Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Bölkerkäflg des großen Czaars. Russische Tagsbefchle und Ukase werden den Noch sucht das östreichische Kabinet sich selbst über die verhängnißschwerm Bölkerkäflg des großen Czaars. Russische Tagsbefchle und Ukase werden den Noch sucht das östreichische Kabinet sich selbst über die verhängnißschwerm <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0301" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278811"/> <p xml:id="ID_923" prev="#ID_922"> Bölkerkäflg des großen Czaars. Russische Tagsbefchle und Ukase werden den<lb/> Kaiser von Oestreich belehren, wie er seine Völker constitutionell regieren kann,<lb/> russische Polizei hat sich bereits in Krakau angesiedelt, um zugleich mit dem Vor¬<lb/> rücken der Armee ihr geheimes demvralisirendes Gift den östreichischen Völkern<lb/> einzuimpfen; wie viel von dem „eroberten" Lande sich Nußland vorbehalten<lb/> werde, bleibt der Gnade des CzaarS oder „der Treue" desselben, wie sich die<lb/> Wiener Zeitung ausdrückt, und den englisch-französischen Kabinetten anheimgestellt. Wir<lb/> glauben selbst, wie das sehr gläubige östreichische Ministerium, daß sich Rußland<lb/> »icht direct bei der ungarischen Beute, wie einst bei Polen, betheiligen werde.<lb/> Ihm wird die intime Bekannischaft mit den östreichischen Serben und Wallachen,<lb/> die Befestigung in der Herrschaft über die Donaufürstenthümer, eine Absperrung<lb/> Oestreichs und Deutschlands von den Ufern des schwarzen Meeres und des Bos-<lb/> Phvrnö genügen. Das russische Cabinet wird sich freundlichst bemühen, dein<lb/> schwachen Verwaltungötalcute des östreichischen Cabinets dnrch ein r^Il;>»«!»t in'-<lb/> Kiwi«!»« für die ungarischen Länder zu Hilfe zu kommen, welches dessen Einfluß<lb/> in Serbien, Kroatien, Siebenbürgen und Ungarn eben so sichern wird, als bis¬<lb/> her das russ. i«>gleme»t vrg'lui^in in der Wallachei und Moldau. Fürst Paö-<lb/> kewitsch versteht sich auf gouvernementale Behandlung der Polen und wird seine<lb/> Thätigkeit uicht blos auf die ruthenischen Schützlinge des Grafen Stadion be¬<lb/> schränken, sondern dem erlauchten Grafen gewiß in der „Organisation" der übri¬<lb/> gen Provinzen mit seinen Erfahrungen u»d Besatzungen an die Hand gehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_924" next="#ID_925"> Noch sucht das östreichische Kabinet sich selbst über die verhängnißschwerm<lb/> Folgen seiner Feigheit zu täuschen und verbirgt, wie Vogel Strauß, den Kopf,<lb/> die unausweichliche Gefahr nicht zu, sehen. Der junge, von seinen Rathgebern<lb/> verrathene Monarch übernimmt den Oberbefehl über die vereinigte Armee, um<lb/> der Eifersucht der östreichische» «ud russischen Feldherrn vorzubeugen. Aber er<lb/> ^'gißt, daß der Retter in der Noth seine Hilfe um so höher anschlägt, je schwächer<lb/> "ud verächtlicher sich der Bedrängte in deu Augen der Welt gezeigt hat. Die<lb/> östreichische Armee ist dnrch die Ungeschicklichkeit ihrer Führer, dnrch die geistige<lb/> Ohnmacht des obersten Kricgsraths deöorganisirt und materiell und moralisch<lb/> geschwächt - die russische Hilfsarmee ist der östreichischen an Anzahl, Disciplin,<lb/> ^"sstattnng und Vertrauen in den europäischen Nuf der Führer überlegen. Der<lb/> ^"sse läßt sich für seine Hilfe nicht bezahlen , er null nicht Diener, sonder.'! Herr<lb/> Hanse Oestreich sem. Glaubt nur der Kriegsminister Gordon oder Fcldzeug-<lb/> weister Melden, der russische Feldmarschall, ein Meister in der Unterdrückung von<lb/> Volköinsurrectioncu, werde sich von ihnen Operationspläne und Befehle dictiren<lb/> ^sser? Oder hofft das östreichische Kabinet den russischen Sieger nach der ersten<lb/> gewonnene» Schlacht über die Ungarn in seinem wohlberechneten Vordringen auf¬<lb/> halten und zum Friedensschlüsse mit den Ungarn vermögen zu können? Eine<lb/> Pacisication Ungarns von Seite Oestreichs ist jetzt unmöglich.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0301]
