Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.MvntaniSmUS in liberaler Gesellschaft oder des guten herrschenden ZeittoneS Hal- Wundert man sich, daß München allein unter den großen bairischen Städten In München hatte sich frühzeitig die ultramontane Wirksamkeit in dreifacher Zg*
MvntaniSmUS in liberaler Gesellschaft oder des guten herrschenden ZeittoneS Hal- Wundert man sich, daß München allein unter den großen bairischen Städten In München hatte sich frühzeitig die ultramontane Wirksamkeit in dreifacher Zg*
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MvntaniSmUS in liberaler Gesellschaft oder des guten herrschenden ZeittoneS Hal-
ber, und sieht man ernster zu, so sind sie entweder von den Unterstützungen der
Ultramontanen abhängig oder die von diesen durch religiöse Eindrücke vollkommen
beherrschte Frauenwelt oder ihre eigene mangelhafte und sittliche Bildung hält
sie an unsichtbaren Fäden fest in den Händen jener Partei.
Wundert man sich, daß München allein unter den großen bairischen Städten
in der Agitation sür die Reichsverfassung zurückgeblieben ist? Diesmal war die
ultramontane Partei gegen die Bewegung, während sie die Austreibung der
Lota und in den ersten Märztagen die Bevölkerung geschoben und getrieben hatte,
weil sie damals noch der frohen Hoffnung war, die Bewegung in ihrem Sinne
auf weiterhin lenken und ausbeuten zu können. Fast alle ultramontanen Kräfte
waren in Frankfurt vereinigt. Man hoffte anfangs die unbedingte Freiheit der
Kirche vom Staate im Parlamente durchsetzen zu können und selbst als dies mi߬
glückte, hoffte man noch. Wir wissen, wie bedeutungsvoll die Würzburger
Bischöfeversammlung sich sür die Nationalversammlung aussprach. Erst als dk
erbkaiserliche Partei mit ihren Planen offenbar wurde, begann das von dem bai¬
rischen und dem übrigen deutschen Ultramontanismus gegen Frankfurt gerichtete
Zerstörungswerk in den fatalen Abstimmungen in der particularistischen Wirksamkeit
an den Höfen.
In München hatte sich frühzeitig die ultramontane Wirksamkeit in dreifacher
Richtung gezeigt, am Hofe, in der Presse und im Vereinsrecht. Ein Hanpt-
verein sür constitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit
hatte sich unter Guido v. Görres Leitung gebildet, der alle Bestandtheile des
Adels, der höheren und mittleren Bürgerkreise vereinigte, in stetem Briefverkehr
wie den Koryphäen in Frankfurt und mit den Filialvereinen in Ober- und Nieder-
baiern, Oberpfalz und Schwaben stand. Diese Vereine entwickelten in der deut¬
schen Frage eine erstaunenswerthe Rührigkeit; sie stand fortwährend auf ihrer Ta¬
gesordnung und als die Wogen für Preußen hoch zu gehen schienen und der
König Friedrich Wilden IV. noch nicht definitiv die Krone und Reichsverfassung
abgelehnt, hatte der ultramontane constitutionell-monarchische Verein in Augsburg,
der sich bekanntlich feierlich für ein erbliches östreichisches Kaiserthum ausgesprochen,
bereits die besten Arrangements zu allseitiger Befriedigung getroffen, in der Augs-
burger Postzeitung und in Flugblättern hatte er ein Programm veröffentlicht,
"ach welchem der König von Preußen als Kaiser an die Spitze von Norddeutsch-
land, an die von Süddeutschland der König Max von Baiern treten, Oberhaupt
ganz Deutschland aber der Kaiser von Oestreich (der Jüngling) werden sollte,
dann sollte der König von Preußen den Neichsmarschall und der König von
Baiern den Neichsoberrichter spielen. Dieser von dem protestantischen Freiherrn
^ Bernhard in Augsburg herstammende Plan wurde von allen ultramontanen
Preßvrganen dem Hofe und der Regierung in allem Ernste empfohlen.
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