Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Was bis jetzt an Gesetzen erlassen wurde, ist nicht maßgebend für den endlichen Nun, ein czechischcr König, eine Reorganisation Polens, und ein Hinzuschlagen Inmitten aller Gefahr, von drohenden Wetterwolken überschattet, in seiner Haupt¬ Wien wird deutsch werden, wenn rings umher Niemand sein wird, der ihm ange¬ In den Provinzen weht der alte nationale Geist lebendiger als je. In Ungarn Und in Wien summt irgend ein Junge um die Straßenecke biegend, das deutsche Aller Augen sind nach Frankfurt gerichtet, Schüler und Wigand haben Wiederhall Die Todtenklänge von der Auflösung des Frankfurter Parlaments sind auch an nah ^'"sttoser ""fere Zustände sich durch ministerielle Ordonnanzen gestalten, desto Was bis jetzt an Gesetzen erlassen wurde, ist nicht maßgebend für den endlichen Nun, ein czechischcr König, eine Reorganisation Polens, und ein Hinzuschlagen Inmitten aller Gefahr, von drohenden Wetterwolken überschattet, in seiner Haupt¬ Wien wird deutsch werden, wenn rings umher Niemand sein wird, der ihm ange¬ In den Provinzen weht der alte nationale Geist lebendiger als je. In Ungarn Und in Wien summt irgend ein Junge um die Straßenecke biegend, das deutsche Aller Augen sind nach Frankfurt gerichtet, Schüler und Wigand haben Wiederhall Die Todtenklänge von der Auflösung des Frankfurter Parlaments sind auch an nah ^'"sttoser „„fere Zustände sich durch ministerielle Ordonnanzen gestalten, desto <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0043" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278553"/> <p xml:id="ID_126"> Was bis jetzt an Gesetzen erlassen wurde, ist nicht maßgebend für den endlichen<lb/> Ausgang. Die octroyirte Verfassung ließ durch tausendfache Schlingen ihres Netzes<lb/> Aussicht' auf Durchzug für so manche Wünsche, Prcßgesetz und Associationsaufhebung,<lb/> denn mehr ist die Verfügung darüber nicht, könnten nur den stillen verschlossenen Grimm<lb/> erhöhen. Aber der Moment der Entscheidung kömmt, wenn das Ministerium in den<lb/> Landesverfassungen seine letzte Karte ausspielen muß und mit ihr nicht nur sich,<lb/> sondern vielleicht auch die Monarchie gefährden wird. Die Vertrauensmänner haben<lb/> dem Rufe nach Wien nicht Folge geleistet, man hat sich in stummem Groll zurückge¬<lb/> zogen von einer Regierung, die offenes, höhnendes Spiel mit den Völkern trieb, man<lb/> will ihre Karten, ihre Gedanken im vollen ungeschminkten Glänze sehen, °um sich<lb/> dann erst zu entscheiden,</p><lb/> <p xml:id="ID_127"> Nun, ein czechischcr König, eine Reorganisation Polens, und ein Hinzuschlagen<lb/> Südtyrvls min Venetianischen wird ans Stations Füllhorn nicht hervorgehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_128"> Inmitten aller Gefahr, von drohenden Wetterwolken überschattet, in seiner Haupt¬<lb/> stadt in Frage gestellt, hat der ehrwürdige Spießbürger Wiens noch immer seine Hält'de<lb/> im Schooße gefaltet, selig lächelnd, seitdem Stadion ihm den hundertjährigen F,,''be¬<lb/> stand der constitutionellen Monarchie und Wien's, als Residenz, in den Kaffeeschädel<lb/> decretirt hat. Zwar kehrt nimmer der magyarische, czcchische, italienische Adel zurück,<lb/> dem der Wiener Fabrikant nach Metternichs Prohibitivsystem, seinen schwammigen Reich¬<lb/> thum zumeist verdankt, allein der Minister hat gesprochen — und der Minister hat<lb/> Recht. Man hört nur ihn, man liest mir die von ihm verfälschte Presse. Wer wider¬<lb/> spricht, wird als Anarchist verdammt. Aber der schweigenden ist jetzt eine Unzahl<lb/> den Sprechenden gegenüber.</p><lb/> <p xml:id="ID_129"> Wien wird deutsch werden, wenn rings umher Niemand sein wird, der ihm ange¬<lb/> hört, — es wird deutsch sein — wenn es deutsch sein muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_130"> In den Provinzen weht der alte nationale Geist lebendiger als je. In Ungarn<lb/> ist das alte Nakoczylicd erwacht, hat sich losgerissen vom Saitcnsteg der Zigeunervioline<lb/> und irrt umher durch die Pusta, Kämpfer suchend für des alten Ungarlandes Fortbe¬<lb/> stehen; mit der Marseillaise der Sarmaten: „Noch ist Polen nicht verloren," verwan¬<lb/> delte Dcmbinsky, der kluge Parteigänger, die Lanciers, Coburg-Uhlanen, in östreichische<lb/> Hochverräter und polnische Patrioten. (?) Ueberall überwindet der langcrstickte Geist ge-<lb/> knechtetcr Völker den Unterstand der Metternich'schen Verwaltung.</p><lb/> <p xml:id="ID_131"> Und in Wien summt irgend ein Junge um die Straßenecke biegend, das deutsche<lb/> Vaterland.