Bölkerkäflg des großen Czaars. Russische Tagsbefchle und Ukase werden den
Kaiser von Oestreich belehren, wie er seine Völker constitutionell regieren kann,
russische Polizei hat sich bereits in Krakau angesiedelt, um zugleich mit dem Vor¬
rücken der Armee ihr geheimes demvralisirendes Gift den östreichischen Völkern
einzuimpfen; wie viel von dem „eroberten" Lande sich Nußland vorbehalten
werde, bleibt der Gnade des CzaarS oder „der Treue" desselben, wie sich die
Wiener Zeitung ausdrückt, und den englisch-französischen Kabinetten anheimgestellt. Wir
glauben selbst, wie das sehr gläubige östreichische Ministerium, daß sich Rußland
»icht direct bei der ungarischen Beute, wie einst bei Polen, betheiligen werde.
Ihm wird die intime Bekannischaft mit den östreichischen Serben und Wallachen,
die Befestigung in der Herrschaft über die Donaufürstenthümer, eine Absperrung
Oestreichs und Deutschlands von den Ufern des schwarzen Meeres und des Bos-
Phvrnö genügen. Das russische Cabinet wird sich freundlichst bemühen, dein
schwachen Verwaltungötalcute des östreichischen Cabinets dnrch ein r^Il;>»«!»t in'-
Kiwi«!»« für die ungarischen Länder zu Hilfe zu kommen, welches dessen Einfluß
in Serbien, Kroatien, Siebenbürgen und Ungarn eben so sichern wird, als bis¬
her das russ. i«>gleme»t vrg'lui^in in der Wallachei und Moldau. Fürst Paö-
kewitsch versteht sich auf gouvernementale Behandlung der Polen und wird seine
Thätigkeit uicht blos auf die ruthenischen Schützlinge des Grafen Stadion be¬
schränken, sondern dem erlauchten Grafen gewiß in der „Organisation" der übri¬
gen Provinzen mit seinen Erfahrungen u»d Besatzungen an die Hand gehen.
Noch sucht das östreichische Kabinet sich selbst über die verhängnißschwerm
Folgen seiner Feigheit zu täuschen und verbirgt, wie Vogel Strauß, den Kopf,
die unausweichliche Gefahr nicht zu, sehen. Der junge, von seinen Rathgebern
verrathene Monarch übernimmt den Oberbefehl über die vereinigte Armee, um
der Eifersucht der östreichische» «ud russischen Feldherrn vorzubeugen. Aber er
^'gißt, daß der Retter in der Noth seine Hilfe um so höher anschlägt, je schwächer
"ud verächtlicher sich der Bedrängte in deu Augen der Welt gezeigt hat. Die
östreichische Armee ist dnrch die Ungeschicklichkeit ihrer Führer, dnrch die geistige
Ohnmacht des obersten Kricgsraths deöorganisirt und materiell und moralisch
geschwächt - die russische Hilfsarmee ist der östreichischen an Anzahl, Disciplin,
^"sstattnng und Vertrauen in den europäischen Nuf der Führer überlegen. Der
^"sse läßt sich für seine Hilfe nicht bezahlen , er null nicht Diener, sonder.'! Herr
Hanse Oestreich sem. Glaubt nur der Kriegsminister Gordon oder Fcldzeug-
weister Melden, der russische Feldmarschall, ein Meister in der Unterdrückung von
Volköinsurrectioncu, werde sich von ihnen Operationspläne und Befehle dictiren
^sser? Oder hofft das östreichische Kabinet den russischen Sieger nach der ersten
gewonnene» Schlacht über die Ungarn in seinem wohlberechneten Vordringen auf¬
halten und zum Friedensschlüsse mit den Ungarn vermögen zu können? Eine
Pacisication Ungarns von Seite Oestreichs ist jetzt unmöglich.
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