Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Mer ein Bataillon Neger kommandirt hatte. Auch der Schweizer, die für 20 K. Und will keine "sociale Revolution," kein "Polcutyum" und kein anderer Hier hat die Wiener Zeitung Recht, allein ich kann ihr nicht helfen. Sie Aber stets und überall findet es heutzutage langhaarige, abenteuerlich kostü- Die allgemeine europäische Propaganda wird eines süßen Todes sterben, an Zwiegespräch auf einer Treppe. -- Baron. Na, die Preußen ha¬ Mer ein Bataillon Neger kommandirt hatte. Auch der Schweizer, die für 20 K. Und will keine „sociale Revolution," kein „Polcutyum" und kein anderer Hier hat die Wiener Zeitung Recht, allein ich kann ihr nicht helfen. Sie Aber stets und überall findet es heutzutage langhaarige, abenteuerlich kostü- Die allgemeine europäische Propaganda wird eines süßen Todes sterben, an Zwiegespräch auf einer Treppe. — Baron. Na, die Preußen ha¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0343" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278853"/> <p xml:id="ID_1048" prev="#ID_1047"> Mer ein Bataillon Neger kommandirt hatte. Auch der Schweizer, die für 20 K.<lb/> C.-M. täglich, für den Bourbon von Neapel, für Radetzky oder den Herzog von<lb/> Modena kämpfen, pflegt sich die gutgesinnte Logik nicht gern zu erinnern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1049"> Und will keine „sociale Revolution," kein „Polcutyum" und kein anderer<lb/> Popanz mehr verfangen, so greift die Wiener Zeitung zu ihrem uralt heiligen<lb/> Jammer über die allgemeine europäische Propaganda und über die ambulante Re-<lb/> volutionsarmee von Fremdlingen und Landstreichern aus allen Weltgegenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1050"> Hier hat die Wiener Zeitung Recht, allein ich kann ihr nicht helfen. Sie<lb/> hätte längst wissen sollen, daß in gewissen Dingen die Völker eben so solidarisch<lb/> N"t einander verbunden sind, wie die Kabinette und daß der Diplomatenpropa-<lb/> sMda von Europa eine Propaganda der Jugend, der Leidenschaft, der Verzweif-<lb/> buig gegenübersteht. Nur von Heimlichkeit und Verschwörung redet nicht. Tiefer<lb/> »ut dunkler ist die Heimlichkeit der diplomatischen Vehme. Offen und am bren¬<lb/> nenden Licht der Sonne wird ans der Fäulniß diplomatischer Mißgeburten der<lb/> böse Hauch tollköpfiger Revolutionen ausgebrütet. Die deutschen Schilderhebnngen<lb/> in Wien, Dresden, Breslau und Baden waren waghalsige Improvisationen, —<lb/> darum werden sie so oft und leicht zu Schanden. Ein Cabinet geht Jahre lang<lb/> mit seinen Geburten schwanger: das empörte Volk keinen Monat, keinen Tag, oft<lb/> keine Stunde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1051"> Aber stets und überall findet es heutzutage langhaarige, abenteuerlich kostü-<lb/> Mirte Fahnenträger und immer sind es Fremdlinge. Wahr! Breslauer, z. B.<lb/> starben ans Berliner Barrikaden, Hamburger blutete» vor den Wiener Linien;<lb/> nicht einmal Schutzverwandte waren sie in Berlin oder Wien. Autochthonische<lb/> Hausbesitzer sind überall ruhige Bürger, freuen sich vielleicht, wenn die deutsche<lb/> Einheit und Größe zu Stande kommt. Wo nicht, werden sie sich auch zu trösten<lb/> wissen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1052"> Die allgemeine europäische Propaganda wird eines süßen Todes sterben, an<lb/> dem Tage wo das Reich der Freiheit im Volke und das Reich der Wahrheit in<lb/> den Kabinetten beginnt. Bis dahin ist sie unüberwindlich wie die Pforten der<lb/> Hölle. Ihr konnt den Menschen nicht mehr an die Scholle und deu Zunftstock<lb/> binden; Ihr könnt die blitzschnelle Reibung der Geister durch Dampf und Drucker¬<lb/> schwärze nicht mehr hemmen; die Propaganda des Lichtes, der Luft und des<lb/> Wortes werdet Ihr nicht mehr tödten, — selbst wenn Ihr den ganzen Stadt¬<lb/> graben rings um die Wiener Stadt mit den Leichen der von „Zuläufern, Ver¬<lb/> wichenen, Flüchtlingen, Landstreichern und unbefugten Pasquillanten verschiedener<lb/> Nationen" ausfüllt, also! —</p><lb/> <p xml:id="ID_1053" next="#ID_1054"> Zwiegespräch auf einer Treppe. — Baron. Na, die Preußen ha¬<lb/> ben in Dresden brav gewirthschaftet, todtgeschlagen, ins Wasser geschmissen, zum<lb/> Krüppel gehauen, was nur wie ein Demokrat aussah. — Ich: Sie haben doch<lb/> Nichts dawider? — Baron. Im Gegentheil: Brave Soldaten! Ich wollte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0343]
Mer ein Bataillon Neger kommandirt hatte. Auch der Schweizer, die für 20 K.
