Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band."Wie mit den erlangten Freiheiten, an deren Genuß das Volk nicht gewohnt "Ich bin der Ueberzeugung, daß nichts leichter zu verderblichen Conflicten "Eine starke Negierung ist nach meiner Ansicht diejenige, der im vollen Um¬ Zum Schluß noch die Auffassung der gegenwärtigen Lage. "Wenn eine Partei, der ich stets offen und mit Entschiedenheit entgegenge¬ "Gilt es dann allerdings, die Empörung mit Gewalt zu Boden treten, vor "Diejenigen erheben ihr Haupt, die da möchten, daß diese traurige Nothwen¬ „Wie mit den erlangten Freiheiten, an deren Genuß das Volk nicht gewohnt „Ich bin der Ueberzeugung, daß nichts leichter zu verderblichen Conflicten „Eine starke Negierung ist nach meiner Ansicht diejenige, der im vollen Um¬ Zum Schluß noch die Auffassung der gegenwärtigen Lage. „Wenn eine Partei, der ich stets offen und mit Entschiedenheit entgegenge¬ „Gilt es dann allerdings, die Empörung mit Gewalt zu Boden treten, vor „Diejenigen erheben ihr Haupt, die da möchten, daß diese traurige Nothwen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0488" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278998"/> <p xml:id="ID_1597"> „Wie mit den erlangten Freiheiten, an deren Genuß das Volk nicht gewohnt<lb/> war, zu deren Genuß es eines sittlichen Haltes bedarf, der noch vielfach fehlt,<lb/> damit aus der Freiheit nicht Anarchie, d. l). Freiheit ohne Ordnung, werde, wie<lb/> mit diesen das Staatsleben zu regeln, das ist nach einer Revolution die schwierige<lb/> Aufgabe. Und weil dies oft nicht auf dem friedlichen Wege gelingt, weil oft¬<lb/> mals so viele Volksvertreter aus einer Revolution hervorgehen, die ihre egoisti¬<lb/> schen Zwecke verfolgen, die deshalb nicht wollen, daß die Revolution sobald als<lb/> möglich geschlossen werde, so Manche, die ihre absoluten Negieruugsgelustc an die<lb/> Stelle einer absoluten Regierung setzen möchten, darum folgt so oft der Despo¬<lb/> tismus auf eine für die Freiheit unternommene Revolution. Es geschieht dies,<lb/> weil der Despotismus eines Einzelnen immer noch erträglicher ist, als der Ter¬<lb/> rorismus der Anarchisten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1598"> „Ich bin der Ueberzeugung, daß nichts leichter zu verderblichen Conflicten<lb/> führt, als eine Verfassung mit sehr freien Institutionen nud daneben mit einem<lb/> Anhängsel von Möglichkeiten, sie durch Negieruugsmaßregeln zu beschränken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1599"> „Eine starke Negierung ist nach meiner Ansicht diejenige, der im vollen Um¬<lb/> fange die Mittel gewährt sind, dem Gesetz nach allen Seiten hin die unbedingteste<lb/> Anerkennung zu verschaffen. Im absoluten Staat ist der Wille der Regierung<lb/> das einzige Gesetz. Im konstitutionellen bringt mir der übereinstimmende Wille<lb/> des Volks und der Krone ein Gesetz zu Stande. Die Negierung ist also stark,<lb/> wen« sie mit den Mitteln versehen ist, Das durchzuführen, was so zum Gesetz<lb/> geworden, und jede Bestrebung niederzuhalten, die etwas Anderes durchsetzen will.<lb/> Wer ihr grundsätzlich die Mittel gewähren wollte, ihren nicht zum Gesetz erhobenen<lb/> Willen durchzusetzen, würde sich mit dem Wesen des constitutionellen Staates in<lb/> den entschiedensten Widerspruch setzen. — Auf diesen Grundsätzen beruht unser<lb/> Programm."</p><lb/> <p xml:id="ID_1600"> Zum Schluß noch die Auffassung der gegenwärtigen Lage.