Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ereignissen auf eine bedauerliche Weise ausgesetzt. Die angrenzenden böhmischen
Hochgebirge, das morlachische Gebirge an der dalmatinischen Grenze und die kreuz
unb quer durch das Ländchen gehenden Stöcke und Ausläufer des Chemer-
uicza und Kapcllagebirges machen das Klima rauh, hemmen halbe Jahre lang die
Communication und suchen die wenigen fruchtbaren Thäler zu ihren Füßen mit
Überschwemmungen nud Lawinenstürzen heim. Die Litla hat freilich nur zwei
bedeutendere Flüsse, die Unna und die Korbava, doch gibt es eine Masse kleiner
Bäche mit ganz unbedeutenden Quellen, welche durch Schnee und Regen aufge¬
schwemmt, unendlich schädlich und gefährlich werden können. Diese kleinen Bäche
vermögen in angeschwollenem Zustande schone Strecken urbaren Landes zu versan¬
den, sie schwemmen die fruchtbare, oft mit unbeschreiblicher Mühe und großem
Kunstfleiß aufgeführte Dammerde von den Hügeln und Gebirgsplateaus und ver¬
nichten so in wenigen Stunden die Anstrengung und die Kosten vieler Jahre.

Der erste Hauptfluß, die Unna, entspringt an der Basis des Chermernicza-
gebirges aus einem kaum zugänglichen Felsenkessel und wirst sich in jähem Sturze
wohl 50 Klaftern von den Gebirqsklippen herab, wasserreich genug, um unfern
ihres Ursprungs ziemlich große Fahrzeuge tragen zu können. In ihrem näch¬
sten Fortlauf bildet sie theilweise die natürliche Grenzscheide mit der Türkei,
was besonders bei dem Umstände, daß sie mit rapider Schnelligkeit strömend
nur äußerst selten zufriert, den Cordonsdienst der Lithauer ungemein erleichtern
hilft. Unangenehmer macht sich die zweite Wasserader der Litla ihren Anwoh¬
nern, die Korbava. Bei Vissnc entspringend und durch die Vereinigung mit dem
grünwässrigen Pcciuabache verstärkt, verliert sie sich bei Herksic in tiefe Erdschlünde,
und sehr häufig geschieht eS, daß bei dem Anschwellen der Korbava sich die Herk-
sicer MüudnngSft kunde verstopfen und das in größere" Massen zuströmende Was¬
ser nicht mehr aufnehmen können; dann bildet sich in wenigen Tagen ein förmli¬
cher See voir einer Tiefe mehrerer Klaftern, der oft einige Jahre lang liegen
bleibt, bis sich die Schlünde von Herksic endlich durch den Druck der Wasser wie
von selbst öffnen.

Bei einer dergestalten Beschaffenheit des Bodens muß der Fruchtertrag ge¬
ringfügig ausfallen, so zwar, daß nur die Zuschüsse ans den k. k. Aercuialgetrei-
dcmagcizinen in minder ergiebigen Jahren den armen Grenzer der Litla vor der
bittersten Noth, ja vor dem Hungertode zu schützen vermögen. Hafer ist das
Hanpterträgniß der magern, schwer zu kultivierenden Ackerboden; aus Hafermehl
bereitet der Littauer seine gewöhnlichste Speise, die Pogacza, - - ein dünner, un--
gegohrner Brotteig, über Kohlen oder in heißer Asche gebacken. Roggen gibt die
Litla sehr wenig, dafür etwas mehr Waizen, und dieser ist auffallender Weise
trotz des schlechten Ackerlandes und des ungünstigen Klima's besonders schön, rei¬
ner, sogar schwerer und ergiebiger als jener, welchen die hochgepriesene Korn¬
kammer Ungarns, das gesegnete Banat, hervorbringt. Da nun die Früchte nicht


