Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Gedächtniß der Leser, um hier mehr als der Andeutung zu bedürfen. Wir er¬ Den glänzendsten Beweis seiner Unfähigkeit legte Graf Stadion in der stür¬ Die Darlegung der Politik des Cabinets zu Olmütz behalte ich mir für Reichstags-Galerie. Geschriebene Portraits der hervorragend sten Deputirten deS östrei¬ Die Portraits sind während der Sitzungen geschrieben, bis zur Auflösung Gedächtniß der Leser, um hier mehr als der Andeutung zu bedürfen. Wir er¬ Den glänzendsten Beweis seiner Unfähigkeit legte Graf Stadion in der stür¬ Die Darlegung der Politik des Cabinets zu Olmütz behalte ich mir für Reichstags-Galerie. Geschriebene Portraits der hervorragend sten Deputirten deS östrei¬ Die Portraits sind während der Sitzungen geschrieben, bis zur Auflösung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278734"/> <p xml:id="ID_696" prev="#ID_695"> Gedächtniß der Leser, um hier mehr als der Andeutung zu bedürfen. Wir er¬<lb/> innern zunächst an seine schwankende Politik in Bezug auf die Neugestaltung<lb/> Oestreichs. So viele Monate er jetzt Minister ist, so viele Meinungsphasen hat<lb/> er in jener Frage durchlaufen, und noch immer ist nichts Bestimmtes festgestellt.<lb/> Dasselbe gilt in Bezug auf die deutsche Frage. Das ministerielle Programm zog<lb/> eine Scheidelinie zwischen Deutschland und Oestreich, obgleich dem Cabinette schon<lb/> damals ein mitteleuropäisches Reich unter Habsburger Herrschaft vorschwebte.<lb/> Aber Station und die Herren von Olmütz glaubten, das Frankfurter Parlament<lb/> werde niemals eine Verfassung zu Stande bringen, fähig, das zersplitterte Deutsch¬<lb/> land zu einen, und die Fürsten und Völker würden sich zuletzt gezwungen sehen,<lb/> ihr Heil in der Staatsweisheit der Männer von Olmütz zu suchen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_697"> Den glänzendsten Beweis seiner Unfähigkeit legte Graf Stadion in der stür¬<lb/> mischen Reichstagssitznng vom 4. Januar ab, wo er vor Beginn der Berathung<lb/> über den vom Verfassungsanöscbusse aufgestellten dz. 1. der Grundrechte: „Alle<lb/> Staatsgewalten gehen vom Volke ans nud werden auf die in der Constitution<lb/> festgesetzte Weise ausgeübt," jene berüchtigte Ministerialerklärung verlas, wodurch<lb/> er die Debatte von vornherein zu einer unfreien machte. Von diesem Tage ein<lb/> war sein Ansehn im Reichstage für immer gebrochen, nud dem ersten Schritte<lb/> mußte über kurz oder laug der zweite: die Auflösung des Reichstages, folgen.<lb/> Die Auflösung wäre schon weit früher geschehe», wenn man nicht unruhige Folgen<lb/> gefürchtet hätte; erst als man durch die ministeriellen Blätter den Reichstag in<lb/> der Meinung des-Volks hinlänglich verdächtigt hatte, wagte man den entscheiden¬<lb/> den Schritt ihn gänzlich aufzulösen.</p><lb/> <p xml:id="ID_698"> Die Darlegung der Politik des Cabinets zu Olmütz behalte ich mir für<lb/> einen größern Aufsatz vor.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Reichstags-Galerie.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_699"> Geschriebene Portraits der hervorragend sten Deputirten deS östrei¬<lb/> chisch en Reichstags. Wien, Jasper, Hügel und Mainz.</p><lb/> <p xml:id="ID_700" next="#ID_701"> Die Portraits sind während der Sitzungen geschrieben, bis zur Auflösung<lb/> des Reichstags. Die veränderte Lage der Dinge hat oft genug die Charaktere<lb/> von einer Seite erscheinen lassen, welche das frühere Leben nicht darbot, und<lb/> so ist der Verfasser zuweilen in die Lage gekommen, ziemlich scharf ausgesprochene<lb/> Ansichten über einzelne Persönlichkeiten wieder zurücknehmen zu müssen. Mit Rie¬<lb/> ger hat er es ausdrücklich gethan, über Bach ist sein Urtheil jedenfalls noch ent-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0224]
Gedächtniß der Leser, um hier mehr als der Andeutung zu bedürfen. Wir er¬
innern zunächst an seine schwankende Politik in Bezug auf die Neugestaltung
Oestreichs. So viele Monate er jetzt Minister ist, so viele Meinungsphasen hat
er in jener Frage durchlaufen, und noch immer ist nichts Bestimmtes festgestellt.
Dasselbe gilt in Bezug auf die deutsche Frage. Das ministerielle Programm zog
eine Scheidelinie zwischen Deutschland und Oestreich, obgleich dem Cabinette schon
damals ein mitteleuropäisches Reich unter Habsburger Herrschaft vorschwebte.
Aber Station und die Herren von Olmütz glaubten, das Frankfurter Parlament
werde niemals eine Verfassung zu Stande bringen, fähig, das zersplitterte Deutsch¬
land zu einen, und die Fürsten und Völker würden sich zuletzt gezwungen sehen,
ihr Heil in der Staatsweisheit der Männer von Olmütz zu suchen. —
Den glänzendsten Beweis seiner Unfähigkeit legte Graf Stadion in der stür¬
mischen Reichstagssitznng vom 4. Januar ab, wo er vor Beginn der Berathung
über den vom Verfassungsanöscbusse aufgestellten dz. 1. der Grundrechte: „Alle
Staatsgewalten gehen vom Volke ans nud werden auf die in der Constitution
festgesetzte Weise ausgeübt," jene berüchtigte Ministerialerklärung verlas, wodurch
er die Debatte von vornherein zu einer unfreien machte. Von diesem Tage ein
war sein Ansehn im Reichstage für immer gebrochen, nud dem ersten Schritte
mußte über kurz oder laug der zweite: die Auflösung des Reichstages, folgen.
Die Auflösung wäre schon weit früher geschehe», wenn man nicht unruhige Folgen
gefürchtet hätte; erst als man durch die ministeriellen Blätter den Reichstag in
der Meinung des-Volks hinlänglich verdächtigt hatte, wagte man den entscheiden¬
den Schritt ihn gänzlich aufzulösen.
Die Darlegung der Politik des Cabinets zu Olmütz behalte ich mir für
einen größern Aufsatz vor.
Reichstags-Galerie.
Geschriebene Portraits der hervorragend sten Deputirten deS östrei¬
chisch en Reichstags. Wien, Jasper, Hügel und Mainz.
Die Portraits sind während der Sitzungen geschrieben, bis zur Auflösung
des Reichstags. Die veränderte Lage der Dinge hat oft genug die Charaktere
von einer Seite erscheinen lassen, welche das frühere Leben nicht darbot, und
so ist der Verfasser zuweilen in die Lage gekommen, ziemlich scharf ausgesprochene
Ansichten über einzelne Persönlichkeiten wieder zurücknehmen zu müssen. Mit Rie¬
ger hat er es ausdrücklich gethan, über Bach ist sein Urtheil jedenfalls noch ent-
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