</p><lb/> <p xml:id="ID_1601"> „Wenn eine Partei, der ich stets offen und mit Entschiedenheit entgegenge¬<lb/> treten bin, Ereignisse heraufbeschworen hat, wie sie in den letzten Wochen herein¬<lb/> gebrochen sind, dann bewahren sich uur Wenige den Standpunkt freier, unbe¬<lb/> fangener Beurtheilung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1602"> „Gilt es dann allerdings, die Empörung mit Gewalt zu Boden treten, vor<lb/> Allem kräftig und energisch handeln; müßten die Freunde der wahren Freiheit<lb/> dieser auch das Opfer bringen, sich zeitweilig einer Beschränkung derselben zu<lb/> unterwerfen, dann fehlt es nicht an folgenden Erscheinungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1603" next="#ID_1604"> „Diejenigen erheben ihr Haupt, die da möchten, daß diese traurige Nothwen¬<lb/> digkeit sich zu einem dauernden Zustand gestaltet. Die Schwankenden und Furcht¬<lb/> samen fühlen sich getragen und gesichert, indem sie sich auf die Seite stellen, auf<lb/> der sie die Kraft und die Macht sehen. Viele redliche und wahrhaft konstitutio¬<lb/> nelle Männer fassen nnr den Moment ins Auge. Sie sagen: vorläufig lassen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0488]
„Wie mit den erlangten Freiheiten, an deren Genuß das Volk nicht gewohnt
war, zu deren Genuß es eines sittlichen Haltes bedarf, der noch vielfach fehlt,
damit aus der Freiheit nicht Anarchie, d. l). Freiheit ohne Ordnung, werde, wie
mit diesen das Staatsleben zu regeln, das ist nach einer Revolution die schwierige
Aufgabe. Und weil dies oft nicht auf dem friedlichen Wege gelingt, weil oft¬
mals so viele Volksvertreter aus einer Revolution hervorgehen, die ihre egoisti¬
schen Zwecke verfolgen, die deshalb nicht wollen, daß die Revolution sobald als
möglich geschlossen werde, so Manche, die ihre absoluten Negieruugsgelustc an die
Stelle einer absoluten Regierung setzen möchten, darum folgt so oft der Despo¬
tismus auf eine für die Freiheit unternommene Revolution. Es geschieht dies,
weil der Despotismus eines Einzelnen immer noch erträglicher ist, als der Ter¬
rorismus der Anarchisten.
„Ich bin der Ueberzeugung, daß nichts leichter zu verderblichen Conflicten
führt, als eine Verfassung mit sehr freien Institutionen nud daneben mit einem
Anhängsel von Möglichkeiten, sie durch Negieruugsmaßregeln zu beschränken.
„Eine starke Negierung ist nach meiner Ansicht diejenige, der im vollen Um¬
fange die Mittel gewährt sind, dem Gesetz nach allen Seiten hin die unbedingteste
Anerkennung zu verschaffen. Im absoluten Staat ist der Wille der Regierung
das einzige Gesetz. Im konstitutionellen bringt mir der übereinstimmende Wille
des Volks und der Krone ein Gesetz zu Stande. Die Negierung ist also stark,
wen« sie mit den Mitteln versehen ist, Das durchzuführen, was so zum Gesetz
geworden, und jede Bestrebung niederzuhalten, die etwas Anderes durchsetzen will.
Wer ihr grundsätzlich die Mittel gewähren wollte, ihren nicht zum Gesetz erhobenen
Willen durchzusetzen, würde sich mit dem Wesen des constitutionellen Staates in
den entschiedensten Widerspruch setzen. — Auf diesen Grundsätzen beruht unser
Programm."
Zum Schluß noch die Auffassung der gegenwärtigen Lage.
„Wenn eine Partei, der ich stets offen und mit Entschiedenheit entgegenge¬
treten bin, Ereignisse heraufbeschworen hat, wie sie in den letzten Wochen herein¬
gebrochen sind, dann bewahren sich uur Wenige den Standpunkt freier, unbe¬
fangener Beurtheilung.
„Gilt es dann allerdings, die Empörung mit Gewalt zu Boden treten, vor
Allem kräftig und energisch handeln; müßten die Freunde der wahren Freiheit
dieser auch das Opfer bringen, sich zeitweilig einer Beschränkung derselben zu
unterwerfen, dann fehlt es nicht an folgenden Erscheinungen.
„Diejenigen erheben ihr Haupt, die da möchten, daß diese traurige Nothwen¬
digkeit sich zu einem dauernden Zustand gestaltet. Die Schwankenden und Furcht¬
samen fühlen sich getragen und gesichert, indem sie sich auf die Seite stellen, auf
der sie die Kraft und die Macht sehen. Viele redliche und wahrhaft konstitutio¬
nelle Männer fassen nnr den Moment ins Auge. Sie sagen: vorläufig lassen
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