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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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gelockt wurde, wie die kaiserlichen Dragoner durch die Czikose in die Pfützen der
Theißgründe.

Die alt - conservativen Magyaren repräsentirten zur Zeit der Preßburger
Reichstage das verkörperte Nvbilitätöprincip. Auf ihrer Brust stehn in den Lan¬
desfarben eingegraben die drei Worte null mo t-ni^er"-! das heißt: Rüttle nicht
an meinen Privilegien, laß mich meine Bauern schinden und plagen, wie es mein
Vater und Urgroßvater gethan vermöge der Landesgesetze, laß mich die
Deutschen hassen und die Slowaken und die Juden, laß mich keine Steuern und
keine Brückenzölle zahlen, aber rüttle auch nicht an den Steuer- und Militär¬
pflichtigkeiten der Nichtedellente, an den Mißbräuchen in den Comitaten, verbessere
beileibe nicht unsere Landstraßen, damit die Erfindung der Wegmäuthe nicht in
unser freies Land dringe. Vor allem aber, v König! lege nicht Hand an unsere
alte Verfassung, welche die beste ist von Japan bis England. --

Stolz auf seine Freiheit, oder besser gesagt, auf seine Freiheiten, stolz auf
seinen Knecht, stolz auf sein Pferd, stolz auf seine Sprache, auf seinen Säbel,
auf seine Bornirtheit, auf sein Land und seinen König mußte er jedes i"!"" oder
wiiius der Freiheit verwerfen. Er wollte eben so wenig einen Zuschlag als einen
Abzug. Die französische, die englische, die belgische Verfassung galten ihm durch¬
aus als Parvenus, allenfalls gut für jene Barbaren, aber nicht zu vergleichen mit
den alten Gerechtsamen Ungarns. Lxtr" llunxitiii.in nnn est vit-l, "l oft vita
"on oft nie.

Als sich in den letzten Jahren im ttnterhause zu Preßbuvg eine Opposition
herausbildete, welche, den Forderungen des Jahrhunderts Rechnung tragend, ge¬
gen die Uebergriffe des Hofes und die Mißgriffe der frühern Gesetzgeber gleich¬
gewaltig ihre Stimme erhob, da waren es diese Alt-Conservativen, welche die
Zechte Seite des Hauses repräsentirten. Dem großen Est'amotenr Metternich,
welcher die Freiheiten Ungarns auf jenem Reichstage durch seine Kreaturen wcg-
iuchangircn versuchte, standen sie nicht minder schroff entgegen als einem Deal,
Szr. Kiraly, Kossuth und Böthy, denen das moll me tiMAerv um einige Linien
weniger tief eintätowirt war. Diese Männer, rcichbegabt durch Talent, Energie
und Beredsamkeit, waren darum nicht minder stolze Magyaren; die Kämpfe mit
den Slaven um die Präponderanz der magyarischen Sprache haben es zur Genüge
bewiesen. Aber sie waren nicht sowohl stolz auf das, was Ungarn war und ist,
als auf das, was es werden sollte, wenn erst die starren Formen der Frei¬
heiten in das Lichtgewand der Freiheit gekleidet würde. Ihnen stand der
Mensch hvhxx der Magyare, und leider hatten die frühern Reichstage für alle
Rechte der Staatsbürger besser gesorgt, als für die freien Menschenrechte.

Kossuth's Lieblingsschriftsteller ist Rousseau. Das mag thcilivcise seine Rich¬
tung bezeichnen, wie sie sich bei seinem ersten Auftreten äußerte. Er war jung,
er aus dem Kerker kam, aber sein Haß gegen die östreichische Schergcnherrschust


gelockt wurde, wie die kaiserlichen Dragoner durch die Czikose in die Pfützen der
Theißgründe.

Die alt - conservativen Magyaren repräsentirten zur Zeit der Preßburger
Reichstage das verkörperte Nvbilitätöprincip. Auf ihrer Brust stehn in den Lan¬
desfarben eingegraben die drei Worte null mo t-ni^er«-! das heißt: Rüttle nicht
an meinen Privilegien, laß mich meine Bauern schinden und plagen, wie es mein
Vater und Urgroßvater gethan vermöge der Landesgesetze, laß mich die
Deutschen hassen und die Slowaken und die Juden, laß mich keine Steuern und
keine Brückenzölle zahlen, aber rüttle auch nicht an den Steuer- und Militär¬
pflichtigkeiten der Nichtedellente, an den Mißbräuchen in den Comitaten, verbessere
beileibe nicht unsere Landstraßen, damit die Erfindung der Wegmäuthe nicht in
unser freies Land dringe. Vor allem aber, v König! lege nicht Hand an unsere
alte Verfassung, welche die beste ist von Japan bis England. —

Stolz auf seine Freiheit, oder besser gesagt, auf seine Freiheiten, stolz auf
seinen Knecht, stolz auf sein Pferd, stolz auf seine Sprache, auf seinen Säbel,
auf seine Bornirtheit, auf sein Land und seinen König mußte er jedes i»!»» oder
wiiius der Freiheit verwerfen. Er wollte eben so wenig einen Zuschlag als einen
Abzug. Die französische, die englische, die belgische Verfassung galten ihm durch¬
aus als Parvenus, allenfalls gut für jene Barbaren, aber nicht zu vergleichen mit
den alten Gerechtsamen Ungarns. Lxtr» llunxitiii.in nnn est vit-l, «l oft vita
«on oft nie.

Als sich in den letzten Jahren im ttnterhause zu Preßbuvg eine Opposition
herausbildete, welche, den Forderungen des Jahrhunderts Rechnung tragend, ge¬
gen die Uebergriffe des Hofes und die Mißgriffe der frühern Gesetzgeber gleich¬
gewaltig ihre Stimme erhob, da waren es diese Alt-Conservativen, welche die
Zechte Seite des Hauses repräsentirten. Dem großen Est'amotenr Metternich,
welcher die Freiheiten Ungarns auf jenem Reichstage durch seine Kreaturen wcg-
iuchangircn versuchte, standen sie nicht minder schroff entgegen als einem Deal,
Szr. Kiraly, Kossuth und Böthy, denen das moll me tiMAerv um einige Linien
weniger tief eintätowirt war. Diese Männer, rcichbegabt durch Talent, Energie
und Beredsamkeit, waren darum nicht minder stolze Magyaren; die Kämpfe mit
den Slaven um die Präponderanz der magyarischen Sprache haben es zur Genüge
bewiesen. Aber sie waren nicht sowohl stolz auf das, was Ungarn war und ist,
als auf das, was es werden sollte, wenn erst die starren Formen der Frei¬
heiten in das Lichtgewand der Freiheit gekleidet würde. Ihnen stand der
Mensch hvhxx der Magyare, und leider hatten die frühern Reichstage für alle
Rechte der Staatsbürger besser gesorgt, als für die freien Menschenrechte.

Kossuth's Lieblingsschriftsteller ist Rousseau. Das mag thcilivcise seine Rich¬
tung bezeichnen, wie sie sich bei seinem ersten Auftreten äußerte. Er war jung,
er aus dem Kerker kam, aber sein Haß gegen die östreichische Schergcnherrschust


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/205>, abgerufen am 15.01.2025.