Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.durch irgend eine Phantasie in Bewegung gesetzt wird; der aufgeregte Barrikaden¬ Ein Land, wo aller Grundbesitz in großen Haufen zusammengeballt ist, wäre durch irgend eine Phantasie in Bewegung gesetzt wird; der aufgeregte Barrikaden¬ Ein Land, wo aller Grundbesitz in großen Haufen zusammengeballt ist, wäre <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0415" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278925"/> <p xml:id="ID_1349" prev="#ID_1348"> durch irgend eine Phantasie in Bewegung gesetzt wird; der aufgeregte Barrikaden¬<lb/> bauer der Stadt schreibt noch auf die Häuser seiner reichen Nachbarn: „heilig daS<lb/> Eigenthum", der Proletarier des Landes demolirt die Schlösser der Gutsbesitzer.<lb/> Die conservative Kraft des Grundbesitzes wird demnach durch die kleinen Eigen¬<lb/> thümer beträchtlich vermindert, denn einfältig und kräftig wie sie in der Regel<lb/> sind, werden sie die eifrigsten Kämpfer für jede Neuerung, von welcher sie eine<lb/> Verbesserung ihrer Lage zu hoffen gelernt haben. Den Grundbesitz eines Landes<lb/> i» kleine Stellen zerschlagen, heißt nichts anders, als allen Handel, alle Industrie, alle<lb/> Cultur tödten nud deu Staat selbst in Phalausterieu vou Bettlern und Mördern<lb/> auflösen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1350" next="#ID_1351"> Ein Land, wo aller Grundbesitz in großen Haufen zusammengeballt ist, wäre<lb/> ein Laud von wenig Herren und vielen Gehorchende», als Staat eine tyrannische<lb/> Despotie, ein solcher Zustand ist das Zeichen einer niedrigen Stufe nationaler<lb/> Entwicklung, aber wohl gemerkt, einer Stufe, die zu höheren Entwicklungen führt.<lb/> Denn ist der wirthschaftliche Betrieb solcher Güter auch sehr schlecht, so gibt er<lb/> doch immer noch Ueberschüsse an Producten und außerdem Reinertrage, welche<lb/> aus der Hand reicher Gutsherrn in die Hände der Erwerbenden übergehn, Handel<lb/> und Industrie fördern, das Handwerk heben, und neben und unter dem alten<lb/> Grundbesitz allmälig einen Stand »euer und strebsamer Landwirthe heraustreiben,<lb/> bis endlich Schritt für Schritt die Mannigfaltigkeit in den Landbau kommt, welche<lb/> zum Aufblühen der Volksmacht nöthig ist. Ein Staat dagegen, wo der kleine<lb/> Grundbesitz herrscht, nachdem der große zerschlagen ist, geht seiner Auflösung ent¬<lb/> gegen; es wäre unthunlich, eine Masse kleiner Stellen zusammen zu fassen, um<lb/> neue Einheiten in größerem Maßstabe zu bilden, denn das Capital wäre nicht<lb/> vorhanden, oder seine Anlage im Grundbesitz nicht lohnend und unpraktisch, weil<lb/> es nicht mehr sicher wäre; ein solches Land würde von einer Staatskrisis zur<lb/> andern geschleudert, und entweder aussterben, oder die Bente eines erobernden<lb/> Volkes werden; in Europa würde wahrscheinlich das erstere eintreten. Denn bei<lb/> uns wird durch Zertheilung des großen Landbesitzes auch die Forstkultur vernichtet,<lb/> die steigenden Holzpreise sind dem kleinen Besitzer eine unwiderstehliche Lockung<lb/> sein Stück Wald niederzuschlagen; der Continent Europas aber kann seine Wälder<lb/> nicht entbehren, ohne an der Masse der atmosphärischen Niederschläge und der<lb/> Vertheilung derselben im Laufe des Jahres wesentlich zu leiden. Da rinn aber<lb/> die Fruchtbarkeit eines Grundstücks auch davon abhängt, daß die Frnhlingsfluthen<lb/> dasselbe nicht ersäufen, der Sommer es nicht ausdorrt, so ist ihm die schützende<lb/> Decke der Bäume ans den Berghöhen und im Oberlauf der Flüsse nothwendig,<lb/> denn diese sind es, welche unseren Bächen im Sommer das Wasser sichern und<lb/> die Schneeschmelze des Winters auf so lauge Zeit vertheilen, daß ihre Wuth nicht<lb/> die Saaten vernichtet. Unsere Wälder niederschlagen, heißt unseren Erdtheil in<lb/> eine Steppe verwandeln. Davor uns zu schützen, ist eine Aufgabe des großen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0415]
durch irgend eine Phantasie in Bewegung gesetzt wird; der aufgeregte Barrikaden¬
bauer der Stadt schreibt noch auf die Häuser seiner reichen Nachbarn: „heilig daS
Eigenthum", der Proletarier des Landes demolirt die Schlösser der Gutsbesitzer.
