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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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mit 3000 Mann besetzt und General KMani und Oberstlieutncmt Losenau standen
in Karlsburg und Blasendorf. Auf diese Weise glaubte man gegen einen Einfall
ins Sachsenland geschützt zu sein.

Von Bem wußte man seit der Räumung Klausenburgs nichts mehr; man
wollte sich glauben machen, er habe Klausenburg verlassen, und sei nach Ungarn
zurückgekehrt. Pnchner beschloß Klansenburg anzugreifen. Schon einige Stunden
unterwegs, erfuhr er, Bem habe Bistritz genommen und eile nun über Sächsisch-
Neen gegen Vasarhely heran. Er verlegte darauf sein Hauptquartier uach Szene
Marton, allem Vasarhely, das nur vou vier Compagnien nnter Major Clocociau
besetzt war, mußte dennoch geräumt werde. Am 16. Januar wurde die Vorhut
Puchner's bei Galfalva mit überlegener Macht angegriffen und mit großem Verlust
ins Hauptquartier zurückgeworfen. Am folgenden Tage standen sich Puchner und
Bem zum ersten Male gegenüber. Bem war in jeder Beziehung der Ueberlegene;
er hatte 13,000 Mann mit 24 schweren Geschützen bei sich, während ihm Pnchner
nur 3000 Mann und 13 Geschütze meist Dreipfünder -- entgegenstellen konnte;
Bem war ein Wagehals, Puchner ein Zauberer. Zu einem eigentlichen Kampfe
kam es zwar nicht, obgleich sich die Heere fast den ganzen Tag gegenüberstanden,
aber die Kanonade war eine furchtbare und diese richtete bei der guten Bedienung
des feindlichen Geschützes unter den Oestreichern großen Schaden an. Dazu
wollte mau auch das Kommando Pnchner's nicht eben loben. Die Oestreicher ver¬
ließen in eiligster Flucht den Kampfplatz, gaben Medwisch, dessen Bürgerschaft das
Militär nicht zum Standhalten zu überreden vermochte, mit allen Gewehr-, Pul¬
ver- und Fruchtvorräthen dem Feinde preis und eilten fort, um Hermannstadt zu
decken. Medwisch, dessen Bnrgerwehr die Stadt zum größten Theile verlassen
und sich dem Militär angeschlossen hatte, wurde am 18. Januar von Bem besetzt
und erhielt nach dessen Vorrücken gegen Hermannstadt magyarische Besatzung.

Hermannstadt gerieth fast in Verzweiflung, als es die Truppen fliehend zu¬
rückkehren sah, und vernahm mit Entsetzen, Puchner habe anfänglich die Stadt
aufgeben, sich durch den Rückzug nach Talmatsch den Weg in die Wallachei sichern
wollen und sei erst durch den einstimmigen Ruf des ganzen Heeres, Hermannstadt
bis zum letzten Mann zu halten, zur Bestunung gebracht worden. Die Bevölke¬
rung machte sich auf's Aeußerste gefaßt, denn wehe der Stadt, wenn sie in die
Hände der racheschnaubenden Feinde fiel; Weiber und Kinder wurden größtentheils
über die Grenze geschafft, damit der Bürger mit desto geringerer Sorge auf dem
Kampfplatz weile. Puchuer suchte die zaghaften Gemüther mit Versprechungen
naher Hilfe zu ermuthigen und forderte Jedermann, der eine Waffe tragen könne,
Zum Kampfe auf. Bein verlangte vom Magistrat die Uebergabe der Stadt, sonst
werde er sie schleifen lassen; da gestand Pnchner selbst ein, er könne der Stadt keinen
sichern Schutz gewährleisten und ließ dem Magistrat völlig freie Wahl. Die Ueber¬
gabe wurde verworfen. Schon am 2V. Januar Abends stand Bem in den nächsten


Grenzboten. II. Is"". 9

mit 3000 Mann besetzt und General KMani und Oberstlieutncmt Losenau standen
in Karlsburg und Blasendorf. Auf diese Weise glaubte man gegen einen Einfall
ins Sachsenland geschützt zu sein.

Von Bem wußte man seit der Räumung Klausenburgs nichts mehr; man
wollte sich glauben machen, er habe Klausenburg verlassen, und sei nach Ungarn
zurückgekehrt. Pnchner beschloß Klansenburg anzugreifen. Schon einige Stunden
unterwegs, erfuhr er, Bem habe Bistritz genommen und eile nun über Sächsisch-
Neen gegen Vasarhely heran. Er verlegte darauf sein Hauptquartier uach Szene
Marton, allem Vasarhely, das nur vou vier Compagnien nnter Major Clocociau
besetzt war, mußte dennoch geräumt werde. Am 16. Januar wurde die Vorhut
Puchner's bei Galfalva mit überlegener Macht angegriffen und mit großem Verlust
ins Hauptquartier zurückgeworfen. Am folgenden Tage standen sich Puchner und
Bem zum ersten Male gegenüber. Bem war in jeder Beziehung der Ueberlegene;
er hatte 13,000 Mann mit 24 schweren Geschützen bei sich, während ihm Pnchner
nur 3000 Mann und 13 Geschütze meist Dreipfünder — entgegenstellen konnte;
Bem war ein Wagehals, Puchner ein Zauberer. Zu einem eigentlichen Kampfe
kam es zwar nicht, obgleich sich die Heere fast den ganzen Tag gegenüberstanden,
aber die Kanonade war eine furchtbare und diese richtete bei der guten Bedienung
des feindlichen Geschützes unter den Oestreichern großen Schaden an. Dazu
wollte mau auch das Kommando Pnchner's nicht eben loben. Die Oestreicher ver¬
ließen in eiligster Flucht den Kampfplatz, gaben Medwisch, dessen Bürgerschaft das
Militär nicht zum Standhalten zu überreden vermochte, mit allen Gewehr-, Pul¬
ver- und Fruchtvorräthen dem Feinde preis und eilten fort, um Hermannstadt zu
decken. Medwisch, dessen Bnrgerwehr die Stadt zum größten Theile verlassen
und sich dem Militär angeschlossen hatte, wurde am 18. Januar von Bem besetzt
und erhielt nach dessen Vorrücken gegen Hermannstadt magyarische Besatzung.

Hermannstadt gerieth fast in Verzweiflung, als es die Truppen fliehend zu¬
rückkehren sah, und vernahm mit Entsetzen, Puchner habe anfänglich die Stadt
aufgeben, sich durch den Rückzug nach Talmatsch den Weg in die Wallachei sichern
wollen und sei erst durch den einstimmigen Ruf des ganzen Heeres, Hermannstadt
bis zum letzten Mann zu halten, zur Bestunung gebracht worden. Die Bevölke¬
rung machte sich auf's Aeußerste gefaßt, denn wehe der Stadt, wenn sie in die
Hände der racheschnaubenden Feinde fiel; Weiber und Kinder wurden größtentheils
über die Grenze geschafft, damit der Bürger mit desto geringerer Sorge auf dem
Kampfplatz weile. Puchuer suchte die zaghaften Gemüther mit Versprechungen
naher Hilfe zu ermuthigen und forderte Jedermann, der eine Waffe tragen könne,
Zum Kampfe auf. Bein verlangte vom Magistrat die Uebergabe der Stadt, sonst
werde er sie schleifen lassen; da gestand Pnchner selbst ein, er könne der Stadt keinen
sichern Schutz gewährleisten und ließ dem Magistrat völlig freie Wahl. Die Ueber¬
gabe wurde verworfen. Schon am 2V. Januar Abends stand Bem in den nächsten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/69>, abgerufen am 15.01.2025.