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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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land soll es sein, sondern das ganze Mitteleuropa und ein Stück Asien obendrein.
Nicht blos das ganze Oestreich, sondern auch das ganze Rußland gehört zum
deutscheu Staatenbunde.

Also stellen Sie das Haus Wittelsbach wie ein frommes Marienbild in den
Schatten der mitteleuropäischen Bundesreiche und es ist für ewige Zeiten vor dem
Blitzstrahl der Revolution geschützt, vor Hagelschlag, Markfäule und Mediatisirmig.
Auch das bairische Volk und das deutsche Volk gelangen dadurch zur ewigen
Ruhe. Amen!

Herr v. d. Pfordten, der bairische Minister, soll 14 Tage hier bleiben; es
gibt also bedeutende Arbeit. Die Herrn stricken an einem großdentschen schwarz-
gelbgoldenen Baude, welches über deu Wittelsbacher Wipfel hinweg um den Zäh-
ringer Fürsteustamm sich schlingen soll. Wenn nur die Würtenberger nicht so
verteufelt gescheidt und wenn die Nentlinger Demokraten etwas lustiger wären.
Die Rothen hat man hier sehr lieb; "die sind doch offen und ehrlich", sagt man.
Struve und Blind haben für Großdeutschlaud gewirkt; einem Koujon, wie der
Römer in Stuttgart, kann man nicht zu Leibe, und er macht Einem das Leben
so sauer wie früher Gagern. --

-Pfordten ist ein Biedermann, der als Leipziger Professor Juris, für mehr
als römisches Recht geglüht hat und zu Norge's Zeiten gegen die Ultramontanen
das Schwert ziehen wollte. An den Deutschkatholiken gefiel ihm das Wörtchen
"deutsch"; mit den Ultramontanen versöhnt ihn das großmäulige Wort "groß-
deutsche." Ans dem Professor ist ein Minister geworden, aber den Umgang mit
Diplomaten hat er im Ministerium Oberländer schwerlich zu lernen Gelegenheit
gehabt. Pfordten wird Niemanden für einen Diplomaten halten, der lieber Bier
als Thee trinkt, einen guten Händedruck verführt und ein gemüthliches Lächeln
im Gesicht hat. Hamlet's Wort, "eine " in-in in"^ finito, a"et finito, und do a
sah......." wird theoretisch leichter beherzigt als praktisch. Der Umgang mit
Professoren ist dagegen für den gewöhnlichsten Diplomaten Kleinigkeit. Ich
wünsche, mich zu irren, allem ich fürchte, der biedere Pfordten ist leicht zu be¬
stechen, wen" mau sich an die Großmuth seines guten deutschen Herzens wendet
und dazu ein recht undiplomatisches einfältiges Gesicht macht. Letzteres wird dem
Fürsten Schwarzenberg nicht schwer fallen.

Lieber Pfordten, wird er collegialisch beginnen, Sie sind unser Nothanker,
Sie werden das Deutschthum in Oestreich retten. Die preußische Intrigue hat
uns Rußland in die Arme geworfen. Europa weiß, wie uns das Herz dabei
blutet, obgleich wir bei näherer Bekanntschaft mit dem Czaren gesunden haben,
daß er deu Ideen deutscher Bildung in der That nicht mehr seind ist, als wir
selbst. N-us, vous s-ive? Ja tvrcs ach elosch. .. Haben Sie nicht selbst in
Ihrer echtdentschen meisterhaften Kammerrede schlagend nachgewiesen, daß nur das
deutsche Principal uns vor dem slavischen Fatum bewahren kann? Ich versichere,


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land soll es sein, sondern das ganze Mitteleuropa und ein Stück Asien obendrein.
Nicht blos das ganze Oestreich, sondern auch das ganze Rußland gehört zum
deutscheu Staatenbunde.

Also stellen Sie das Haus Wittelsbach wie ein frommes Marienbild in den
Schatten der mitteleuropäischen Bundesreiche und es ist für ewige Zeiten vor dem
Blitzstrahl der Revolution geschützt, vor Hagelschlag, Markfäule und Mediatisirmig.
Auch das bairische Volk und das deutsche Volk gelangen dadurch zur ewigen
Ruhe. Amen!

Herr v. d. Pfordten, der bairische Minister, soll 14 Tage hier bleiben; es
gibt also bedeutende Arbeit. Die Herrn stricken an einem großdentschen schwarz-
gelbgoldenen Baude, welches über deu Wittelsbacher Wipfel hinweg um den Zäh-
ringer Fürsteustamm sich schlingen soll. Wenn nur die Würtenberger nicht so
verteufelt gescheidt und wenn die Nentlinger Demokraten etwas lustiger wären.
Die Rothen hat man hier sehr lieb; „die sind doch offen und ehrlich", sagt man.
Struve und Blind haben für Großdeutschlaud gewirkt; einem Koujon, wie der
Römer in Stuttgart, kann man nicht zu Leibe, und er macht Einem das Leben
so sauer wie früher Gagern. —