C.-M. täglich, für den Bourbon von Neapel, für Radetzky oder den Herzog von
Modena kämpfen, pflegt sich die gutgesinnte Logik nicht gern zu erinnern.
Und will keine „sociale Revolution," kein „Polcutyum" und kein anderer
Popanz mehr verfangen, so greift die Wiener Zeitung zu ihrem uralt heiligen
Jammer über die allgemeine europäische Propaganda und über die ambulante Re-
volutionsarmee von Fremdlingen und Landstreichern aus allen Weltgegenden.
Hier hat die Wiener Zeitung Recht, allein ich kann ihr nicht helfen. Sie
hätte längst wissen sollen, daß in gewissen Dingen die Völker eben so solidarisch
N"t einander verbunden sind, wie die Kabinette und daß der Diplomatenpropa-
sMda von Europa eine Propaganda der Jugend, der Leidenschaft, der Verzweif-
buig gegenübersteht. Nur von Heimlichkeit und Verschwörung redet nicht. Tiefer
»ut dunkler ist die Heimlichkeit der diplomatischen Vehme. Offen und am bren¬
nenden Licht der Sonne wird ans der Fäulniß diplomatischer Mißgeburten der
böse Hauch tollköpfiger Revolutionen ausgebrütet. Die deutschen Schilderhebnngen
in Wien, Dresden, Breslau und Baden waren waghalsige Improvisationen, —
darum werden sie so oft und leicht zu Schanden. Ein Cabinet geht Jahre lang
mit seinen Geburten schwanger: das empörte Volk keinen Monat, keinen Tag, oft
keine Stunde.
Aber stets und überall findet es heutzutage langhaarige, abenteuerlich kostü-
Mirte Fahnenträger und immer sind es Fremdlinge. Wahr! Breslauer, z. B.
starben ans Berliner Barrikaden, Hamburger blutete» vor den Wiener Linien;
nicht einmal Schutzverwandte waren sie in Berlin oder Wien. Autochthonische
Hausbesitzer sind überall ruhige Bürger, freuen sich vielleicht, wenn die deutsche
Einheit und Größe zu Stande kommt. Wo nicht, werden sie sich auch zu trösten
wissen.
Die allgemeine europäische Propaganda wird eines süßen Todes sterben, an
dem Tage wo das Reich der Freiheit im Volke und das Reich der Wahrheit in
den Kabinetten beginnt. Bis dahin ist sie unüberwindlich wie die Pforten der
Hölle. Ihr konnt den Menschen nicht mehr an die Scholle und deu Zunftstock
binden; Ihr könnt die blitzschnelle Reibung der Geister durch Dampf und Drucker¬
schwärze nicht mehr hemmen; die Propaganda des Lichtes, der Luft und des
Wortes werdet Ihr nicht mehr tödten, — selbst wenn Ihr den ganzen Stadt¬
graben rings um die Wiener Stadt mit den Leichen der von „Zuläufern, Ver¬
wichenen, Flüchtlingen, Landstreichern und unbefugten Pasquillanten verschiedener
Nationen" ausfüllt, also! —
Zwiegespräch auf einer Treppe. — Baron. Na, die Preußen ha¬
ben in Dresden brav gewirthschaftet, todtgeschlagen, ins Wasser geschmissen, zum
Krüppel gehauen, was nur wie ein Demokrat aussah. — Ich: Sie haben doch
Nichts dawider? — Baron. Im Gegentheil: Brave Soldaten! Ich wollte
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