Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.selbst in der Justiz gegen einzelne Bestimmungen derselben hegt, so scheint mir Ueber einen zweiten Punkt -- das Verhältniß der Einzelstaaten zu Frank¬ Nur daraus ist die Koalition mit den Oestreichern, die Verwerfung des Nur Eines wundert mich in der Berechnung dieser Partei -- zu der übrigens selbst in der Justiz gegen einzelne Bestimmungen derselben hegt, so scheint mir Ueber einen zweiten Punkt — das Verhältniß der Einzelstaaten zu Frank¬ Nur daraus ist die Koalition mit den Oestreichern, die Verwerfung des Nur Eines wundert mich in der Berechnung dieser Partei — zu der übrigens <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278529"/> <p xml:id="ID_48" prev="#ID_47"> selbst in der Justiz gegen einzelne Bestimmungen derselben hegt, so scheint mir<lb/> doch ein Nachgeben rathsam, wenn man der Publication nur die Erklärung hin¬<lb/> zufügt: die zur Einführung der Grundrechte nothwendigen Veränderungen in der<lb/> bisherigen Gesetzgebung werden mit den Kammern vereinbart werden. Folgt auf<lb/> diese Erklärung ein nicht blos scheinbares, sondern aufrichtiges Eingehen in die<lb/> Ansichten des Volks, so werden durch Verständigung manche bedenkliche Punkte<lb/> beseitigt werden, und es wird dem Radicalismus eine gefährliche Waffe aus den<lb/> Händen gewunden. Sollte anch im Materiellen dadurch nicht so sehr viel gebessert'<lb/> werde», so ist allerdings doch die Idee dieser gemeinsamen organischen Gesetzgebung<lb/> ein mächtiger Grundstein zum künftigen Bau des einigen Deutschland.</p><lb/> <p xml:id="ID_49"> Ueber einen zweiten Punkt — das Verhältniß der Einzelstaaten zu Frank¬<lb/> furt — ist die Demokratie sehr verschiedener Ansicht. Ein Theil derselben denkt<lb/> consequent genug, der Nationalversammlung, so sehr sie seinen Wünschen wider¬<lb/> spricht, noch immer die souveräne Entscheidung über die künftige Gestaltung bei¬<lb/> zumessen. Der bei weitem größere Theil dagegen läßt sich durch sein materielles<lb/> Interesse bestimmen, diesen eigentlich doch nur fremden Gesichtspunkt auszugeben,<lb/> und die einzelnen Staaten gegen die reactionäre Centralgewalt zu empören. Bei¬<lb/> des läßt sich wohl vereinigen, wenn man sich über den eigentlichen Herzenswunsch<lb/> dieser Partei Rechenschaft ablegt: die Auflösung der beiden Großstaaten Oestreich<lb/> und Preußen, in welchen, wie auch die constitutionelle Entwickelung sich gestalten<lb/> möge, der Regierung doch immer noch mächtige Mittel genug in der Hand blei¬<lb/> ben, um der souveränen Demokratie den ernsthaftesten Widerstand zu leisten. Sie<lb/> wäre für eine Centralgewalt, sobald diese nur nicht aus den beiden Großstaaten<lb/> hervorgeht, sobald man sie dazu gebrauchen kann, gegen Oestreich und Preußen<lb/> zu agitiren; sie ist sür die Erhaltung der kleinen Staaten, weil hier die Re¬<lb/> gierung ganz und gar vom Volke abhängt, wenn sie nicht von den Großstaaten<lb/> gestützt wird. Sie ist allenfalls sür die gemeinsame Betheiligung Oestreichs und<lb/> Preußens bei der Centralgewalt, weil sie hofft, die Eifersucht beider Mächte<lb/> gegen einander werde hinreichen, den schädlichen Einfluß ihrer gemeinsamen Ein¬<lb/> wirkung zu Paralysiren. Darum — nicht etwa wegen des Refrains im Arndtschen<lb/> Vaterlandslicd — setzt sie alles daran, die Idee des preußischen Erbkaiserthums<lb/> zu hintertreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_50"> Nur daraus ist die Koalition mit den Oestreichern, die Verwerfung des<lb/> Welckerschen Antrags, die Streichung des §. 2 erklärlich, obgleich der Inhalt<lb/> desselben in die neue Modification des §. 3 wieder eingeschwärzt ist. Die Demo¬<lb/> kratie will es darauf ankommen lassen, allenfalls für den Augenblick das östrei¬<lb/> chische Droject durchgehn zu lassen, da sie an die Dauer dieses Staates nicht<lb/> glaubt, um nur die preußische Hegemonie zu hintertreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_51" next="#ID_52"> Nur Eines wundert mich in der Berechnung dieser Partei — zu der übrigens<lb/> " Berlin nicht nur die äußerste Linke gehört, sondern auch die Ministercandidatm</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