-Pfordten ist ein Biedermann, der als Leipziger Professor Juris, für mehr
als römisches Recht geglüht hat und zu Norge's Zeiten gegen die Ultramontanen
das Schwert ziehen wollte. An den Deutschkatholiken gefiel ihm das Wörtchen
„deutsch"; mit den Ultramontanen versöhnt ihn das großmäulige Wort „groß-
deutsche." Ans dem Professor ist ein Minister geworden, aber den Umgang mit
Diplomaten hat er im Ministerium Oberländer schwerlich zu lernen Gelegenheit
gehabt. Pfordten wird Niemanden für einen Diplomaten halten, der lieber Bier
als Thee trinkt, einen guten Händedruck verführt und ein gemüthliches Lächeln
im Gesicht hat. Hamlet's Wort, „eine » in-in in»^ finito, a»et finito, und do a
sah......." wird theoretisch leichter beherzigt als praktisch. Der Umgang mit
Professoren ist dagegen für den gewöhnlichsten Diplomaten Kleinigkeit. Ich
wünsche, mich zu irren, allem ich fürchte, der biedere Pfordten ist leicht zu be¬
stechen, wen» mau sich an die Großmuth seines guten deutschen Herzens wendet
und dazu ein recht undiplomatisches einfältiges Gesicht macht. Letzteres wird dem
Fürsten Schwarzenberg nicht schwer fallen.

Lieber Pfordten, wird er collegialisch beginnen, Sie sind unser Nothanker,
Sie werden das Deutschthum in Oestreich retten. Die preußische Intrigue hat
uns Rußland in die Arme geworfen. Europa weiß, wie uns das Herz dabei
blutet, obgleich wir bei näherer Bekanntschaft mit dem Czaren gesunden haben,
daß er deu Ideen deutscher Bildung in der That nicht mehr seind ist, als wir
selbst. N-us, vous s-ive? Ja tvrcs ach elosch. .. Haben Sie nicht selbst in
Ihrer echtdentschen meisterhaften Kammerrede schlagend nachgewiesen, daß nur das
deutsche Principal uns vor dem slavischen Fatum bewahren kann? Ich versichere,


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[0507] land soll es sein, sondern das ganze Mitteleuropa und ein Stück Asien obendrein. Nicht blos das ganze Oestreich, sondern auch das ganze Rußland gehört zum deutscheu Staatenbunde. Also stellen Sie das Haus Wittelsbach wie ein frommes Marienbild in den Schatten der mitteleuropäischen Bundesreiche und es ist für ewige Zeiten vor dem Blitzstrahl der Revolution geschützt, vor Hagelschlag, Markfäule und Mediatisirmig. Auch das bairische Volk und das deutsche Volk gelangen dadurch zur ewigen Ruhe. Amen! Herr v. d. Pfordten, der bairische Minister, soll 14 Tage hier bleiben; es gibt also bedeutende Arbeit. Die Herrn stricken an einem großdentschen schwarz- gelbgoldenen Baude, welches über deu Wittelsbacher Wipfel hinweg um den Zäh- ringer Fürsteustamm sich schlingen soll. Wenn nur die Würtenberger nicht so verteufelt gescheidt und wenn die Nentlinger Demokraten etwas lustiger wären. Die Rothen hat man hier sehr lieb; „die sind doch offen und ehrlich", sagt man. Struve und Blind haben für Großdeutschlaud gewirkt; einem Koujon, wie der Römer in Stuttgart, kann man nicht zu Leibe, und er macht Einem das Leben so sauer wie früher Gagern. — -Pfordten ist ein Biedermann, der als Leipziger Professor Juris, für mehr als römisches Recht geglüht hat und zu Norge's Zeiten gegen die Ultramontanen das Schwert ziehen wollte. An den Deutschkatholiken gefiel ihm das Wörtchen „deutsch"; mit den Ultramontanen versöhnt ihn das großmäulige Wort „groß- deutsche." Ans dem Professor ist ein Minister geworden, aber den Umgang mit Diplomaten hat er im Ministerium Oberländer schwerlich zu lernen Gelegenheit gehabt. Pfordten wird Niemanden für einen Diplomaten halten, der lieber Bier als Thee trinkt, einen guten Händedruck verführt und ein gemüthliches Lächeln im Gesicht hat. Hamlet's Wort, „eine » in-in in»^ finito, a»et finito, und do a sah......." wird theoretisch leichter beherzigt als praktisch. Der Umgang mit Professoren ist dagegen für den gewöhnlichsten Diplomaten Kleinigkeit. Ich wünsche, mich zu irren, allem ich fürchte, der biedere Pfordten ist leicht zu be¬ stechen, wen» mau sich an die Großmuth seines guten deutschen Herzens wendet und dazu ein recht undiplomatisches einfältiges Gesicht macht. Letzteres wird dem Fürsten Schwarzenberg nicht schwer fallen. Lieber Pfordten, wird er collegialisch beginnen, Sie sind unser Nothanker, Sie werden das Deutschthum in Oestreich retten. Die preußische Intrigue hat uns Rußland in die Arme geworfen. Europa weiß, wie uns das Herz dabei blutet, obgleich wir bei näherer Bekanntschaft mit dem Czaren gesunden haben, daß er deu Ideen deutscher Bildung in der That nicht mehr seind ist, als wir selbst. N-us, vous s-ive? Ja tvrcs ach elosch. .. Haben Sie nicht selbst in Ihrer echtdentschen meisterhaften Kammerrede schlagend nachgewiesen, daß nur das deutsche Principal uns vor dem slavischen Fatum bewahren kann? Ich versichere, 64*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/507>, abgerufen am 15.01.2025.