Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.gewalt des Centralparlamcnts und seiner Executive, des Neichsministeriums, .so Wenn übrigens jene Erklärung der Gemeinde, wie wir hören, ein Grund Die Grenzboten haben ihr leichtes Zelt in der Gemeinde Leipzig aufgeschla¬ gewalt des Centralparlamcnts und seiner Executive, des Neichsministeriums, .so Wenn übrigens jene Erklärung der Gemeinde, wie wir hören, ein Grund Die Grenzboten haben ihr leichtes Zelt in der Gemeinde Leipzig aufgeschla¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0270" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278780"/> <p xml:id="ID_848" prev="#ID_847"> gewalt des Centralparlamcnts und seiner Executive, des Neichsministeriums, .so<lb/> hoch fassen, müssen sie anch die Beschlüsse dieser höchsten Autorität über die Schuld<lb/> und Strafe der ungesetzlichen Handlung abwarten, und haben nicht das geringste<lb/> Recht, sich in That oder Wort eigenwillig und voreilig von ihrer Landesregierung<lb/> abzulösen. Weder hatte Dresden auch von diesem Standpunkt aus das Recht die<lb/> Waffen zu ergreifen, noch Leipzig, sich durch eigenmächtige und willkürliche Er¬<lb/> klärung von einer unpopulären Negierung abzulösen. Auch praktisch nützlich war die<lb/> Erklärung nicht, denn was hätte die Centralgewalt der Stadt Leipzig für einen<lb/> Schutz gewähren können? Reichstruppen? Auch die Braunschweiger sind noch<lb/> nicht vereidet. Oder einen neuen Netchstvnuuissar nach dem Königstein? Es ist<lb/> keine Hoffnung, daß der etwas ausrichten werde. Leipzig mußte sich selbst helfen<lb/> gegen seine innren Feinde, und das hat es endlich anch gethan, und in dem<lb/> Kampf gegen die Krone durfte die Gemeinde nicht zweifelhaft sein, welchen<lb/> Weg sie zu gehen habe. Es ging aber, wie es in der Eile und im großen Eifer<lb/> auch dem Guten zu gehen pflegt, man suchte nach einer Phrase, um sich und An¬<lb/> dere zu beruhige».</p><lb/> <p xml:id="ID_849"> Wenn übrigens jene Erklärung der Gemeinde, wie wir hören, ein Grund<lb/> ist, daß Leipzig seinen tüchtigen Oberbürgermeister Klinger verliert; wenn er wirk¬<lb/> lich wegen seiner Neigung zum Radicalismus von den ehrenwerthen ältlichen<lb/> Herren zur Niederlegung seines Amtes gedrängt wurde, so bedauern wir seinen<lb/> Abgang herzlich, denn wir halten ihn für ein Unglück Leipzigs. Wohl möglich,<lb/> daß Klingers ehrenwerthe Gesinnung sich inmitten des kraftlosen und hastigen<lb/> Parteitreibens uicht immer freien Blick und Ruhe erhalten hat, wie viele von uns<lb/> können sich dessen rühmen? — aber er ist ein Mann von Talent und versprach<lb/> ein politischer Charakter zu werden und an den alten grauen Motten, welche durch<lb/> die letzten harten Schläge in Leipzig aufgeschreckt, um den Nathstisch herumflattern,<lb/> läßt sich weder Talent, noch Charakrer, noch irgend etwas bemerken, als Unfähigkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_850" next="#ID_851"> Die Grenzboten haben ihr leichtes Zelt in der Gemeinde Leipzig aufgeschla¬<lb/> gen, auch sie haben der Stadt für gastliche Aufnahme und vielen Einzelnen für<lb/> menschliches Wohlwollen zu danken. Und so sei es uns gestattet, an die Bür¬<lb/> ger Leipzigs ein ehrlich gemeintes Wort zu richten. — Dieser Frühling hat über<lb/> Deutschland den Anfang eines ungeheuern Kampfes gebracht, in welchem die deut¬<lb/> schen Völker vor der Welt den Beweis zu führen haben, ob sie Männer mit Ver¬<lb/> nunft, festem Willen und praktischen Forderungen, oder ungeschickte Poeten und<lb/> schwache Träumer sind, ob der alte Drang nach deutscher Einheit eine unnütze<lb/> Phantasterei oder ein tiefes Bedrängniß edler Naturen war. Was die Besten<lb/> der deutschen Nation lauge ersehnt, das hat die Blüthe deutscher Kraft zu Frank¬<lb/> furt durch die Thätigkeit eines Jahres der Wirklichkeit nahe gerückt, aller Idea-'<lb/> liSmus, alles Selbstgefühl der Volker hat sich an das Frankfurter Parlament ge¬<lb/> hängt, die deutsche Verfassung ist durch unsere gesetzlich gewählten Vertreter auf</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0270]
