Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.ihr zu cvnsiSciren, Schneider und arme Studenten versteht ihr zu ärgern, aber Als vor einem Jahr die Rosen blüthen, ging der Strom der öffentlichen Je reißender der Strom nach eiuer Richtung geht, desto stärker und furcht¬ 62*
ihr zu cvnsiSciren, Schneider und arme Studenten versteht ihr zu ärgern, aber Als vor einem Jahr die Rosen blüthen, ging der Strom der öffentlichen Je reißender der Strom nach eiuer Richtung geht, desto stärker und furcht¬ 62*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0491" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279001"/> <p xml:id="ID_1608" prev="#ID_1607"> ihr zu cvnsiSciren, Schneider und arme Studenten versteht ihr zu ärgern, aber<lb/> den verderblichsten Feind eures Regiments, das Lächerliche, welches über euren<lb/> kleinen, patriarchalische», dickköpfigen Maßregeln schwebt, könnt ihr dnrch keine<lb/> Füssiladen wegbringen. Verbindet immerhin mit dem Lächerlichen das Schreckliche,<lb/> ihr macht euch selbst dadurch nicht größer, nud je kleiner ihr jetzt das Volk zu<lb/> machen versucht, desto mehr wird es euch einst hassen und verwünschen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1609"> Als vor einem Jahr die Rosen blüthen, ging der Strom der öffentlichen<lb/> Meinung nach Westen, nach der fremden, dämmernden, unbekannten Gegend, die<lb/> man das Land der Freiheit nannte, damals trug Groß und Klein, der Haus¬<lb/> besitzer und der Arbeiter, die deutsche Trikolore und ballte die Faust nach der<lb/> Burg; jetzt siud wir klüger geworden, jetzt denuncirt man unehrerbietige Worte<lb/> und krümmt den Rücken, sobald mau in die Nähe des Kaiserschlosses kommt, jetzt<lb/> geht der Gegenstrom der gemeinen Sympathien nach Osten, und die höchsten<lb/> Welle», die er wirft, lecken respektvoll die Füße des Thrones! Was ist dabei<lb/> zu wundern? Das war von je so nud wird ewig so sein. Wer sich stark zeigt,<lb/> dem folgt die blöde Menge mit ihrer Verehrung, ihren Sympathien; der Akade¬<lb/> miker'auf der Weintonne, oder der General ans der Trommel, wer am lautesten<lb/> mit den Beinen an seinen hohlen Sitz schlägt, dem jauchzt der große Haufe der<lb/> Unwissenden, Eigennützige», Schwachen begeistert zu. Jetzt wird der Wiener<lb/> Bürger dnrch seine „gute Gesinnung" lästig. Glaubt mir, wenn die Rosen zum<lb/> dritte» Mal blühen werden seit dem März 48, wird derselbe Mann thun, was<lb/> wir jetzt thun, er wird das militärische Regiment der Stadt verwünschen und<lb/> über seine schnurrbärtigen Erzieher lache». Das ist ganz in der Ordnung; denn<lb/> alle diese Blüthen der öffentlichen Stimmung in Wien, die rothen Rosen der<lb/> jugendlichen Schwärmerei von 48 und die weißen Rosen der loyalen Unterthänig-<lb/> keit von 4'.), sind im Großen betrachtet, nichts als Zeichen einer Fortbildung der<lb/> Nation, der Beweis eines natuckräftigen Lebens, ja uuisvmehr, je wunderlicher<lb/> nud einseitiger sie sich zeigen. Denn ans den Gegensätzen entwickelt sich der Fort¬<lb/> schritt der Völker, nicht ans der geraden Linie einer schwärmerischen Fraktion.<lb/> Unsere akademische Legion war ein Moment und Vater Weiden ist das zweite;<lb/> fragt im Juni des nächsten Jahres, was aus beide» geworden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1610" next="#ID_1611"> Je reißender der Strom nach eiuer Richtung geht, desto stärker und furcht¬<lb/> barer wird mich der Gegenstrom. So ist's im Leben der Nationen. — Nicht so<lb/> ist es bei meiner Donau. Gelbe Donau, Herrin unsers Lebens, die du alle<lb/> Völker an deinen langen Ufern mit einem festen Bande zusammenschnürst, du<lb/> rinnst ewig thalab vou Oestreich nach Ungarn; ewig spülst dn die Blumenblätter,<lb/> welche der Wiener spielend in dich hineinwirft, in Pesth an das Ufer; das Blut,<lb/> welches in Pesth als el» rother Bach zu dir fließt, das trägst du nicht nach Wien<lb/> zurück, und doch sehen, fühlen, greifen wir's; es liegt auf den Steinen der<lb/> Straße, aus den Bänken des Pratcrs, es fliegt in der Lust, es brennt in den</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 62*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0491]
ihr zu cvnsiSciren, Schneider und arme Studenten versteht ihr zu ärgern, aber
den verderblichsten Feind eures Regiments, das Lächerliche, welches über euren
kleinen, patriarchalische», dickköpfigen Maßregeln schwebt, könnt ihr dnrch keine
Füssiladen wegbringen. Verbindet immerhin mit dem Lächerlichen das Schreckliche,
ihr macht euch selbst dadurch nicht größer, nud je kleiner ihr jetzt das Volk zu
machen versucht, desto mehr wird es euch einst hassen und verwünschen.