Die conservative Kraft des Grundbesitzes wird demnach durch die kleinen Eigen¬
thümer beträchtlich vermindert, denn einfältig und kräftig wie sie in der Regel
sind, werden sie die eifrigsten Kämpfer für jede Neuerung, von welcher sie eine
Verbesserung ihrer Lage zu hoffen gelernt haben. Den Grundbesitz eines Landes
i» kleine Stellen zerschlagen, heißt nichts anders, als allen Handel, alle Industrie, alle
Cultur tödten nud deu Staat selbst in Phalausterieu vou Bettlern und Mördern
auflösen.
Ein Land, wo aller Grundbesitz in großen Haufen zusammengeballt ist, wäre
ein Laud von wenig Herren und vielen Gehorchende», als Staat eine tyrannische
Despotie, ein solcher Zustand ist das Zeichen einer niedrigen Stufe nationaler
Entwicklung, aber wohl gemerkt, einer Stufe, die zu höheren Entwicklungen führt.
Denn ist der wirthschaftliche Betrieb solcher Güter auch sehr schlecht, so gibt er
doch immer noch Ueberschüsse an Producten und außerdem Reinertrage, welche
aus der Hand reicher Gutsherrn in die Hände der Erwerbenden übergehn, Handel
und Industrie fördern, das Handwerk heben, und neben und unter dem alten
Grundbesitz allmälig einen Stand »euer und strebsamer Landwirthe heraustreiben,
bis endlich Schritt für Schritt die Mannigfaltigkeit in den Landbau kommt, welche
zum Aufblühen der Volksmacht nöthig ist. Ein Staat dagegen, wo der kleine
Grundbesitz herrscht, nachdem der große zerschlagen ist, geht seiner Auflösung ent¬
gegen; es wäre unthunlich, eine Masse kleiner Stellen zusammen zu fassen, um
neue Einheiten in größerem Maßstabe zu bilden, denn das Capital wäre nicht
vorhanden, oder seine Anlage im Grundbesitz nicht lohnend und unpraktisch, weil
es nicht mehr sicher wäre; ein solches Land würde von einer Staatskrisis zur
andern geschleudert, und entweder aussterben, oder die Bente eines erobernden
Volkes werden; in Europa würde wahrscheinlich das erstere eintreten. Denn bei
uns wird durch Zertheilung des großen Landbesitzes auch die Forstkultur vernichtet,
die steigenden Holzpreise sind dem kleinen Besitzer eine unwiderstehliche Lockung
sein Stück Wald niederzuschlagen; der Continent Europas aber kann seine Wälder
nicht entbehren, ohne an der Masse der atmosphärischen Niederschläge und der
Vertheilung derselben im Laufe des Jahres wesentlich zu leiden. Da rinn aber
die Fruchtbarkeit eines Grundstücks auch davon abhängt, daß die Frnhlingsfluthen
dasselbe nicht ersäufen, der Sommer es nicht ausdorrt, so ist ihm die schützende
Decke der Bäume ans den Berghöhen und im Oberlauf der Flüsse nothwendig,
denn diese sind es, welche unseren Bächen im Sommer das Wasser sichern und
die Schneeschmelze des Winters auf so lauge Zeit vertheilen, daß ihre Wuth nicht
die Saaten vernichtet. Unsere Wälder niederschlagen, heißt unseren Erdtheil in
eine Steppe verwandeln. Davor uns zu schützen, ist eine Aufgabe des großen
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