ereignissen auf eine bedauerliche Weise ausgesetzt. Die angrenzenden böhmischen
Hochgebirge, das morlachische Gebirge an der dalmatinischen Grenze und die kreuz
unb quer durch das Ländchen gehenden Stöcke und Ausläufer des Chemer-
uicza und Kapcllagebirges machen das Klima rauh, hemmen halbe Jahre lang die
Communication und suchen die wenigen fruchtbaren Thäler zu ihren Füßen mit
Überschwemmungen nud Lawinenstürzen heim. Die Litla hat freilich nur zwei
bedeutendere Flüsse, die Unna und die Korbava, doch gibt es eine Masse kleiner
Bäche mit ganz unbedeutenden Quellen, welche durch Schnee und Regen aufge¬
schwemmt, unendlich schädlich und gefährlich werden können. Diese kleinen Bäche
vermögen in angeschwollenem Zustande schone Strecken urbaren Landes zu versan¬
den, sie schwemmen die fruchtbare, oft mit unbeschreiblicher Mühe und großem
Kunstfleiß aufgeführte Dammerde von den Hügeln und Gebirgsplateaus und ver¬
nichten so in wenigen Stunden die Anstrengung und die Kosten vieler Jahre.

Der erste Hauptfluß, die Unna, entspringt an der Basis des Chermernicza-
gebirges aus einem kaum zugänglichen Felsenkessel und wirst sich in jähem Sturze
wohl 50 Klaftern von den Gebirqsklippen herab, wasserreich genug, um unfern
ihres Ursprungs ziemlich große Fahrzeuge tragen zu können. In ihrem näch¬
sten Fortlauf bildet sie theilweise die natürliche Grenzscheide mit der Türkei,
was besonders bei dem Umstände, daß sie mit rapider Schnelligkeit strömend
nur äußerst selten zufriert, den Cordonsdienst der Lithauer ungemein erleichtern
hilft. Unangenehmer macht sich die zweite Wasserader der Litla ihren Anwoh¬
nern, die Korbava. Bei Vissnc entspringend und durch die Vereinigung mit dem
grünwässrigen Pcciuabache verstärkt, verliert sie sich bei Herksic in tiefe Erdschlünde,
und sehr häufig geschieht eS, daß bei dem Anschwellen der Korbava sich die Herk-
sicer MüudnngSft kunde verstopfen und das in größere» Massen zuströmende Was¬
ser nicht mehr aufnehmen können; dann bildet sich in wenigen Tagen ein förmli¬
cher See voir einer Tiefe mehrerer Klaftern, der oft einige Jahre lang liegen
bleibt, bis sich die Schlünde von Herksic endlich durch den Druck der Wasser wie
von selbst öffnen.

Bei einer dergestalten Beschaffenheit des Bodens muß der Fruchtertrag ge¬
ringfügig ausfallen, so zwar, daß nur die Zuschüsse ans den k. k. Aercuialgetrei-
dcmagcizinen in minder ergiebigen Jahren den armen Grenzer der Litla vor der
bittersten Noth, ja vor dem Hungertode zu schützen vermögen. Hafer ist das
Hanpterträgniß der magern, schwer zu kultivierenden Ackerboden; aus Hafermehl
bereitet der Littauer seine gewöhnlichste Speise, die Pogacza, - - ein dünner, un--
gegohrner Brotteig, über Kohlen oder in heißer Asche gebacken. Roggen gibt die
Litla sehr wenig, dafür etwas mehr Waizen, und dieser ist auffallender Weise
trotz des schlechten Ackerlandes und des ungünstigen Klima's besonders schön, rei¬
ner, sogar schwerer und ergiebiger als jener, welchen die hochgepriesene Korn¬
kammer Ungarns, das gesegnete Banat, hervorbringt. Da nun die Früchte nicht


