Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.besorgen die Transportmittel, die Verproviautirung, den Vorpostendienst, und Herr v. Nadowitz wird freilich über solche Kriegführung die Hände andächtig Ans einem Rückzüge gehts gewöhnlich den Kaiserlichen noch viel schlimmer. besorgen die Transportmittel, die Verproviautirung, den Vorpostendienst, und Herr v. Nadowitz wird freilich über solche Kriegführung die Hände andächtig Ans einem Rückzüge gehts gewöhnlich den Kaiserlichen noch viel schlimmer. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278757"/> <p xml:id="ID_774" prev="#ID_773"> besorgen die Transportmittel, die Verproviautirung, den Vorpostendienst, und<lb/> übernehmen dann wohl auch aus eigener Machtvollkommenheit, die Arbeit, kleinere<lb/> kaiserliche Corps zu umzingeln oder zu jagen. Die Bleiknopfpeitsche des Cstkvse<lb/> und seine Hacke, die er mit bewundernswerther Sicherheit zu werfen versteht, sind<lb/> den Kaiserlichen eine furchtbare Waffe geworden, da gegen dieselbe bis jetzt kein<lb/> östreichischer General ein Defensivmanöver ausgemittelt hat. In neuster Zeit sind<lb/> ganze Schwadronen solcher Csikose den regulären Truppen eingereiht worden, und<lb/> die Kühnheit nud Verschlagenheit dieser Noßhirten muß in der That wunderbar<lb/> sein, wenn schon der östreichische Soldatenfreund (ein militärisches Tageöblatt) ein¬<lb/> gesteht, daß das kaiserliche Centrum vor Kommvrn von ihnen durchbrochen und<lb/> östreichische Kavalleristen zu widerholten Malen von ihnen im Stalle überfallen<lb/> wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_775"> Herr v. Nadowitz wird freilich über solche Kriegführung die Hände andächtig<lb/> falten, und schwer begreife» können, daß eine östreichische Schwadron sich nicht<lb/> durch Vedetten sicher stellen sollte. Aber der Vorpostendienst der Kaiserlichen ist<lb/> in diesem Kriege so ermüdend und dabei doch so unzuverlässig, daß er allein im<lb/> Stande ist, die beste Truppe in wenig Monaten aufzureiben. Wochen lang kam<lb/> oft der arme Soldat nicht aus seinen Kleidern, der Sattel nicht vom Rücken des<lb/> Pferdes. Zu jeder Stunde, bei Tag und Nacht, bei Sturm und Wind und Sonnen¬<lb/> schein mußten sie eines lleberfalls gewärtig sein, und beliebt es dann einmal einem<lb/> vorgeschobenen Piquet die Sybariten zu spielen d. h. die Schuhe auszuziehen,<lb/> oder sich für die Nacht menschlich bequem zu mache», oder die Fleischtöpfe übers<lb/> Feuer zu stellen, so wird beim ersten Sattelriemen, den der Cavallerist losschnallt,<lb/> anch schon der Bauer des Dorfs den draußen lauernden Csikvsen ein Zeichen ge¬<lb/> geben haben, daß etwas für sie zu holen ist. Die magyarische» Vorposten dage¬<lb/> gen schlafen sanft in den Betten ihrer Wirthe, das Rößlein frißt ans der vollen<lb/> Krippe, der Junge striegelt es und wäscht ihm seiue Glieder mit Wein, und lauge,<lb/> ehe der Feind i» Schußweite kömmt, sind beide schon in Sicherheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_776"> Ans einem Rückzüge gehts gewöhnlich den Kaiserlichen noch viel schlimmer.<lb/> Haben sie nach stundenlangen, forcirten Marsche, welchem, um mit Melden zu<lb/> freche» „der Feind in Eile folgt" ein Dorf erreicht, wo sie eine Stunde Rast,<lb/> °in Glas Wem, el» Stück Brot, eiuen Trunk Wasser für sich und ihre Pferde<lb/> ZU erlangen hoffen, so finden sie die strohbedeckten Lehmhütten gewöhnlich men¬<lb/> schenleer. Die zurückgebliebenen Mütterchen haben selbst kein Wasser mehr und<lb/> ^ager, daß sie dem Verhungern nahe sind. Die Brunnen sind versandet, die<lb/> Keller geplündert, und vom Heuschober sind blos die leeren Stangen übrig ge¬<lb/> blieben. Drohungen führen zu keinem Ziele, zum Suchen aber ist die Zeit zu<lb/> ^rz, denn am Horizonte werden schon die nachjagenden Husaren sichtbar. So<lb/> ^ehe der Trupp fort aus dem Dorfe, schmachtend und verhungernd wie er gekom¬<lb/> men , um vielleicht doch noch mit den letzten Kräften ein Hauptcorps zu erreichen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
