Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.mehr Veranlassung, die eigentlich für die Volksvertretung Berufenen zur Wahl zu Die einzigen Punkte von Bedeutung find die formale Ausdehnung des Reichs Die fehlerhafte und eigentlich ganz sinnlose Zusammensetzung des Staaten¬ So stehen die Sachen. In dem ausgebrochenen Conflict zwischen Krone und Und wo sind die Stützen der Partei außerhalb Preußen? Sind es die Nus- mehr Veranlassung, die eigentlich für die Volksvertretung Berufenen zur Wahl zu Die einzigen Punkte von Bedeutung find die formale Ausdehnung des Reichs Die fehlerhafte und eigentlich ganz sinnlose Zusammensetzung des Staaten¬ So stehen die Sachen. In dem ausgebrochenen Conflict zwischen Krone und Und wo sind die Stützen der Partei außerhalb Preußen? Sind es die Nus- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278709"/> <p xml:id="ID_601" prev="#ID_600"> mehr Veranlassung, die eigentlich für die Volksvertretung Berufenen zur Wahl zu<lb/> bringen, als die indirekten. Das Institut der Wahlmänner erleichtert das Her¬<lb/> vortreten der Sonderinteressen; die direkten Wahlen werden reine Parteiwahlen,<lb/> sie treffen die allgemein bekannten Parteihäupter, und bringen wenigstens in der<lb/> P'vßen Politik einen reineren Ausdruck der öffentlichen Meinung zu Stande.</p><lb/> <p xml:id="ID_602"> Die einzigen Punkte von Bedeutung find die formale Ausdehnung des Reichs<lb/> über die gesammten Staaten des ehemaligen Bundes und das Staatcnhaus. Das<lb/> erstere ist allerdings der Sinn der betreffenden Verfassungsbestimmungen, man hat<lb/> aber nicht gewagt, es deutlich auszusprechen. Es liegt daher in der Hand des<lb/> Neichsoberhauptcs, bei der Annahme seiner neuen Würde zu erklären, daß er<lb/> das Reich nur über diejenigen Staaten ausgedehnt wissen will, welche sich frei¬<lb/> willig fügen. Mit Ausnahme Oestreichs wird sich alsdann kein einziger deutscher<lb/> Staat ausschließen, die ständischen Versammlungen bürgen dafür.</p><lb/> <p xml:id="ID_603"> Die fehlerhafte und eigentlich ganz sinnlose Zusammensetzung des Staaten¬<lb/> hauses ist schon hinlänglich gerügt worden. Es wäre das allein für Preußen,<lb/> welches in demselben auf eine ungerechtfertigte Weise übervortheilt ist, ein Grund,<lb/> sich auszuschließen, wenn zwei Umstände nicht wären. Einmal wird das Staaten¬<lb/> haus ohne alle Bedeutung sein, weil es keinen Boden hat; es wird gar kein<lb/> Interesse vertreten, und wird in allen wichtigen Fragen sanctioniren, was das<lb/> Unterhaus beschließt. Sodann - Preußen hat keine Wahl; es hat nur die Wahl<lb/> 'uit seiner ganzen Kraft in den neuen Staat zu treten und ihn zu beherrschen,<lb/> "ber sich stückweise von ihm absorbiren zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_604"> So stehen die Sachen. In dem ausgebrochenen Conflict zwischen Krone und<lb/> Parlament hat die erstere mit Ausnahme der blinden Werkzeuge in Preußen nur<lb/> ^ Partei Bismark-Schönmark Schönhausen für sich, die beschränkte Unterthanen-<lb/> Partei, welche die Bürger der einzelnen Staaten ungefähr so behandelt, wie der<lb/> ^'sse die „Seelen" der einzelnen Grundbesitzer — der Bojar von Nassau mit<lb/> ^l),ggg Seelen u. s. w.; diese hinterpommerschenJunker der vorsündfluthlichen Zeit,<lb/> Vincke ganz richtig sagte, die Nichts vergessen haben. Die Verhandlungen<lb/> ^' Preußischen Kammern haben uns, den Constitutionellen von Gestern, auf das<lb/> klarste gezeigt, daß wir mit diesem pietistisch-unterthänigen Geschlecht Nichts ge-<lb/> ">ein haben; sie stehen uns wo möglich noch ferner, als die rothen Jacobiner.<lb/> ^le sind «l'er die Herrschenden, wenn in dem jetzigen Conflict die königliche Par-<lb/> ^ den Sieg gewinnt.</p><lb/> <p xml:id="ID_605" next="#ID_606"> Und wo sind die Stützen der Partei außerhalb Preußen? Sind es die Nus-<lb/> w!? Die bairischen Jesuiten? Die östreichischen Hofräthe und die Bureaukraten<lb/> ^ gottseliger Hannover? Sie sind es, so lange es gilt, gemeinsam die Freiheit<lb/> ^unterdrücken; sie sind es aber nicht, sobald es sich um die Durchführung der po-<lb/> 'ven Interessen handelt. Die Particularisten der einzelnen Staaten vereinigt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0199]
mehr Veranlassung, die eigentlich für die Volksvertretung Berufenen zur Wahl zu
bringen, als die indirekten. Das Institut der Wahlmänner erleichtert das Her¬
vortreten der Sonderinteressen; die direkten Wahlen werden reine Parteiwahlen,
sie treffen die allgemein bekannten Parteihäupter, und bringen wenigstens in der
P'vßen Politik einen reineren Ausdruck der öffentlichen Meinung zu Stande.
