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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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Auch in der Presse entwickelte unsere ultramontane Partei die umfassendste
Rührigkeit; der "Volksbote" mit einem Beiwagen und einem Sonntagsblatt "der
treue Katholik" "das neue Münchener Tageblatt" "Scherz und Ernst" mit einem
katholischen Sonntagsblatt und einem Zuschauer in München nach Art der neuen
preußischen Zeitung bearbeiten die mittleren und unteren Volksschichten in Stadt
und Land. Die "historisch-politischen Blätter" v. G. Görres und Philipps, diese
ultramontane Großmacht in Deutschland, die Augsburger Postzeitung mit ihrem
geistlichen Sonntagsblatt, redigirt v. Ludwig Schönchen, die neue Sion, redigirt
von Dr. Haas, der Lechbote in Augsburg,, das Würzburger Journal, redigirt
von Dr. Brühl und das bairische Volksblatt in der Oberpfalz entwickeln die Ideen
und Pläne des Münchener ultramontanen Centrums des weiteren in Baiern und
im übrigen Deutschland, wie der "Westphälische Merkur" und namentlich die
"Rheinische Volkshalle" wiederum in den hiesigen ultramontanen Kreisen gelesen
und verbreitet werden. Daß alle irgend brauchbaren Aufsätze in deutschfeindlichen
particularistischen Zeitungen z. B. in der Frankfurter, hannoverschen und preußi¬
schen Zeitung, in der ultramontanen Presse weiter verbreitet werden, versteht sich
von selbst. Auch an Brochüren von dieser Seite gegen Preußen hat es nicht ge¬
fehlt. So erschien bei Manz in Regensburg: "Tcmgesta, Preußens Verdienste
um Kaiser und Reich" und in dem bekannten ultramontanen Verlag von B. Schmid
^ in Augsburg: "Preußens Politik in Beziehung auf Deutschland." Ferner "die
Grundrechte und die Reichsverfassung für Deutschland, beleuchtet von einem Baier
(v. Moy?) bei B. Schmid. Augsburg. Auch zwei Flugblätter von den Ultra¬
montanen ausgegangen, wurden in unzähligen Exemplaren in Stadt und Land
jüngst verbreitet, die "Reichsverfassungszeche" (Berechnung der Verluste Baierns
bis auf den Heller) und das andere: "Wie dnrch die Frankfurter Reichsverfas-
sung Baierns Wohlstand und ganzer Bestand zu Grunde gerichtet wird."

Zwei Umstände begünstigten insbesondere den Einfluß der Ultramontanen in
jüngster Zeit; der Hof und die bureaukrattsche Partei fühlten ihre Schwäche ohne
jene dem Volke gegenüber; darum ward die Coalition mit den Ultramontanen ein¬
gegangen, die so eng ist, daß die Neue Münchner Zeitung, dets anerkannte Hvf-
uud Regierungsorgau ihre Spalten anch der so mächtigen Partei zu öffnen ge¬
nöthigt war. Die Bureaukraten und ihr Vvlksorgan "der Reichsbote" standen
der geistlichen Partei nicht mehr gegenüber, wiewohl sonst, sondern mit aller Ent¬
schlossenheit zur Seite. Der andere günstige Umstand ist darin ruhend, daß die
beide" gelesensten Organe in Baiern, die Augsburger Allgemeine Zeitung und na¬
mentlich der Korrespondent von und für Deutschland in Nürnberg das ganze Jahr
l848 hindurch bis heute eine mittlere zusehende, mehr warnende und rathende
als leitende Stellung in der Agitation für die deutsche Einheit behaupteten, und
namentlich letzteres Blatt weder Oestreich jemals ernstlich aufzugeben, noch vom
Vereinbarungspriucip zu lassen entschlossen war und in der Coalition der erklär-


Auch in der Presse entwickelte unsere ultramontane Partei die umfassendste
Rührigkeit; der „Volksbote" mit einem Beiwagen und einem Sonntagsblatt „der
treue Katholik" „das neue Münchener Tageblatt" „Scherz und Ernst" mit einem
katholischen Sonntagsblatt und einem Zuschauer in München nach Art der neuen
preußischen Zeitung bearbeiten die mittleren und unteren Volksschichten in Stadt
und Land. Die „historisch-politischen Blätter" v. G. Görres und Philipps, diese
ultramontane Großmacht in Deutschland, die Augsburger Postzeitung mit ihrem
geistlichen Sonntagsblatt, redigirt v. Ludwig Schönchen, die neue Sion, redigirt
von Dr. Haas, der Lechbote in Augsburg,, das Würzburger Journal, redigirt
von Dr. Brühl und das bairische Volksblatt in der Oberpfalz entwickeln die Ideen
und Pläne des Münchener ultramontanen Centrums des weiteren in Baiern und
im übrigen Deutschland, wie der „Westphälische Merkur" und namentlich die
„Rheinische Volkshalle" wiederum in den hiesigen ultramontanen Kreisen gelesen
und verbreitet werden. Daß alle irgend brauchbaren Aufsätze in deutschfeindlichen
particularistischen Zeitungen z. B. in der Frankfurter, hannoverschen und preußi¬
schen Zeitung, in der ultramontanen Presse weiter verbreitet werden, versteht sich
von selbst. Auch an Brochüren von dieser Seite gegen Preußen hat es nicht ge¬
fehlt. So erschien bei Manz in Regensburg: „Tcmgesta, Preußens Verdienste
um Kaiser und Reich" und in dem bekannten ultramontanen Verlag von B. Schmid
^ in Augsburg: „Preußens Politik in Beziehung auf Deutschland." Ferner „die
Grundrechte und die Reichsverfassung für Deutschland, beleuchtet von einem Baier
(v. Moy?) bei B. Schmid. Augsburg. Auch zwei Flugblätter von den Ultra¬
montanen ausgegangen, wurden in unzähligen Exemplaren in Stadt und Land
jüngst verbreitet, die „Reichsverfassungszeche" (Berechnung der Verluste Baierns
bis auf den Heller) und das andere: „Wie dnrch die Frankfurter Reichsverfas-
sung Baierns Wohlstand und ganzer Bestand zu Grunde gerichtet wird."