Als vor einem Jahr die Rosen blüthen, ging der Strom der öffentlichen
Meinung nach Westen, nach der fremden, dämmernden, unbekannten Gegend, die
man das Land der Freiheit nannte, damals trug Groß und Klein, der Haus¬
besitzer und der Arbeiter, die deutsche Trikolore und ballte die Faust nach der
Burg; jetzt siud wir klüger geworden, jetzt denuncirt man unehrerbietige Worte
und krümmt den Rücken, sobald mau in die Nähe des Kaiserschlosses kommt, jetzt
geht der Gegenstrom der gemeinen Sympathien nach Osten, und die höchsten
Welle», die er wirft, lecken respektvoll die Füße des Thrones! Was ist dabei
zu wundern? Das war von je so nud wird ewig so sein. Wer sich stark zeigt,
dem folgt die blöde Menge mit ihrer Verehrung, ihren Sympathien; der Akade¬
miker'auf der Weintonne, oder der General ans der Trommel, wer am lautesten
mit den Beinen an seinen hohlen Sitz schlägt, dem jauchzt der große Haufe der
Unwissenden, Eigennützige», Schwachen begeistert zu. Jetzt wird der Wiener
Bürger dnrch seine „gute Gesinnung" lästig. Glaubt mir, wenn die Rosen zum
dritte» Mal blühen werden seit dem März 48, wird derselbe Mann thun, was
wir jetzt thun, er wird das militärische Regiment der Stadt verwünschen und
über seine schnurrbärtigen Erzieher lache». Das ist ganz in der Ordnung; denn
alle diese Blüthen der öffentlichen Stimmung in Wien, die rothen Rosen der
jugendlichen Schwärmerei von 48 und die weißen Rosen der loyalen Unterthänig-
keit von 4'.), sind im Großen betrachtet, nichts als Zeichen einer Fortbildung der
Nation, der Beweis eines natuckräftigen Lebens, ja uuisvmehr, je wunderlicher
nud einseitiger sie sich zeigen. Denn ans den Gegensätzen entwickelt sich der Fort¬
schritt der Völker, nicht ans der geraden Linie einer schwärmerischen Fraktion.
Unsere akademische Legion war ein Moment und Vater Weiden ist das zweite;
fragt im Juni des nächsten Jahres, was aus beide» geworden ist.
Je reißender der Strom nach eiuer Richtung geht, desto stärker und furcht¬
barer wird mich der Gegenstrom. So ist's im Leben der Nationen. — Nicht so
ist es bei meiner Donau. Gelbe Donau, Herrin unsers Lebens, die du alle
Völker an deinen langen Ufern mit einem festen Bande zusammenschnürst, du
rinnst ewig thalab vou Oestreich nach Ungarn; ewig spülst dn die Blumenblätter,
welche der Wiener spielend in dich hineinwirft, in Pesth an das Ufer; das Blut,
welches in Pesth als el» rother Bach zu dir fließt, das trägst du nicht nach Wien
zurück, und doch sehen, fühlen, greifen wir's; es liegt auf den Steinen der
Straße, aus den Bänken des Pratcrs, es fliegt in der Lust, es brennt in den
62*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |