Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.beklagenswerthe Verlockungen seien bald Forderungen erhoben worden, welche Zwischen diesen beiden Petitionen, von denen ich die andere ihrer seltenen Nun wollen wir näher nachsehen, wie sich die auswärtige Politik der beklagenswerthe Verlockungen seien bald Forderungen erhoben worden, welche Zwischen diesen beiden Petitionen, von denen ich die andere ihrer seltenen Nun wollen wir näher nachsehen, wie sich die auswärtige Politik der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0423" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278933"/> <p xml:id="ID_1372" prev="#ID_1371"> beklagenswerthe Verlockungen seien bald Forderungen erhoben worden, welche<lb/> keineswegs als Wunsch der uriheilöfähigcn Gesammtheit des Volkes gelten könn¬<lb/> ten, und dann sei das große Unglück geschehen — das Octroy wurde zurückge¬<lb/> nommen und ein coustituircuder Reichstag einberufen. Dieser sei ans Wahlen<lb/> hervorgegangen, die bei den schädlichen Einflüssen der mannigfachsten Wahlagitatio¬<lb/> nen durchaus nicht als der wahre Ausdruck des bewußten Vertrauens anzusehen<lb/> siud; daun habe er nur die kostbare Zeit schnöde vergeudet, im October eine ganz<lb/> falsche Stellung angenommen, die seinem Wirken fortan wie ein Kirch anhing,<lb/> und in Krcmsier eine Sammlung von Paragraphen berathen, die Grundrechte ge¬<lb/> nannt wurden, und abgesehen vou ihren sonstigen Mängeln, in Verbindung mit<lb/> dem Verfassungsentwnrfe, sogar die Basis unseres Staatsbestandcs in dem mo¬<lb/> narchischen Principe in Frage stellten. Indessen lösten die Erfolge des ruhmwür¬<lb/> digsten Heldeuheeres den Zweifel an dem mögliche» Bestände Oestreichs als eines<lb/> Ganzen (?); die Aufgabe der Constituirung hatte daher einen größer» Umfang<lb/> gewonnen, und es mußte nothwendig eine Verfassung vctroyirt werden. Jeder<lb/> besonnene Patriot werde dieses Ereigniß als ein für ganz Oestreich heilbringendes<lb/> Preisen und anerkennen, daß dieses Octroy allen sittlich zu rechtfertigenden Wün¬<lb/> schen und Anforderungen entspreche. Daher erklären die Unterzeichneten, daß sie<lb/> in der Octroyirung einen Akt von seltener Weisheit und Kraft erblicken und ein<lb/> unbeirrtes Festhalten an der verliehenen Verfassung sehnlichst wünschen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1373"> Zwischen diesen beiden Petitionen, von denen ich die andere ihrer seltenen<lb/> reactionären Frechheit wegen ausführlicher mitgetheilt habe, suchte das Stadtver-<lb/> vrdnetencollegium durch eine dritte zu vermitteln, welche folgende Bitte enthält:<lb/> „Se. Majestät möge geruhen, unter Erlaß eines freisinnigen Wahlgesetzes die<lb/> nöthigen Vorarbeiten anzubefehlen, welche die Wahl einer volksthümlichen Landes¬<lb/> vertretung bedingen und den böhmischen Landtag mit möglichster Beschleunigung<lb/> einzuberufen." Dieses in würdigem Tone abgefaßte Aktenstück spricht die Wünsche<lb/> der gemäßigten Partei im czechischen Heerlager aus, und die Gemeindebehörde<lb/> der Hauptstadt erscheint als völlig berufen, sich an die Spitze dieser Partei zu<lb/> stellen und dasjenige, was sie als nächstes Bedürfniß des Landes erkannt hat, im<lb/> Namen desselben auszusprechen. Nur die Hinweisung auf den durch die kaiser¬<lb/> lichen Majestätsbriefe vom 24. März und 8. April gewährten constituirenden Land¬<lb/> tag, dessen Zusammentreten „durch politische Verwicklungen" verhindert wurde,<lb/> erinnert wieder an die föderalistischen Tendenzen und an die von den Czechen<lb/> stets angestrebte Provinzialsouvcränität und rief daher den Widerspruch der deut¬<lb/> schen Zeitung hervor, die seit jeher den Landtagen abhold gewesen und ihren<lb/> Wirkungskreis möglichst beschränkt wissen wollte. Dagegen trägt die Petition der<lb/> «lovimsKii, lipii das Gepräge eines ganz allgemeinen Radikalismus, ohne eine be¬<lb/> stimmte nationale Grundlage durchschimmern zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1374" next="#ID_1375"> Nun wollen wir näher nachsehen, wie sich die auswärtige Politik der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0423]