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279014"/>
          <p xml:id="ID_1657" prev="#ID_1656"> ereignissen auf eine bedauerliche Weise ausgesetzt. Die angrenzenden böhmischen<lb/>
Hochgebirge, das morlachische Gebirge an der dalmatinischen Grenze und die kreuz<lb/>
unb quer durch das Ländchen gehenden Stöcke und Ausläufer des Chemer-<lb/>
uicza und Kapcllagebirges machen das Klima rauh, hemmen halbe Jahre lang die<lb/>
Communication und suchen die wenigen fruchtbaren Thäler zu ihren Füßen mit<lb/>
Überschwemmungen nud Lawinenstürzen heim. Die Litla hat freilich nur zwei<lb/>
bedeutendere Flüsse, die Unna und die Korbava, doch gibt es eine Masse kleiner<lb/>
Bäche mit ganz unbedeutenden Quellen, welche durch Schnee und Regen aufge¬<lb/>
schwemmt, unendlich schädlich und gefährlich werden können. Diese kleinen Bäche<lb/>
vermögen in angeschwollenem Zustande schone Strecken urbaren Landes zu versan¬<lb/>
den, sie schwemmen die fruchtbare, oft mit unbeschreiblicher Mühe und großem<lb/>
Kunstfleiß aufgeführte Dammerde von den Hügeln und Gebirgsplateaus und ver¬<lb/>
nichten so in wenigen Stunden die Anstrengung und die Kosten vieler Jahre.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1658"> Der erste Hauptfluß, die Unna, entspringt an der Basis des Chermernicza-<lb/>
gebirges aus einem kaum zugänglichen Felsenkessel und wirst sich in jähem Sturze<lb/>
wohl 50 Klaftern von den Gebirqsklippen herab, wasserreich genug, um unfern<lb/>
ihres Ursprungs ziemlich große Fahrzeuge tragen zu können. In ihrem näch¬<lb/>
sten Fortlauf bildet sie theilweise die natürliche Grenzscheide mit der Türkei,<lb/>
was besonders bei dem Umstände, daß sie mit rapider Schnelligkeit strömend<lb/>
nur äußerst selten zufriert, den Cordonsdienst der Lithauer ungemein erleichtern<lb/>
hilft. Unangenehmer macht sich die zweite Wasserader der Litla ihren Anwoh¬<lb/>
nern, die Korbava. Bei Vissnc entspringend und durch die Vereinigung mit dem<lb/>
grünwässrigen Pcciuabache verstärkt, verliert sie sich bei Herksic in tiefe Erdschlünde,<lb/>
und sehr häufig geschieht eS, daß bei dem Anschwellen der Korbava sich die Herk-<lb/>
sicer MüudnngSft kunde verstopfen und das in größere» Massen zuströmende Was¬<lb/>
ser nicht mehr aufnehmen können; dann bildet sich in wenigen Tagen ein förmli¬<lb/>
cher See voir einer Tiefe mehrerer Klaftern, der oft einige Jahre lang liegen<lb/>
bleibt, bis sich die Schlünde von Herksic endlich durch den Druck der Wasser wie<lb/>
von selbst öffnen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1659" next="#ID_1660"> Bei einer dergestalten Beschaffenheit des Bodens muß der Fruchtertrag ge¬<lb/>
ringfügig ausfallen, so zwar, daß nur die Zuschüsse ans den k. k. Aercuialgetrei-<lb/>
dcmagcizinen in minder ergiebigen Jahren den armen Grenzer der Litla vor der<lb/>
bittersten Noth, ja vor dem Hungertode zu schützen vermögen. Hafer ist das<lb/>
Hanpterträgniß der magern, schwer zu kultivierenden Ackerboden; aus Hafermehl<lb/>
bereitet der Littauer seine gewöhnlichste Speise, die Pogacza, - - ein dünner, un--<lb/>
gegohrner Brotteig, über Kohlen oder in heißer Asche gebacken. Roggen gibt die<lb/>
Litla sehr wenig, dafür etwas mehr Waizen, und dieser ist auffallender Weise<lb/>
trotz des schlechten Ackerlandes und des ungünstigen Klima's besonders schön, rei¬<lb/>
ner, sogar schwerer und ergiebiger als jener, welchen die hochgepriesene Korn¬<lb/>