</p><lb/> <p xml:id="ID_132"> Aller Augen sind nach Frankfurt gerichtet, Schüler und Wigand haben Wiederhall<lb/> gefunden in Wien. — Blums Gebein ist das Unterpfand, womit Deutschöstreich an<lb/> Deutschland für immer verpfändet ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_133"> Die Todtenklänge von der Auflösung des Frankfurter Parlaments sind auch an<lb/> uns vorübergezogen. Das Jahr 1848 darf aber in der Geschichte der Deutschen nicht<lb/> Zum einsamen, leidenden Kreuze am Feldwege werden, an dem der Wanderer vorübergeht,<lb/> °en Hut ziehend, aber weder Frucht noch Schatten findet. Michel wird nicht wieder<lb/> W" Dachstübchen beziehen, verstaubte Globen herabholen vom Gesimse, Sterndeuterei<lb/> "ud Alchymie treiben, er hat von Thomasius bis Bretschneider, von Kant bis Hegel<lb/> «°"ug g^acht und geschrieben über Gott und Teufel, um einmal das Mittelding ein<lb/> lreier ^Mensch zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_134" next="#ID_135"> nah ^'"sttoser „„fere Zustände sich durch ministerielle Ordonnanzen gestalten, desto<lb/> her ist der Tag des Umschwungs. Der ungarische Krieg hat die Armee demoralisirt,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
Was bis jetzt an Gesetzen erlassen wurde, ist nicht maßgebend für den endlichen
Ausgang. Die octroyirte Verfassung ließ durch tausendfache Schlingen ihres Netzes
Aussicht' auf Durchzug für so manche Wünsche, Prcßgesetz und Associationsaufhebung,
denn mehr ist die Verfügung darüber nicht, könnten nur den stillen verschlossenen Grimm
erhöhen. Aber der Moment der Entscheidung kömmt, wenn das Ministerium in den
Landesverfassungen seine letzte Karte ausspielen muß und mit ihr nicht nur sich,
sondern vielleicht auch die Monarchie gefährden wird. Die Vertrauensmänner haben
dem Rufe nach Wien nicht Folge geleistet, man hat sich in stummem Groll zurückge¬
zogen von einer Regierung, die offenes, höhnendes Spiel mit den Völkern trieb, man
will ihre Karten, ihre Gedanken im vollen ungeschminkten Glänze sehen, °um sich
dann erst zu entscheiden,
Nun, ein czechischcr König, eine Reorganisation Polens, und ein Hinzuschlagen
Südtyrvls min Venetianischen wird ans Stations Füllhorn nicht hervorgehen.
Inmitten aller Gefahr, von drohenden Wetterwolken überschattet, in seiner Haupt¬
stadt in Frage gestellt, hat der ehrwürdige Spießbürger Wiens noch immer seine Hält'de
im Schooße gefaltet, selig lächelnd, seitdem Stadion ihm den hundertjährigen F,,''be¬
stand der constitutionellen Monarchie und Wien's, als Residenz, in den Kaffeeschädel
decretirt hat. Zwar kehrt nimmer der magyarische, czcchische, italienische Adel zurück,
dem der Wiener Fabrikant nach Metternichs Prohibitivsystem, seinen schwammigen Reich¬
thum zumeist verdankt, allein der Minister hat gesprochen — und der Minister hat
Recht. Man hört nur ihn, man liest mir die von ihm verfälschte Presse. Wer wider¬
spricht, wird als Anarchist verdammt. Aber der schweigenden ist jetzt eine Unzahl
den Sprechenden gegenüber.
Wien wird deutsch werden, wenn rings umher Niemand sein wird, der ihm ange¬
hört, — es wird deutsch sein — wenn es deutsch sein muß.
In den Provinzen weht der alte nationale Geist lebendiger als je. In Ungarn
ist das alte Nakoczylicd erwacht, hat sich losgerissen vom Saitcnsteg der Zigeunervioline
und irrt umher durch die Pusta, Kämpfer suchend für des alten Ungarlandes Fortbe¬
stehen; mit der Marseillaise der Sarmaten: „Noch ist Polen nicht verloren," verwan¬
delte Dcmbinsky, der kluge Parteigänger, die Lanciers, Coburg-Uhlanen, in östreichische
Hochverräter und polnische Patrioten. (?) Ueberall überwindet der langcrstickte Geist ge-
knechtetcr Völker den Unterstand der Metternich'schen Verwaltung.
Und in Wien summt irgend ein Junge um die Straßenecke biegend, das deutsche
Vaterland.
Aller Augen sind nach Frankfurt gerichtet, Schüler und Wigand haben Wiederhall
gefunden in Wien. — Blums Gebein ist das Unterpfand, womit Deutschöstreich an
Deutschland für immer verpfändet ist.
Die Todtenklänge von der Auflösung des Frankfurter Parlaments sind auch an
uns vorübergezogen. Das Jahr 1848 darf aber in der Geschichte der Deutschen nicht
Zum einsamen, leidenden Kreuze am Feldwege werden, an dem der Wanderer vorübergeht,
°en Hut ziehend, aber weder Frucht noch Schatten findet. Michel wird nicht wieder
W" Dachstübchen beziehen, verstaubte Globen herabholen vom Gesimse, Sterndeuterei
"ud Alchymie treiben, er hat von Thomasius bis Bretschneider, von Kant bis Hegel
«°"ug g^acht und geschrieben über Gott und Teufel, um einmal das Mittelding ein
lreier ^Mensch zu werden.
nah ^'"sttoser „„fere Zustände sich durch ministerielle Ordonnanzen gestalten, desto
her ist der Tag des Umschwungs. Der ungarische Krieg hat die Armee demoralisirt,
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