Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.östreichischen Taktik vortrefflich, wo es heißt: Im Centrum die Infanterie, dann Nach diesen altbewährten Regeln arbeitete General H... drei Tage und drei Die Geschichte klingt etwas unwahrscheinlich. Ich muthe auch keinem Men¬ Zu den Uebelständen der militärischen Umgebung des Fürsten gesellte sich östreichischen Taktik vortrefflich, wo es heißt: Im Centrum die Infanterie, dann Nach diesen altbewährten Regeln arbeitete General H... drei Tage und drei Die Geschichte klingt etwas unwahrscheinlich. Ich muthe auch keinem Men¬ Zu den Uebelständen der militärischen Umgebung des Fürsten gesellte sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0204" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278714"/> <p xml:id="ID_622" prev="#ID_621"> östreichischen Taktik vortrefflich, wo es heißt: Im Centrum die Infanterie, dann<lb/> die schwere Kavallerie, zu beiden Seiten die Geschütze und zur Deckung derselben<lb/> die nöthigen Eskadronen Husaren u. s. w.</p><lb/> <p xml:id="ID_623"> Nach diesen altbewährten Regeln arbeitete General H... drei Tage und drei<lb/> Nächte mit gewissenhaftem Eifer. Am Morgen des vierte» Tages trat er in den<lb/> Frühstücksalon des Feldmarschalls, der eben ans dem Lloyd zwei neue Siege über<lb/> die Ungarn erfuhr, von denen er keine Ahnung hatte. Mit einer steifen militä¬<lb/> rischen Verbeugung überreichte er sein Elaborat, welches den Rebellen den Garaus<lb/> machen sollte. Dem Feldherrn schien es zu gefallen, er drückte dem alten Herrn<lb/> die Hand nud überreichte es seinem Nachbar, dieser seinem Nebenmann und so<lb/> in die Runde. Alle drückten in stummen Gebehrden ihren Beifall aus, da plötz-<lb/> lich — der Feldmarschall hatte zu seiner nicht geringen Ueberraschung eben im<lb/> Lloyd gelesen, daß die Rebellen dem siegreichen kaiserlichen Bajonnette nirgends<lb/> Stand halten — tupfte ein junger naseweiser Adjutant dem alten Herrn auf die<lb/> Schulter und meinte im bescheidensten Tone: „Excellenz haben nur Eines über¬<lb/> sehen, daß in diesem Feldzuge von einer Flankendeckung durch Husaren keine<lb/> Rede sein kann. Sie stehn alle bei den Rebellen." Der alte Herr stand bei<lb/> dieser treffenden Bemerkung wie vom Donner gerührt, die hohen Herren sahen<lb/> einander verblüfft an, und der Fürst verbarg ein verlegenes Lächeln hinter den Falten<lb/> der „Presse," auf deren letzter Seite ein neuer Kupferstich aunvncirt war: den<lb/> Fürsten inmitten seines hochweisen Kriegsraths vorstellend.</p><lb/> <p xml:id="ID_624"> Die Geschichte klingt etwas unwahrscheinlich. Ich muthe auch keinem Men¬<lb/> schen zu, sie zu glauben. Aber factisch ist es, daß der Fürst mit wunderbarem<lb/> Instinkte seine Umgebung aus deu talentlosesten Offizieren zusammengesetzt hatte,<lb/> lauter antediluviauischeu Gestalten, die er aus den Coulissen des Wiener Kriegs-<lb/> gebändes hinaus auf die Schlachtenbühne geführt hatte. Mit der Abberufung des<lb/> Fürsten Windischgrätz wurden dann auch mehrere hohe Offiziere aus seiner Um¬<lb/> gebung pensionirt, so die Generale Wrbna und Rousseau, so F. M. L. Rügens<lb/> dem mau nachrühmt, er habe, so lange er im Felde stand, so geschickt operirt,<lb/> daß er nie einen Feind zu Gesichte bekam.</p><lb/> <p xml:id="ID_625" next="#ID_626"> Zu den Uebelständen der militärischen Umgebung des Fürsten gesellte sich<lb/> noch die schlechte Auswahl seiner politischen Rathgeber. Hätte es sich einfach um<lb/> die Bekämpfung einer rebellischen Partei gehandelt, so wäre es ganz in der Ord¬<lb/> nung gewesen, daß sich der Fürst bei der Gegenpartei Rath erhole. Bon dieser<lb/> Ansicht ging man in Olmütz und in Ofen aus, als man die sogenannten Alt-<lb/> Conscrvativen ihre Meinung über die Pacisication des Landes abgeben ließ und<lb/> dieser zum Theile huldigte, indem man magyarische Commissäre in die unterwor¬<lb/> fenen Comitate schickte. Daß diese Ansicht grundfalsch ist, wollen wir zu beweisen<lb/> versuchen, indem wir eine Charakteristik dieser Alt-Conservcitiven geben, durch<lb/> welche der Fürst eben so erbarmungslos in die Sandsteppen ihrer Politik hinein-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0204]
östreichischen Taktik vortrefflich, wo es heißt: Im Centrum die Infanterie, dann
die schwere Kavallerie, zu beiden Seiten die Geschütze und zur Deckung derselben
die nöthigen Eskadronen Husaren u. s. w.
