Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.über die ganze Erde Cultur zu verbreiten, in dieser Hinsicht gar wenig, um so Wenn sich der Nationalökonom, namentlich in neuester Zeit, mit tiefer Be¬ Aber so schön auch diese Aussicht sich dem oberflächlichen Blick darstellt, so über die ganze Erde Cultur zu verbreiten, in dieser Hinsicht gar wenig, um so Wenn sich der Nationalökonom, namentlich in neuester Zeit, mit tiefer Be¬ Aber so schön auch diese Aussicht sich dem oberflächlichen Blick darstellt, so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0057" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278567"/> <p xml:id="ID_169" prev="#ID_168"> über die ganze Erde Cultur zu verbreiten, in dieser Hinsicht gar wenig, um so<lb/> weniger, als es die Eigenschaft der deutschen mehr wie jeder andern Nationalität<lb/> zu sein scheint, mit fremden Elementen sehr leicht in einen neuen Stamm zu zer¬<lb/> fließen.</p><lb/> <p xml:id="ID_170"> Wenn sich der Nationalökonom, namentlich in neuester Zeit, mit tiefer Be¬<lb/> trübniß eingestehen mußte, daß das Uebel der Auswanderung schon so viel kräf¬<lb/> tiges Mark im Staatskörper zerstört hat, daß es die höchste Zeit ist, es in irgend<lb/> einer Weise unschädlicher zu machen — so richtete sich ganz besonders sein Augen¬<lb/> merk aus die hochwichtige Möglichkeit einer Auswanderung und Kolonisation im<lb/> Inland, d. h. in Deutschland. Ein forschender Blick auf die Karte wird aller¬<lb/> dings den Gedanken einer solchen lebhast unterstützen. Im Süden unseres Ba¬<lb/> terlandes sind die großen Donaumoore einer Austrocknung und Cultivirung fähig,<lb/> und würden dann vielen Tausenden neuen Boden darbieten — (von den außer-<lb/> deutschen Ländern, Ungarn, der Walachei:c. reden wir hier um so weniger, als<lb/> es einem Sachkundigen vorbehalten ist, über deren Kolonisation in diesen Blättern<lb/> zu berichten) auch das"große Lcchfeld in Baiern vermöchte wenigstens eine dop¬<lb/> pelte Bevölkerung ausreichend zu nähren. Im Westen sind die Haiden und<lb/> Sandländer Hannovers und Oldenburgs an vielen Stellen so ertragsfähig, daß<lb/> manches neue Dorf dort erstehen könnte; abgesehen von der theilweisen Urbarfä¬<lb/> higkeit dieser öden Districte durch künstliche Mittel, z. B. artesische Brunnen u. tgi.,<lb/> welche wenigstens des Versuches werth wären. Auch im Eifelgcbirg längs deS<lb/> Rheins mag noch mancher fleißige Mann ein nährendes Plätzchen finden. Aber<lb/> alle diese Gegenden sind von geringem Belang, verglichen mit den ungeheuern<lb/> Strecken, welche in Pommern, mehr aber in Ost- und Westpreußen, theils als<lb/> Haideland, theils als unnützer, sich gar nicht rentirender Wald, theils als Moore<lb/> oder Wüstungen des Pfluges und Säcmanns harren. Dort ist der Punkt, wel¬<lb/> cher vor Allein in's Ange gefaßt werden muß, wenn von Kolonisation die Rede<lb/> ist. Versuche sind da schon vielfach gemacht worden. In Hinterpommern sind vor<lb/> Mehr als einem Jahrhundert Pfälzer und Salzburger eingewandert, deren Kolo¬<lb/> nien noch heute bestehen, wenn gleich nicht alle in demselben Wohlstand. Im<lb/> Großherzogthum Posen findet sich ebenfalls eine beträchtliche Anzahl von Kolonien,<lb/> nnter ihnen die sehr bekannte auf der Domäne Flatow; in Litthauen sind die mei¬<lb/> sten Flußniederungen von Salzburgeru, Pfälzern und Elsässcrn beurbart worden;<lb/> Noch vor wenigen Jahren hat die preußische Regierung in Nolhfließ einen Colo-<lb/> Nisatiousversnch mit hessischen Bauern ausgeführt, der bis heute außerordentlich<lb/> gelungen scheint. Und noch viele hunderttausend Morgen liegen in jenen Ländern<lb/> unbenutzt! Dorthin also müßte sich der Strom der Auswanderung im Irland vor<lb/> allen Dingen richten.</p><lb/> <p xml:id="ID_171" next="#ID_172"> Aber so schön auch diese Aussicht sich dem oberflächlichen Blick darstellt, so<lb/> viele Bedenken erheben sich wieder gegen die Möglichkeit und den erwarteten Ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0057]
über die ganze Erde Cultur zu verbreiten, in dieser Hinsicht gar wenig, um so
weniger, als es die Eigenschaft der deutschen mehr wie jeder andern Nationalität
zu sein scheint, mit fremden Elementen sehr leicht in einen neuen Stamm zu zer¬
fließen.
