Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Die Anhänger des absoluten Veto, soweit sie der liberalen Partei angehören, Es kommt also darauf hinaus, aus Galanterie gegen die Krone derselben ein Die alten Absolutisten verbinden freilich mit dem absoluten Veto einen andern In dem vorliegenden Falle findet man die Aufhebung des absoluten Veto Das zweite Bedenken ist die Auflösung des Rcichsraths. -- Dieses Institut Mit dem allgemeinen Wahlrecht ist es auch nicht so gefährlich. Einmal zeigt Die Anhänger des absoluten Veto, soweit sie der liberalen Partei angehören, Es kommt also darauf hinaus, aus Galanterie gegen die Krone derselben ein Die alten Absolutisten verbinden freilich mit dem absoluten Veto einen andern In dem vorliegenden Falle findet man die Aufhebung des absoluten Veto Das zweite Bedenken ist die Auflösung des Rcichsraths. — Dieses Institut Mit dem allgemeinen Wahlrecht ist es auch nicht so gefährlich. Einmal zeigt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0198" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278708"/> <p xml:id="ID_595"> Die Anhänger des absoluten Veto, soweit sie der liberalen Partei angehören,<lb/> argumentiren so. Es wird keiner konstitutionellen Regierung einfallen, dasselbe<lb/> anzuwenden, d. h. ein Gesetz, welches von den Ständen zwanzigmal hintereinander<lb/> erlassen wird, zwanzigmal hintereinander zu verwerfen. Es wäre das keine konsti¬<lb/> tutionelle, sondern eine absolute Regierung. Aber es ist ein Ehrenrecht der Krone,<lb/> den Schein des Absolutismus, der Freiheit vor dem Wechsel der öffentlichen Mei¬<lb/> nung zu bewahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_596"> Es kommt also darauf hinaus, aus Galanterie gegen die Krone derselben ein<lb/> Recht zuzugestehen, von dem man nicht nur voraussetzt, sondern auch fordert,<lb/> daß sie es nie in Anwendung bringen dürfe. Aber aus bloßer Galanterie eine<lb/> Lüge zur Grundlage des Staats zu machen, ist doch immer etwas Mißliches.<lb/> Das susvensive Veto räumt der Krone eine große Macht ein: dreimal an das<lb/> Volk zu appelliren, ob seine Vertreter in seinem Sinne handeln. Diese Macht ist<lb/> um so größer, da sie bestimmt und beschränkt ist; eine schrankenlose Macht ist eine<lb/> nur scheinbare.</p><lb/> <p xml:id="ID_597"> Die alten Absolutisten verbinden freilich mit dem absoluten Veto einen andern<lb/> Sinn, aber diese Meinung ist es gerade, die uns dagegen stimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_598"> In dem vorliegenden Falle findet man die Aufhebung des absoluten Veto<lb/> vornehmlich deshalb bedenklich, weil sie auch auf Verfassungsveränderuuge» aus¬<lb/> gedehnt ist, und weil möglicher Weise eine Zeit kommen kann, wo das Parlament<lb/> so demokratisch ist, die Monarchie überhaupt abzuschaffen. Dies Bedenke» wird<lb/> einmal dadurch ermäßigt, daß zu jeder Abänderung der Verfassung zwei Drittel<lb/> der Stimmen in beiden Häusern erforderlich ist. Setzt man nun ferner den Fall,<lb/> daß drei auf einander folgende Legislaturen, jedesmal mit einer Majorität von<lb/> zwei Dritteln der Stimmen in beiden Kammern, die Abschaffung des Kaiserthums<lb/> beschließen, so frage ich, was hilft in diesem Falle die Fiction des absoluten Veto?<lb/> Es drückt das eine im Volk so fest ausgeprägte Ueberzeugung aus, daß damit die<lb/> Monarchie entweder unbedingt verloren ist, oder daß sie es ans die Gewalt der<lb/> Waffen ankommen läßt, was ihr in dem andern Falle mich übrig bleibt.