgerwehr bald auseinander.

Voll Begeisterung harrten die Oestreicher des Kampfes und jauchzten einander
laut zu, als ihre Offiziere ihnen verkündigten, es werde kein Zeichen zum Rückzug
gegeben werden. Der Kampf erschien als ein äußerst schwieriger, denn obgleich
Tags zuvor Oberstlieutnant Losenau mit seiner Brigade herbeigeeilt war, so standen
dem 12,000 Mann starken Feind nur 4000 Oestreicher gegenüber. Die sächsische
Bürgerwehr von Hermannstadt, Medwisch, Heltau -- nahe an 3000 Mann --
wollte der Commandirende so viel als möglich schonen, wenn sie anch wie das
Militär vor den Feind geführt zu werden verlangte. -- Als am frühen Morgen
des 21. Januar der Feind in drei Colonnen auf Kauonenschußweite sich der
Stadt näherte, begann ein lebhaftes Kanonenseuer, worin der Feind, der weit
mehr und weit schwereres Geschütz hatte als Puchner, entschieden im Vortheil
war. Deshalb ließ Puchner den linken Flügel unter Losenau und das Centrum
unter General Kalliany einen Bajonnetangriff machen. Der Feind wich, versuchte
sich aus dein rechten Flügel, der mit Ausnahme einer Eskadron Dragoner nur
von sächsischer Bürgerwehr gebildet wurde, zu werfen, wurde aber von hier durch
deu Muth der Bürgerkauouiere und eiuer halben Batterie, die Losenau gerade im
entscheidenden Augenblicke zu Hilfe schickte, mit Verlust zurückgeschlagen. Nach
einem sicbenstündigeu mörderischen Kampf befand sich der Feind an allen Punkten
auf der Flucht und wurde von der Brigade Losenau bis Stolzenburg verfolgt.
5 Kanonen, 4 Munitionswagen und Waffen aller Art waren ihm abgenommen
worden.

Die Sicherheit der Stadt war durch diesen Sieg noch immer nicht gewähr¬
leistet. Bem lag mit seiner ganzen Macht in dem nur 2 Stunden entfernten
Stolzenburg, wo er sich in der Burg und auf deu Anhöhen ringsnm das Dorf
start verschanzte. Vereinigt mit F. M. L. Gedevn, der einen Tag nach der Schlacht
bei Hermannstadt eintraf, unternahm Puchner am 25. Jan. den Angriff auf Stol¬
zenburg. Allein nach kurzem Kampfe gelaugte er zur Ueberzeugung, daß die Ein¬
nahme der festen Stellung Beruf uur mit dem größten Verlust erfolgen könne;
unverrichteter Dinge kehrte er in seine frühere Stellung bei Hermannstadt zurück.
Während Bürger und Militär fortwährend von einem Hilfscorps aus dem Bannt
Rettung aus der bedrängten Lage erwarteten und sich mit dem Vordringen Schlicks
gegen die siebenbürgische Grenze trösteten, mußten sie ruhig zusehen, wie die
Bauschen Schaaren die Umgegend von Stolzenburg und deu ganzen medwischer
Stuhl brandschatzten und ausraubten, wie sie Tag für Tag viele Wagen, voll mit


Dörfern bei Hermannstadt. Sein Nachtquartier nahm er siegestrunken beim säch¬
sischen Pfarrer in Großschcuern. „Morgen können Sie mich in Hermannstadt
sprechen, wenn sie sich etwas von mir zu erbitten haben," rief er zum Pfarrer,
als dieser spät Abends von ihm schied. Auch die Kossuth - Husaren ritten mit
brennender Cigarre ganz keck bis in die Nähe der Stadt, stoben jedoch bei dem
wohlgezielten Feuer der Bürgerwehr bald auseinander.

Voll Begeisterung harrten die Oestreicher des Kampfes und jauchzten einander
laut zu, als ihre Offiziere ihnen verkündigten, es werde kein Zeichen zum Rückzug
gegeben werden. Der Kampf erschien als ein äußerst schwieriger, denn obgleich
Tags zuvor Oberstlieutnant Losenau mit seiner Brigade herbeigeeilt war, so standen
dem 12,000 Mann starken Feind nur 4000 Oestreicher gegenüber. Die sächsische
Bürgerwehr von Hermannstadt, Medwisch, Heltau — nahe an 3000 Mann —
wollte der Commandirende so viel als möglich schonen, wenn sie anch wie das
Militär vor den Feind geführt zu werden verlangte. — Als am frühen Morgen
des 21. Januar der Feind in drei Colonnen auf Kauonenschußweite sich der
Stadt näherte, begann ein lebhaftes Kanonenseuer, worin der Feind, der weit
mehr und weit schwereres Geschütz hatte als Puchner, entschieden im Vortheil
war. Deshalb ließ Puchner den linken Flügel unter Losenau und das Centrum
unter General Kalliany einen Bajonnetangriff machen. Der Feind wich, versuchte
sich aus dein rechten Flügel, der mit Ausnahme einer Eskadron Dragoner nur
von sächsischer Bürgerwehr gebildet wurde, zu werfen, wurde aber von hier durch
deu Muth der Bürgerkauouiere und eiuer halben Batterie, die Losenau gerade im
entscheidenden Augenblicke zu Hilfe schickte, mit Verlust zurückgeschlagen. Nach
einem sicbenstündigeu mörderischen Kampf befand sich der Feind an allen Punkten
auf der Flucht und wurde von der Brigade Losenau bis Stolzenburg verfolgt.
5 Kanonen, 4 Munitionswagen und Waffen aller Art waren ihm abgenommen
worden.

Die Sicherheit der Stadt war durch diesen Sieg noch immer nicht gewähr¬
leistet. Bem lag mit seiner ganzen Macht in dem nur 2 Stunden entfernten
Stolzenburg, wo er sich in der Burg und auf deu Anhöhen ringsnm das Dorf
start verschanzte. Vereinigt mit F. M. L. Gedevn, der einen Tag nach der Schlacht
bei Hermannstadt eintraf, unternahm Puchner am 25. Jan. den Angriff auf Stol¬
zenburg. Allein nach kurzem Kampfe gelaugte er zur Ueberzeugung, daß die Ein¬
nahme der festen Stellung Beruf uur mit dem größten Verlust erfolgen könne;
unverrichteter Dinge kehrte er in seine frühere Stellung bei Hermannstadt zurück.
Während Bürger und Militär fortwährend von einem Hilfscorps aus dem Bannt
Rettung aus der bedrängten Lage erwarteten und sich mit dem Vordringen Schlicks
gegen die siebenbürgische Grenze trösteten, mußten sie ruhig zusehen, wie die
Bauschen Schaaren die Umgegend von Stolzenburg und deu ganzen medwischer
Stuhl brandschatzten und ausraubten, wie sie Tag für Tag viele Wagen, voll mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/70>, abgerufen am 15.01.2025.