Wenn sich der Nationalökonom, namentlich in neuester Zeit, mit tiefer Be¬
trübniß eingestehen mußte, daß das Uebel der Auswanderung schon so viel kräf¬
tiges Mark im Staatskörper zerstört hat, daß es die höchste Zeit ist, es in irgend
einer Weise unschädlicher zu machen — so richtete sich ganz besonders sein Augen¬
merk aus die hochwichtige Möglichkeit einer Auswanderung und Kolonisation im
Inland, d. h. in Deutschland. Ein forschender Blick auf die Karte wird aller¬
dings den Gedanken einer solchen lebhast unterstützen. Im Süden unseres Ba¬
terlandes sind die großen Donaumoore einer Austrocknung und Cultivirung fähig,
und würden dann vielen Tausenden neuen Boden darbieten — (von den außer-
deutschen Ländern, Ungarn, der Walachei:c. reden wir hier um so weniger, als
es einem Sachkundigen vorbehalten ist, über deren Kolonisation in diesen Blättern
zu berichten) auch das"große Lcchfeld in Baiern vermöchte wenigstens eine dop¬
pelte Bevölkerung ausreichend zu nähren. Im Westen sind die Haiden und
Sandländer Hannovers und Oldenburgs an vielen Stellen so ertragsfähig, daß
manches neue Dorf dort erstehen könnte; abgesehen von der theilweisen Urbarfä¬
higkeit dieser öden Districte durch künstliche Mittel, z. B. artesische Brunnen u. tgi.,
welche wenigstens des Versuches werth wären. Auch im Eifelgcbirg längs deS
Rheins mag noch mancher fleißige Mann ein nährendes Plätzchen finden. Aber
alle diese Gegenden sind von geringem Belang, verglichen mit den ungeheuern
Strecken, welche in Pommern, mehr aber in Ost- und Westpreußen, theils als
Haideland, theils als unnützer, sich gar nicht rentirender Wald, theils als Moore
oder Wüstungen des Pfluges und Säcmanns harren. Dort ist der Punkt, wel¬
cher vor Allein in's Ange gefaßt werden muß, wenn von Kolonisation die Rede
ist. Versuche sind da schon vielfach gemacht worden. In Hinterpommern sind vor
Mehr als einem Jahrhundert Pfälzer und Salzburger eingewandert, deren Kolo¬
nien noch heute bestehen, wenn gleich nicht alle in demselben Wohlstand. Im
Großherzogthum Posen findet sich ebenfalls eine beträchtliche Anzahl von Kolonien,
nnter ihnen die sehr bekannte auf der Domäne Flatow; in Litthauen sind die mei¬
sten Flußniederungen von Salzburgeru, Pfälzern und Elsässcrn beurbart worden;
Noch vor wenigen Jahren hat die preußische Regierung in Nolhfließ einen Colo-
Nisatiousversnch mit hessischen Bauern ausgeführt, der bis heute außerordentlich
gelungen scheint. Und noch viele hunderttausend Morgen liegen in jenen Ländern
unbenutzt! Dorthin also müßte sich der Strom der Auswanderung im Irland vor
allen Dingen richten.
Aber so schön auch diese Aussicht sich dem oberflächlichen Blick darstellt, so
viele Bedenken erheben sich wieder gegen die Möglichkeit und den erwarteten Ge-
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