Die einzigen Punkte von Bedeutung find die formale Ausdehnung des Reichs
über die gesammten Staaten des ehemaligen Bundes und das Staatcnhaus. Das
erstere ist allerdings der Sinn der betreffenden Verfassungsbestimmungen, man hat
aber nicht gewagt, es deutlich auszusprechen. Es liegt daher in der Hand des
Neichsoberhauptcs, bei der Annahme seiner neuen Würde zu erklären, daß er
das Reich nur über diejenigen Staaten ausgedehnt wissen will, welche sich frei¬
willig fügen. Mit Ausnahme Oestreichs wird sich alsdann kein einziger deutscher
Staat ausschließen, die ständischen Versammlungen bürgen dafür.
Die fehlerhafte und eigentlich ganz sinnlose Zusammensetzung des Staaten¬
hauses ist schon hinlänglich gerügt worden. Es wäre das allein für Preußen,
welches in demselben auf eine ungerechtfertigte Weise übervortheilt ist, ein Grund,
sich auszuschließen, wenn zwei Umstände nicht wären. Einmal wird das Staaten¬
haus ohne alle Bedeutung sein, weil es keinen Boden hat; es wird gar kein
Interesse vertreten, und wird in allen wichtigen Fragen sanctioniren, was das
Unterhaus beschließt. Sodann - Preußen hat keine Wahl; es hat nur die Wahl
'uit seiner ganzen Kraft in den neuen Staat zu treten und ihn zu beherrschen,
"ber sich stückweise von ihm absorbiren zu lassen.
So stehen die Sachen. In dem ausgebrochenen Conflict zwischen Krone und
Parlament hat die erstere mit Ausnahme der blinden Werkzeuge in Preußen nur
^ Partei Bismark-Schönmark Schönhausen für sich, die beschränkte Unterthanen-
Partei, welche die Bürger der einzelnen Staaten ungefähr so behandelt, wie der
^'sse die „Seelen" der einzelnen Grundbesitzer — der Bojar von Nassau mit
^l),ggg Seelen u. s. w.; diese hinterpommerschenJunker der vorsündfluthlichen Zeit,
Vincke ganz richtig sagte, die Nichts vergessen haben. Die Verhandlungen
^' Preußischen Kammern haben uns, den Constitutionellen von Gestern, auf das
klarste gezeigt, daß wir mit diesem pietistisch-unterthänigen Geschlecht Nichts ge-
">ein haben; sie stehen uns wo möglich noch ferner, als die rothen Jacobiner.
^le sind «l'er die Herrschenden, wenn in dem jetzigen Conflict die königliche Par-
^ den Sieg gewinnt.
Und wo sind die Stützen der Partei außerhalb Preußen? Sind es die Nus-
w!? Die bairischen Jesuiten? Die östreichischen Hofräthe und die Bureaukraten
^ gottseliger Hannover? Sie sind es, so lange es gilt, gemeinsam die Freiheit
^unterdrücken; sie sind es aber nicht, sobald es sich um die Durchführung der po-
'ven Interessen handelt. Die Particularisten der einzelnen Staaten vereinigt
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