Nach diesen altbewährten Regeln arbeitete General H... drei Tage und drei
Nächte mit gewissenhaftem Eifer. Am Morgen des vierte» Tages trat er in den
Frühstücksalon des Feldmarschalls, der eben ans dem Lloyd zwei neue Siege über
die Ungarn erfuhr, von denen er keine Ahnung hatte. Mit einer steifen militä¬
rischen Verbeugung überreichte er sein Elaborat, welches den Rebellen den Garaus
machen sollte. Dem Feldherrn schien es zu gefallen, er drückte dem alten Herrn
die Hand nud überreichte es seinem Nachbar, dieser seinem Nebenmann und so
in die Runde. Alle drückten in stummen Gebehrden ihren Beifall aus, da plötz-
lich — der Feldmarschall hatte zu seiner nicht geringen Ueberraschung eben im
Lloyd gelesen, daß die Rebellen dem siegreichen kaiserlichen Bajonnette nirgends
Stand halten — tupfte ein junger naseweiser Adjutant dem alten Herrn auf die
Schulter und meinte im bescheidensten Tone: „Excellenz haben nur Eines über¬
sehen, daß in diesem Feldzuge von einer Flankendeckung durch Husaren keine
Rede sein kann. Sie stehn alle bei den Rebellen." Der alte Herr stand bei
dieser treffenden Bemerkung wie vom Donner gerührt, die hohen Herren sahen
einander verblüfft an, und der Fürst verbarg ein verlegenes Lächeln hinter den Falten
der „Presse," auf deren letzter Seite ein neuer Kupferstich aunvncirt war: den
Fürsten inmitten seines hochweisen Kriegsraths vorstellend.
Die Geschichte klingt etwas unwahrscheinlich. Ich muthe auch keinem Men¬
schen zu, sie zu glauben. Aber factisch ist es, daß der Fürst mit wunderbarem
Instinkte seine Umgebung aus deu talentlosesten Offizieren zusammengesetzt hatte,
lauter antediluviauischeu Gestalten, die er aus den Coulissen des Wiener Kriegs-
gebändes hinaus auf die Schlachtenbühne geführt hatte. Mit der Abberufung des
Fürsten Windischgrätz wurden dann auch mehrere hohe Offiziere aus seiner Um¬
gebung pensionirt, so die Generale Wrbna und Rousseau, so F. M. L. Rügens
dem mau nachrühmt, er habe, so lange er im Felde stand, so geschickt operirt,
daß er nie einen Feind zu Gesichte bekam.
Zu den Uebelständen der militärischen Umgebung des Fürsten gesellte sich
noch die schlechte Auswahl seiner politischen Rathgeber. Hätte es sich einfach um
die Bekämpfung einer rebellischen Partei gehandelt, so wäre es ganz in der Ord¬
nung gewesen, daß sich der Fürst bei der Gegenpartei Rath erhole. Bon dieser
Ansicht ging man in Olmütz und in Ofen aus, als man die sogenannten Alt-
Conscrvativen ihre Meinung über die Pacisication des Landes abgeben ließ und
dieser zum Theile huldigte, indem man magyarische Commissäre in die unterwor¬
fenen Comitate schickte. Daß diese Ansicht grundfalsch ist, wollen wir zu beweisen
versuchen, indem wir eine Charakteristik dieser Alt-Conservcitiven geben, durch
welche der Fürst eben so erbarmungslos in die Sandsteppen ihrer Politik hinein-
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