gewalt des Centralparlamcnts und seiner Executive, des Neichsministeriums, .so
hoch fassen, müssen sie anch die Beschlüsse dieser höchsten Autorität über die Schuld
und Strafe der ungesetzlichen Handlung abwarten, und haben nicht das geringste
Recht, sich in That oder Wort eigenwillig und voreilig von ihrer Landesregierung
abzulösen. Weder hatte Dresden auch von diesem Standpunkt aus das Recht die
Waffen zu ergreifen, noch Leipzig, sich durch eigenmächtige und willkürliche Er¬
klärung von einer unpopulären Negierung abzulösen. Auch praktisch nützlich war die
Erklärung nicht, denn was hätte die Centralgewalt der Stadt Leipzig für einen
Schutz gewähren können? Reichstruppen? Auch die Braunschweiger sind noch
nicht vereidet. Oder einen neuen Netchstvnuuissar nach dem Königstein? Es ist
keine Hoffnung, daß der etwas ausrichten werde. Leipzig mußte sich selbst helfen
gegen seine innren Feinde, und das hat es endlich anch gethan, und in dem
Kampf gegen die Krone durfte die Gemeinde nicht zweifelhaft sein, welchen
Weg sie zu gehen habe. Es ging aber, wie es in der Eile und im großen Eifer
auch dem Guten zu gehen pflegt, man suchte nach einer Phrase, um sich und An¬
dere zu beruhige».
Wenn übrigens jene Erklärung der Gemeinde, wie wir hören, ein Grund
ist, daß Leipzig seinen tüchtigen Oberbürgermeister Klinger verliert; wenn er wirk¬
lich wegen seiner Neigung zum Radicalismus von den ehrenwerthen ältlichen
Herren zur Niederlegung seines Amtes gedrängt wurde, so bedauern wir seinen
Abgang herzlich, denn wir halten ihn für ein Unglück Leipzigs. Wohl möglich,
daß Klingers ehrenwerthe Gesinnung sich inmitten des kraftlosen und hastigen
Parteitreibens uicht immer freien Blick und Ruhe erhalten hat, wie viele von uns
können sich dessen rühmen? — aber er ist ein Mann von Talent und versprach
ein politischer Charakter zu werden und an den alten grauen Motten, welche durch
die letzten harten Schläge in Leipzig aufgeschreckt, um den Nathstisch herumflattern,
läßt sich weder Talent, noch Charakrer, noch irgend etwas bemerken, als Unfähigkeit.
Die Grenzboten haben ihr leichtes Zelt in der Gemeinde Leipzig aufgeschla¬
gen, auch sie haben der Stadt für gastliche Aufnahme und vielen Einzelnen für
menschliches Wohlwollen zu danken. Und so sei es uns gestattet, an die Bür¬
ger Leipzigs ein ehrlich gemeintes Wort zu richten. — Dieser Frühling hat über
Deutschland den Anfang eines ungeheuern Kampfes gebracht, in welchem die deut¬
schen Völker vor der Welt den Beweis zu führen haben, ob sie Männer mit Ver¬
nunft, festem Willen und praktischen Forderungen, oder ungeschickte Poeten und
schwache Träumer sind, ob der alte Drang nach deutscher Einheit eine unnütze
Phantasterei oder ein tiefes Bedrängniß edler Naturen war. Was die Besten
der deutschen Nation lauge ersehnt, das hat die Blüthe deutscher Kraft zu Frank¬
furt durch die Thätigkeit eines Jahres der Wirklichkeit nahe gerückt, aller Idea-'
liSmus, alles Selbstgefühl der Volker hat sich an das Frankfurter Parlament ge¬
hängt, die deutsche Verfassung ist durch unsere gesetzlich gewählten Vertreter auf
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |