Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.setzen, wenn er sich für einen bestimmten Zweck zusammen thut und nach Errei¬ Grenzboten. II.
setzen, wenn er sich für einen bestimmten Zweck zusammen thut und nach Errei¬ Grenzboten. II.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0289" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278799"/> <p xml:id="ID_901" prev="#ID_900" next="#ID_902"> setzen, wenn er sich für einen bestimmten Zweck zusammen thut und nach Errei¬<lb/> chung desselben auflöst. Soll unsre große Partei in den nächsten Kammern der<lb/> vier Königreiche ihre Stärke entfalten können, so muß sie in einem großen Verein<lb/> ihren Ausdruck finden, einer Association für Durchführung der deutschen Verfassung.<lb/> Ein solcher Verein braucht weder Statuten, noch regelmäßige Versammlungen, nichts<lb/> als ein kurzes Programm, in welchem der Weg vorgezeichnet ist, auf welchem er<lb/> die Anerkennung der Verfassung durch die souveraine auf gesetzlichem Wege durch¬<lb/> zusetzen gedenkt. Gegen einen solche» Verein ist selbst der Belagerungszustand ohn¬<lb/> mächtig und wenn er sich über das ganze Land ausdehnt und durch seine Kandidaten<lb/> in den nächsten Kammern gemeinsam zu operiren weiß, so wird sein Auftreten un¬<lb/> widerstehlich, sein Erfolg sicher sein. Der Gegner, welchen wir zu bekämpfen<lb/> haben, sind die Gefühle und Stimmungen der Könige gegenüber der deutschen Be¬<lb/> wegung. Die Monarchen haben ihre persönlichen Ansichten dem gesetzmäßig aus¬<lb/> gesprochenen Willen des Volks mit schneidender Schärfe gegenübergestellt, und<lb/> dadurch für diesen Streit das constitutionelle Recht verloren, ihre Persönlichkeit<lb/> der öffentlichen Betrachtung zu entziehn. Wir haben die Ansicht, daß wir unsre<lb/> Partei nicht mehr ehren können, als wenn wir von unsern Gegner» so groß und<lb/> gut als möglich denken. Noch halten wir eine Versöhnung der Volker mit den<lb/> Kronen sür möglich und so lange diese möglich ist, ist sie nützlich und nothwendig<lb/> für die Staaten. Wir wünschen die Krone dem deutschen Staatensystem zu er¬<lb/> halten, vielleicht nicht deshalb, weil wir sie lieben, sondern weil wir erkennen,<lb/> daß ihr Fall uns möglicherweise durch alle Stadien der alten französischen Revo¬<lb/> lution, eine Schreckensherrschaft und die Tyrannei brutaler Feldherrn führen wird.<lb/> Wir wollen die großen Kronenerhalten, und sei es auf Kosten derer, welche dieselben<lb/> gegenwärtig tragen. Die Fürsten, welche ihren Willen dem des Volks entgegen¬<lb/> gesetzt haben, sind mit Ausnahme des Königs von Baiern, dessen ganze Stellung<lb/> in der deutschen Frage eine andre ist, vor der Revolution auf den Thron gestie¬<lb/> gen, sie sind in den Gefühlen und Ueberzeugungen souveräner Herren der alten<lb/> Zeit zu Jahren gekommen. Alle drei haben die Tugenden, welche dem Leben eines<lb/> Privatmannes Werth und Ansehn geben, allen dreien ist von ihrem Volke die<lb/> Ehrfurcht nicht zu versagen, welche ein unbeflecktes Privatleben und ehrenhafte<lb/> Gesinnung abnöthigen; aber auch das ist ein Fluch unsrer furchtbaren Zeit, daß<lb/> die Souveräne gerade jetzt, wo bürgerliche Sittlichkeit und häuslicher Sinn, die<lb/> alten Stammtugenden der Deutschen, in ihren Kreisen heimisch geworden sind, das<lb/> Verständniß verloren haben sür die Forderungen der Gegenwart, daß grade jetzt<lb/> ein Heller Blick und fester Wille auf den Thronen seltner geworden ist, als in der<lb/> Zeit maaßloser Regentenwillknr. Mit Theilnahme, ja mit Rührung mögen wir<lb/> den Konflikt sehn, in welchen ein ehrlicher, vielleicht liebenswürdiger Mann, zwi¬<lb/> schen seinen anerzogenen Ansichten und den strengen Forderungen der Gegenwart<lb/> kommt. Aber diese Betrachtung wird uns nicht irre machen auf dem Wege, welche</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. II.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0289]
setzen, wenn er sich für einen bestimmten Zweck zusammen thut und nach Errei¬
chung desselben auflöst. Soll unsre große Partei in den nächsten Kammern der
vier Königreiche ihre Stärke entfalten können, so muß sie in einem großen Verein
ihren Ausdruck finden, einer Association für Durchführung der deutschen Verfassung.
Ein solcher Verein braucht weder Statuten, noch regelmäßige Versammlungen, nichts
als ein kurzes Programm, in welchem der Weg vorgezeichnet ist, auf welchem er
die Anerkennung der Verfassung durch die souveraine auf gesetzlichem Wege durch¬
zusetzen gedenkt. Gegen einen solche» Verein ist selbst der Belagerungszustand ohn¬
mächtig und wenn er sich über das ganze Land ausdehnt und durch seine Kandidaten
in den nächsten Kammern gemeinsam zu operiren weiß, so wird sein Auftreten un¬
widerstehlich, sein Erfolg sicher sein. Der Gegner, welchen wir zu bekämpfen
haben, sind die Gefühle und Stimmungen der Könige gegenüber der deutschen Be¬
wegung. Die Monarchen haben ihre persönlichen Ansichten dem gesetzmäßig aus¬
gesprochenen Willen des Volks mit schneidender Schärfe gegenübergestellt, und
dadurch für diesen Streit das constitutionelle Recht verloren, ihre Persönlichkeit
der öffentlichen Betrachtung zu entziehn. Wir haben die Ansicht, daß wir unsre
Partei nicht mehr ehren können, als wenn wir von unsern Gegner» so groß und
gut als möglich denken. Noch halten wir eine Versöhnung der Volker mit den
Kronen sür möglich und so lange diese möglich ist, ist sie nützlich und nothwendig
für die Staaten. Wir wünschen die Krone dem deutschen Staatensystem zu er¬
halten, vielleicht nicht deshalb, weil wir sie lieben, sondern weil wir erkennen,
daß ihr Fall uns möglicherweise durch alle Stadien der alten französischen Revo¬
lution, eine Schreckensherrschaft und die Tyrannei brutaler Feldherrn führen wird.
Wir wollen die großen Kronenerhalten, und sei es auf Kosten derer, welche dieselben
gegenwärtig tragen. Die Fürsten, welche ihren Willen dem des Volks entgegen¬
gesetzt haben, sind mit Ausnahme des Königs von Baiern, dessen ganze Stellung
in der deutschen Frage eine andre ist, vor der Revolution auf den Thron gestie¬
gen, sie sind in den Gefühlen und Ueberzeugungen souveräner Herren der alten
Zeit zu Jahren gekommen. Alle drei haben die Tugenden, welche dem Leben eines
Privatmannes Werth und Ansehn geben, allen dreien ist von ihrem Volke die
Ehrfurcht nicht zu versagen, welche ein unbeflecktes Privatleben und ehrenhafte
Gesinnung abnöthigen; aber auch das ist ein Fluch unsrer furchtbaren Zeit, daß
die Souveräne gerade jetzt, wo bürgerliche Sittlichkeit und häuslicher Sinn, die
alten Stammtugenden der Deutschen, in ihren Kreisen heimisch geworden sind, das
Verständniß verloren haben sür die Forderungen der Gegenwart, daß grade jetzt
ein Heller Blick und fester Wille auf den Thronen seltner geworden ist, als in der
Zeit maaßloser Regentenwillknr. Mit Theilnahme, ja mit Rührung mögen wir
den Konflikt sehn, in welchen ein ehrlicher, vielleicht liebenswürdiger Mann, zwi¬
schen seinen anerzogenen Ansichten und den strengen Forderungen der Gegenwart
kommt. Aber diese Betrachtung wird uns nicht irre machen auf dem Wege, welche
Grenzboten. II.
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