besorgen die Transportmittel, die Verproviautirung, den Vorpostendienst, und
übernehmen dann wohl auch aus eigener Machtvollkommenheit, die Arbeit, kleinere
kaiserliche Corps zu umzingeln oder zu jagen. Die Bleiknopfpeitsche des Cstkvse
und seine Hacke, die er mit bewundernswerther Sicherheit zu werfen versteht, sind
den Kaiserlichen eine furchtbare Waffe geworden, da gegen dieselbe bis jetzt kein
östreichischer General ein Defensivmanöver ausgemittelt hat. In neuster Zeit sind
ganze Schwadronen solcher Csikose den regulären Truppen eingereiht worden, und
die Kühnheit nud Verschlagenheit dieser Noßhirten muß in der That wunderbar
sein, wenn schon der östreichische Soldatenfreund (ein militärisches Tageöblatt) ein¬
gesteht, daß das kaiserliche Centrum vor Kommvrn von ihnen durchbrochen und
östreichische Kavalleristen zu widerholten Malen von ihnen im Stalle überfallen
wurden.
Herr v. Nadowitz wird freilich über solche Kriegführung die Hände andächtig
falten, und schwer begreife» können, daß eine östreichische Schwadron sich nicht
durch Vedetten sicher stellen sollte. Aber der Vorpostendienst der Kaiserlichen ist
in diesem Kriege so ermüdend und dabei doch so unzuverlässig, daß er allein im
Stande ist, die beste Truppe in wenig Monaten aufzureiben. Wochen lang kam
oft der arme Soldat nicht aus seinen Kleidern, der Sattel nicht vom Rücken des
Pferdes. Zu jeder Stunde, bei Tag und Nacht, bei Sturm und Wind und Sonnen¬
schein mußten sie eines lleberfalls gewärtig sein, und beliebt es dann einmal einem
vorgeschobenen Piquet die Sybariten zu spielen d. h. die Schuhe auszuziehen,
oder sich für die Nacht menschlich bequem zu mache», oder die Fleischtöpfe übers
Feuer zu stellen, so wird beim ersten Sattelriemen, den der Cavallerist losschnallt,
anch schon der Bauer des Dorfs den draußen lauernden Csikvsen ein Zeichen ge¬
geben haben, daß etwas für sie zu holen ist. Die magyarische» Vorposten dage¬
gen schlafen sanft in den Betten ihrer Wirthe, das Rößlein frißt ans der vollen
Krippe, der Junge striegelt es und wäscht ihm seiue Glieder mit Wein, und lauge,
ehe der Feind i» Schußweite kömmt, sind beide schon in Sicherheit.
Ans einem Rückzüge gehts gewöhnlich den Kaiserlichen noch viel schlimmer.
Haben sie nach stundenlangen, forcirten Marsche, welchem, um mit Melden zu
freche» „der Feind in Eile folgt" ein Dorf erreicht, wo sie eine Stunde Rast,
°in Glas Wem, el» Stück Brot, eiuen Trunk Wasser für sich und ihre Pferde
ZU erlangen hoffen, so finden sie die strohbedeckten Lehmhütten gewöhnlich men¬
schenleer. Die zurückgebliebenen Mütterchen haben selbst kein Wasser mehr und
^ager, daß sie dem Verhungern nahe sind. Die Brunnen sind versandet, die
Keller geplündert, und vom Heuschober sind blos die leeren Stangen übrig ge¬
blieben. Drohungen führen zu keinem Ziele, zum Suchen aber ist die Zeit zu
^rz, denn am Horizonte werden schon die nachjagenden Husaren sichtbar. So
^ehe der Trupp fort aus dem Dorfe, schmachtend und verhungernd wie er gekom¬
men , um vielleicht doch noch mit den letzten Kräften ein Hauptcorps zu erreichen.
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