kammer Ungarns, das gesegnete Banat, hervorbringt. Da nun die Früchte nicht</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0504] ereignissen auf eine bedauerliche Weise ausgesetzt. Die angrenzenden böhmischen Hochgebirge, das morlachische Gebirge an der dalmatinischen Grenze und die kreuz unb quer durch das Ländchen gehenden Stöcke und Ausläufer des Chemer- uicza und Kapcllagebirges machen das Klima rauh, hemmen halbe Jahre lang die Communication und suchen die wenigen fruchtbaren Thäler zu ihren Füßen mit Überschwemmungen nud Lawinenstürzen heim. Die Litla hat freilich nur zwei bedeutendere Flüsse, die Unna und die Korbava, doch gibt es eine Masse kleiner Bäche mit ganz unbedeutenden Quellen, welche durch Schnee und Regen aufge¬ schwemmt, unendlich schädlich und gefährlich werden können. Diese kleinen Bäche vermögen in angeschwollenem Zustande schone Strecken urbaren Landes zu versan¬ den, sie schwemmen die fruchtbare, oft mit unbeschreiblicher Mühe und großem Kunstfleiß aufgeführte Dammerde von den Hügeln und Gebirgsplateaus und ver¬ nichten so in wenigen Stunden die Anstrengung und die Kosten vieler Jahre. Der erste Hauptfluß, die Unna, entspringt an der Basis des Chermernicza- gebirges aus einem kaum zugänglichen Felsenkessel und wirst sich in jähem Sturze wohl 50 Klaftern von den Gebirqsklippen herab, wasserreich genug, um unfern ihres Ursprungs ziemlich große Fahrzeuge tragen zu können. In ihrem näch¬ sten Fortlauf bildet sie theilweise die natürliche Grenzscheide mit der Türkei, was besonders bei dem Umstände, daß sie mit rapider Schnelligkeit strömend nur äußerst selten zufriert, den Cordonsdienst der Lithauer ungemein erleichtern hilft. Unangenehmer macht sich die zweite Wasserader der Litla ihren Anwoh¬ nern, die Korbava. Bei Vissnc entspringend und durch die Vereinigung mit dem grünwässrigen Pcciuabache verstärkt, verliert sie sich bei Herksic in tiefe Erdschlünde, und sehr häufig geschieht eS, daß bei dem Anschwellen der Korbava sich die Herk- sicer MüudnngSft kunde verstopfen und das in größere» Massen zuströmende Was¬ ser nicht mehr aufnehmen können; dann bildet sich in wenigen Tagen ein förmli¬ cher See voir einer Tiefe mehrerer Klaftern, der oft einige Jahre lang liegen bleibt, bis sich die Schlünde von Herksic endlich durch den Druck der Wasser wie von selbst öffnen. Bei einer dergestalten Beschaffenheit des Bodens muß der Fruchtertrag ge¬ ringfügig ausfallen, so zwar, daß nur die Zuschüsse ans den k. k. Aercuialgetrei- dcmagcizinen in minder ergiebigen Jahren den armen Grenzer der Litla vor der bittersten Noth, ja vor dem Hungertode zu schützen vermögen. Hafer ist das Hanpterträgniß der magern, schwer zu kultivierenden Ackerboden; aus Hafermehl bereitet der Littauer seine gewöhnlichste Speise, die Pogacza, - - ein dünner, un-- gegohrner Brotteig, über Kohlen oder in heißer Asche gebacken. Roggen gibt die Litla sehr wenig, dafür etwas mehr Waizen, und dieser ist auffallender Weise trotz des schlechten Ackerlandes und des ungünstigen Klima's besonders schön, rei¬ ner, sogar schwerer und ergiebiger als jener, welchen die hochgepriesene Korn¬ kammer Ungarns, das gesegnete Banat, hervorbringt. Da nun die Früchte nicht

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/504
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/504>, abgerufen am 23.01.2025.