beklagenswerthe Verlockungen seien bald Forderungen erhoben worden, welche
keineswegs als Wunsch der uriheilöfähigcn Gesammtheit des Volkes gelten könn¬
ten, und dann sei das große Unglück geschehen — das Octroy wurde zurückge¬
nommen und ein coustituircuder Reichstag einberufen. Dieser sei ans Wahlen
hervorgegangen, die bei den schädlichen Einflüssen der mannigfachsten Wahlagitatio¬
nen durchaus nicht als der wahre Ausdruck des bewußten Vertrauens anzusehen
siud; daun habe er nur die kostbare Zeit schnöde vergeudet, im October eine ganz
falsche Stellung angenommen, die seinem Wirken fortan wie ein Kirch anhing,
und in Krcmsier eine Sammlung von Paragraphen berathen, die Grundrechte ge¬
nannt wurden, und abgesehen vou ihren sonstigen Mängeln, in Verbindung mit
dem Verfassungsentwnrfe, sogar die Basis unseres Staatsbestandcs in dem mo¬
narchischen Principe in Frage stellten. Indessen lösten die Erfolge des ruhmwür¬
digsten Heldeuheeres den Zweifel an dem mögliche» Bestände Oestreichs als eines
Ganzen (?); die Aufgabe der Constituirung hatte daher einen größer» Umfang
gewonnen, und es mußte nothwendig eine Verfassung vctroyirt werden. Jeder
besonnene Patriot werde dieses Ereigniß als ein für ganz Oestreich heilbringendes
Preisen und anerkennen, daß dieses Octroy allen sittlich zu rechtfertigenden Wün¬
schen und Anforderungen entspreche. Daher erklären die Unterzeichneten, daß sie
in der Octroyirung einen Akt von seltener Weisheit und Kraft erblicken und ein
unbeirrtes Festhalten an der verliehenen Verfassung sehnlichst wünschen."
Zwischen diesen beiden Petitionen, von denen ich die andere ihrer seltenen
reactionären Frechheit wegen ausführlicher mitgetheilt habe, suchte das Stadtver-
vrdnetencollegium durch eine dritte zu vermitteln, welche folgende Bitte enthält:
„Se. Majestät möge geruhen, unter Erlaß eines freisinnigen Wahlgesetzes die
nöthigen Vorarbeiten anzubefehlen, welche die Wahl einer volksthümlichen Landes¬
vertretung bedingen und den böhmischen Landtag mit möglichster Beschleunigung
einzuberufen." Dieses in würdigem Tone abgefaßte Aktenstück spricht die Wünsche
der gemäßigten Partei im czechischen Heerlager aus, und die Gemeindebehörde
der Hauptstadt erscheint als völlig berufen, sich an die Spitze dieser Partei zu
stellen und dasjenige, was sie als nächstes Bedürfniß des Landes erkannt hat, im
Namen desselben auszusprechen. Nur die Hinweisung auf den durch die kaiser¬
lichen Majestätsbriefe vom 24. März und 8. April gewährten constituirenden Land¬
tag, dessen Zusammentreten „durch politische Verwicklungen" verhindert wurde,
erinnert wieder an die föderalistischen Tendenzen und an die von den Czechen
stets angestrebte Provinzialsouvcränität und rief daher den Widerspruch der deut¬
schen Zeitung hervor, die seit jeher den Landtagen abhold gewesen und ihren
Wirkungskreis möglichst beschränkt wissen wollte. Dagegen trägt die Petition der
«lovimsKii, lipii das Gepräge eines ganz allgemeinen Radikalismus, ohne eine be¬
stimmte nationale Grundlage durchschimmern zu lassen.
Nun wollen wir näher nachsehen, wie sich die auswärtige Politik der
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