Zwei Umstände begünstigten insbesondere den Einfluß der Ultramontanen in
jüngster Zeit; der Hof und die bureaukrattsche Partei fühlten ihre Schwäche ohne
jene dem Volke gegenüber; darum ward die Coalition mit den Ultramontanen ein¬
gegangen, die so eng ist, daß die Neue Münchner Zeitung, dets anerkannte Hvf-
uud Regierungsorgau ihre Spalten anch der so mächtigen Partei zu öffnen ge¬
nöthigt war. Die Bureaukraten und ihr Vvlksorgan „der Reichsbote" standen
der geistlichen Partei nicht mehr gegenüber, wiewohl sonst, sondern mit aller Ent¬
schlossenheit zur Seite. Der andere günstige Umstand ist darin ruhend, daß die
beide» gelesensten Organe in Baiern, die Augsburger Allgemeine Zeitung und na¬
mentlich der Korrespondent von und für Deutschland in Nürnberg das ganze Jahr
l848 hindurch bis heute eine mittlere zusehende, mehr warnende und rathende
als leitende Stellung in der Agitation für die deutsche Einheit behaupteten, und
namentlich letzteres Blatt weder Oestreich jemals ernstlich aufzugeben, noch vom
Vereinbarungspriucip zu lassen entschlossen war und in der Coalition der erklär-


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[0308] Auch in der Presse entwickelte unsere ultramontane Partei die umfassendste Rührigkeit; der „Volksbote" mit einem Beiwagen und einem Sonntagsblatt „der treue Katholik" „das neue Münchener Tageblatt" „Scherz und Ernst" mit einem katholischen Sonntagsblatt und einem Zuschauer in München nach Art der neuen preußischen Zeitung bearbeiten die mittleren und unteren Volksschichten in Stadt und Land. Die „historisch-politischen Blätter" v. G. Görres und Philipps, diese ultramontane Großmacht in Deutschland, die Augsburger Postzeitung mit ihrem geistlichen Sonntagsblatt, redigirt v. Ludwig Schönchen, die neue Sion, redigirt von Dr. Haas, der Lechbote in Augsburg,, das Würzburger Journal, redigirt von Dr. Brühl und das bairische Volksblatt in der Oberpfalz entwickeln die Ideen und Pläne des Münchener ultramontanen Centrums des weiteren in Baiern und im übrigen Deutschland, wie der „Westphälische Merkur" und namentlich die „Rheinische Volkshalle" wiederum in den hiesigen ultramontanen Kreisen gelesen und verbreitet werden. Daß alle irgend brauchbaren Aufsätze in deutschfeindlichen particularistischen Zeitungen z. B. in der Frankfurter, hannoverschen und preußi¬ schen Zeitung, in der ultramontanen Presse weiter verbreitet werden, versteht sich von selbst. Auch an Brochüren von dieser Seite gegen Preußen hat es nicht ge¬ fehlt. So erschien bei Manz in Regensburg: „Tcmgesta, Preußens Verdienste um Kaiser und Reich" und in dem bekannten ultramontanen Verlag von B. Schmid ^ in Augsburg: „Preußens Politik in Beziehung auf Deutschland." Ferner „die Grundrechte und die Reichsverfassung für Deutschland, beleuchtet von einem Baier (v. Moy?) bei B. Schmid. Augsburg. Auch zwei Flugblätter von den Ultra¬ montanen ausgegangen, wurden in unzähligen Exemplaren in Stadt und Land jüngst verbreitet, die „Reichsverfassungszeche" (Berechnung der Verluste Baierns bis auf den Heller) und das andere: „Wie dnrch die Frankfurter Reichsverfas- sung Baierns Wohlstand und ganzer Bestand zu Grunde gerichtet wird." Zwei Umstände begünstigten insbesondere den Einfluß der Ultramontanen in jüngster Zeit; der Hof und die bureaukrattsche Partei fühlten ihre Schwäche ohne jene dem Volke gegenüber; darum ward die Coalition mit den Ultramontanen ein¬ gegangen, die so eng ist, daß die Neue Münchner Zeitung, dets anerkannte Hvf- uud Regierungsorgau ihre Spalten anch der so mächtigen Partei zu öffnen ge¬ nöthigt war. Die Bureaukraten und ihr Vvlksorgan „der Reichsbote" standen der geistlichen Partei nicht mehr gegenüber, wiewohl sonst, sondern mit aller Ent¬ schlossenheit zur Seite. Der andere günstige Umstand ist darin ruhend, daß die beide» gelesensten Organe in Baiern, die Augsburger Allgemeine Zeitung und na¬ mentlich der Korrespondent von und für Deutschland in Nürnberg das ganze Jahr l848 hindurch bis heute eine mittlere zusehende, mehr warnende und rathende als leitende Stellung in der Agitation für die deutsche Einheit behaupteten, und namentlich letzteres Blatt weder Oestreich jemals ernstlich aufzugeben, noch vom Vereinbarungspriucip zu lassen entschlossen war und in der Coalition der erklär-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/308>, abgerufen am 15.01.2025.