selbst in der Justiz gegen einzelne Bestimmungen derselben hegt, so scheint mir
doch ein Nachgeben rathsam, wenn man der Publication nur die Erklärung hin¬
zufügt: die zur Einführung der Grundrechte nothwendigen Veränderungen in der
bisherigen Gesetzgebung werden mit den Kammern vereinbart werden. Folgt auf
diese Erklärung ein nicht blos scheinbares, sondern aufrichtiges Eingehen in die
Ansichten des Volks, so werden durch Verständigung manche bedenkliche Punkte
beseitigt werden, und es wird dem Radicalismus eine gefährliche Waffe aus den
Händen gewunden. Sollte anch im Materiellen dadurch nicht so sehr viel gebessert'
werde», so ist allerdings doch die Idee dieser gemeinsamen organischen Gesetzgebung
ein mächtiger Grundstein zum künftigen Bau des einigen Deutschland.
Ueber einen zweiten Punkt — das Verhältniß der Einzelstaaten zu Frank¬
furt — ist die Demokratie sehr verschiedener Ansicht. Ein Theil derselben denkt
consequent genug, der Nationalversammlung, so sehr sie seinen Wünschen wider¬
spricht, noch immer die souveräne Entscheidung über die künftige Gestaltung bei¬
zumessen. Der bei weitem größere Theil dagegen läßt sich durch sein materielles
Interesse bestimmen, diesen eigentlich doch nur fremden Gesichtspunkt auszugeben,
und die einzelnen Staaten gegen die reactionäre Centralgewalt zu empören. Bei¬
des läßt sich wohl vereinigen, wenn man sich über den eigentlichen Herzenswunsch
dieser Partei Rechenschaft ablegt: die Auflösung der beiden Großstaaten Oestreich
und Preußen, in welchen, wie auch die constitutionelle Entwickelung sich gestalten
möge, der Regierung doch immer noch mächtige Mittel genug in der Hand blei¬
ben, um der souveränen Demokratie den ernsthaftesten Widerstand zu leisten. Sie
wäre für eine Centralgewalt, sobald diese nur nicht aus den beiden Großstaaten
hervorgeht, sobald man sie dazu gebrauchen kann, gegen Oestreich und Preußen
zu agitiren; sie ist sür die Erhaltung der kleinen Staaten, weil hier die Re¬
gierung ganz und gar vom Volke abhängt, wenn sie nicht von den Großstaaten
gestützt wird. Sie ist allenfalls sür die gemeinsame Betheiligung Oestreichs und
Preußens bei der Centralgewalt, weil sie hofft, die Eifersucht beider Mächte
gegen einander werde hinreichen, den schädlichen Einfluß ihrer gemeinsamen Ein¬
wirkung zu Paralysiren. Darum — nicht etwa wegen des Refrains im Arndtschen
Vaterlandslicd — setzt sie alles daran, die Idee des preußischen Erbkaiserthums
zu hintertreiben.
Nur daraus ist die Koalition mit den Oestreichern, die Verwerfung des
Welckerschen Antrags, die Streichung des §. 2 erklärlich, obgleich der Inhalt
desselben in die neue Modification des §. 3 wieder eingeschwärzt ist. Die Demo¬
kratie will es darauf ankommen lassen, allenfalls für den Augenblick das östrei¬
chische Droject durchgehn zu lassen, da sie an die Dauer dieses Staates nicht
glaubt, um nur die preußische Hegemonie zu hintertreiben.
Nur Eines wundert mich in der Berechnung dieser Partei — zu der übrigens
" Berlin nicht nur die äußerste Linke gehört, sondern auch die Ministercandidatm
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