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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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gesehen, der obligate rothe Mantel, die Kappe, die rothe mit einer Unzahl von
Bleiknöpfen verzierte Weste, hauptsächlich aber die Bewaffnung, die lange Flinte,
der haarscharfe Handzar und zwei Pistolen machen den Serezaner. Das Sereza-
uerkorps ist gewissermaßen die Elite der Grenze: die schönsten, kräftigsten, best¬
verhaltenen Männer werden dazu ausgehoben, welche in eigener Kleidung und ei¬
genen Waffen ohne anderes Entgeld den beschwerlichen Cvrdonsdienst verrichten,
uur daß ihr Haus und Hof Steuer- und abgabenfrei bleibt.

In der Litt'a herrschen zwei Confessionen in ziemlich gleichem Verhältniß, die
katholische und die griechische nicht unirte. Die Sprache ist die serbische und wird
äußerst rein gesprochen. Für Volksbildung hat die Militärregierung der Litla,
welche in der Stabsstadt Gospic ihren Sitz hat, wenig gethan, die nationalen
Schulen sind im Zustande trauriger Verwahrlosung; besser eingerichtet, dagegen
unbeliebt und von wenigem Nutzen sind die deutschen Kompagnieschuleu. Der
Littauer ist im Allgemeinen bildungsfähig, begreift sehr schnell und hat großen
Hang zu nationale", besonders historischen Poesien, welche gleichwie bei den Ser¬
ben zur Guöle abgesungen werden. Die Litla dürfte noch immer eine ergiebige
Fundgrube für noch unedirte, herrliche Volkspvesten abgeben. Andreas Kabale
und Vuk Stcfanovic haben hier mit Erfolg geschöpft. --




Briefe eines deutschen Reisenden.

Glück auf! die russische Allianz schlägt hier zusehends tiefere Wurzeln und
wächst mit Gottes Hilfe zu einem ehrwürdigen, weitschallenden Baum; bald über¬
hängen seine Zweige den östreichischen Zaun und werfen auch dem guten deutschen
Reich einige Forderungen fauler Aepfel in den Schooß.

Willkommen, Prinz Luitpold, willkommen, Herr v. der Pfordten in Wien!
Sie werden sich überzeugt haben, daß Oestreich von Nikolai's Gnaden wieder
faktisch und rechtlich die erste deutsche Macht ist. Herr d'Aspre spaziert " !a
Hohenstaufen durch Welschland und ein Feldmarschall-Lieutenant Schwarzenberg
marschirt mit 2l>,000 Mann nach Baden, ein Beweis, daß "die östreichische Re¬
gierung den deutschen Zuständen wieder ihre Aufmerksamkeit scheuten kann." Oest¬
reich erklärt die Wahrung des Buudesfriedeus für seiue Sache, oder für Sache
der Centralgewalt, was gleichbedeutend ist. Oestreich ist aus Deutschland nicht
herausvctroyirt. Gottlob! Die Großdeutschen haben gesiegt und wie gesiegt? Ich
fürchte, daß sie unter der Last ihrer Lorbeeren erliegen. Nicht lar das ganze Deutsch-


gesehen, der obligate rothe Mantel, die Kappe, die rothe mit einer Unzahl von
Bleiknöpfen verzierte Weste, hauptsächlich aber die Bewaffnung, die lange Flinte,
der haarscharfe Handzar und zwei Pistolen machen den Serezaner. Das Sereza-
uerkorps ist gewissermaßen die Elite der Grenze: die schönsten, kräftigsten, best¬
verhaltenen Männer werden dazu ausgehoben, welche in eigener Kleidung und ei¬
genen Waffen ohne anderes Entgeld den beschwerlichen Cvrdonsdienst verrichten,
uur daß ihr Haus und Hof Steuer- und abgabenfrei bleibt.

In der Litt'a herrschen zwei Confessionen in ziemlich gleichem Verhältniß, die
katholische und die griechische nicht unirte. Die Sprache ist die serbische und wird
äußerst rein gesprochen. Für Volksbildung hat die Militärregierung der Litla,
welche in der Stabsstadt Gospic ihren Sitz hat, wenig gethan, die nationalen
Schulen sind im Zustande trauriger Verwahrlosung; besser eingerichtet, dagegen
unbeliebt und von wenigem Nutzen sind die deutschen Kompagnieschuleu. Der
Littauer ist im Allgemeinen bildungsfähig, begreift sehr schnell und hat großen
Hang zu nationale», besonders historischen Poesien, welche gleichwie bei den Ser¬
ben zur Guöle abgesungen werden. Die Litla dürfte noch immer eine ergiebige
Fundgrube für noch unedirte, herrliche Volkspvesten abgeben. Andreas Kabale
und Vuk Stcfanovic haben hier mit Erfolg geschöpft. —




Briefe eines deutschen Reisenden.

Glück auf! die russische Allianz schlägt hier zusehends tiefere Wurzeln und
wächst mit Gottes Hilfe zu einem ehrwürdigen, weitschallenden Baum; bald über¬
hängen seine Zweige den östreichischen Zaun und werfen auch dem guten deutschen
Reich einige Forderungen fauler Aepfel in den Schooß.

Willkommen, Prinz Luitpold, willkommen, Herr v. der Pfordten in Wien!
Sie werden sich überzeugt haben, daß Oestreich von Nikolai's Gnaden wieder
faktisch und rechtlich die erste deutsche Macht ist. Herr d'Aspre spaziert » !a
Hohenstaufen durch Welschland und ein Feldmarschall-Lieutenant Schwarzenberg
marschirt mit 2l>,000 Mann nach Baden, ein Beweis, daß „die östreichische Re¬
gierung den deutschen Zuständen wieder ihre Aufmerksamkeit scheuten kann." Oest¬
reich erklärt die Wahrung des Buudesfriedeus für seiue Sache, oder für Sache
der Centralgewalt, was gleichbedeutend ist. Oestreich ist aus Deutschland nicht
herausvctroyirt. Gottlob! Die Großdeutschen haben gesiegt und wie gesiegt? Ich
fürchte, daß sie unter der Last ihrer Lorbeeren erliegen. Nicht lar das ganze Deutsch-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/506>, abgerufen am 15.01.2025.