</p><lb/> <p xml:id="ID_599"> Das zweite Bedenken ist die Auflösung des Rcichsraths. — Dieses Institut<lb/> war an sich schon ein zweideutiges, unnützes und schädliches, und Preußen hat am<lb/> wenigsten den Beruf, dafür in die Schranken zu treten, nachdem 30 deutsche Re¬<lb/> gierunge», zu deren Gunsten es erfunden war, darauf verzichtet haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_600" next="#ID_601"> Mit dem allgemeinen Wahlrecht ist es auch nicht so gefährlich. Einmal zeigt<lb/> die jetzige zweite Kammer in Preußen, daß durch dasselbe anch eine conservative<lb/> Partei gewählt werden kann. Vor Allem aber muß mau das I^-ut in-compli<lb/> anerkennen. Wenn die Manteuffel'sche Verfassung die Urwähler bestehen ließ, so<lb/> wird man sie einer von den Volksrepräsentanten herrührenden Reichsverfassung<lb/> nicht verargen können. Was endlich die direkten Wahlen betrifft, so geben sie</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0198]
Die Anhänger des absoluten Veto, soweit sie der liberalen Partei angehören,
argumentiren so. Es wird keiner konstitutionellen Regierung einfallen, dasselbe
anzuwenden, d. h. ein Gesetz, welches von den Ständen zwanzigmal hintereinander
erlassen wird, zwanzigmal hintereinander zu verwerfen. Es wäre das keine konsti¬
tutionelle, sondern eine absolute Regierung. Aber es ist ein Ehrenrecht der Krone,
den Schein des Absolutismus, der Freiheit vor dem Wechsel der öffentlichen Mei¬
nung zu bewahren.
Es kommt also darauf hinaus, aus Galanterie gegen die Krone derselben ein
Recht zuzugestehen, von dem man nicht nur voraussetzt, sondern auch fordert,
daß sie es nie in Anwendung bringen dürfe. Aber aus bloßer Galanterie eine
Lüge zur Grundlage des Staats zu machen, ist doch immer etwas Mißliches.
Das susvensive Veto räumt der Krone eine große Macht ein: dreimal an das
Volk zu appelliren, ob seine Vertreter in seinem Sinne handeln. Diese Macht ist
um so größer, da sie bestimmt und beschränkt ist; eine schrankenlose Macht ist eine
nur scheinbare.
Die alten Absolutisten verbinden freilich mit dem absoluten Veto einen andern
Sinn, aber diese Meinung ist es gerade, die uns dagegen stimmt.
In dem vorliegenden Falle findet man die Aufhebung des absoluten Veto
vornehmlich deshalb bedenklich, weil sie auch auf Verfassungsveränderuuge» aus¬
gedehnt ist, und weil möglicher Weise eine Zeit kommen kann, wo das Parlament
so demokratisch ist, die Monarchie überhaupt abzuschaffen. Dies Bedenke» wird
einmal dadurch ermäßigt, daß zu jeder Abänderung der Verfassung zwei Drittel
der Stimmen in beiden Häusern erforderlich ist. Setzt man nun ferner den Fall,
daß drei auf einander folgende Legislaturen, jedesmal mit einer Majorität von
zwei Dritteln der Stimmen in beiden Kammern, die Abschaffung des Kaiserthums
beschließen, so frage ich, was hilft in diesem Falle die Fiction des absoluten Veto?
Es drückt das eine im Volk so fest ausgeprägte Ueberzeugung aus, daß damit die
Monarchie entweder unbedingt verloren ist, oder daß sie es ans die Gewalt der
Waffen ankommen läßt, was ihr in dem andern Falle mich übrig bleibt.
Das zweite Bedenken ist die Auflösung des Rcichsraths. — Dieses Institut
war an sich schon ein zweideutiges, unnützes und schädliches, und Preußen hat am
wenigsten den Beruf, dafür in die Schranken zu treten, nachdem 30 deutsche Re¬
gierunge», zu deren Gunsten es erfunden war, darauf verzichtet haben.
Mit dem allgemeinen Wahlrecht ist es auch nicht so gefährlich. Einmal zeigt
die jetzige zweite Kammer in Preußen, daß durch dasselbe anch eine conservative
Partei gewählt werden kann. Vor Allem aber muß mau das I^-ut in-compli
anerkennen. Wenn die Manteuffel'sche Verfassung die Urwähler bestehen ließ, so
wird man sie einer von den Volksrepräsentanten herrührenden Reichsverfassung
nicht verargen können. Was endlich die direkten Wahlen betrifft, so geben sie
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |