Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.zur Folge hatte. Während der Streitigkeiten über Jacobi's Charakter schmolz die Im Laufe des Sommers schied Jacobi ans dem constitutionellen Club und Nachdem Jacobi auch aus diesem Club ausgeschieden war, beschränkte er sich zur Folge hatte. Während der Streitigkeiten über Jacobi's Charakter schmolz die Im Laufe des Sommers schied Jacobi ans dem constitutionellen Club und Nachdem Jacobi auch aus diesem Club ausgeschieden war, beschränkte er sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0184" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278694"/> <p xml:id="ID_547" prev="#ID_546"> zur Folge hatte. Während der Streitigkeiten über Jacobi's Charakter schmolz die<lb/> Zahl der Mitglieder auf mehr als tausend an; als sie beendet waren, betrug die<lb/> Zahl der Anwesenden selten mehr als hundert. Wir gehen auf die Untersuchung,<lb/> ob einem Manne Redlichkeit des Charakters zuzutrauen sei, der dem Könige die<lb/> Hand geküßt, eine ehrfurchtsvolle Dedikation geschrieben habe, und nun erkläre,<lb/> daß ihn bei dem Worte Republik keine Gänsehaut überlause, nicht ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_548"> Im Laufe des Sommers schied Jacobi ans dem constitutionellen Club und<lb/> ward Vorsitzender in dem eben erst entstandenen Verein für Volksrechte, einem aus<lb/> den radikalsten Elementen der Berliner Demokratie bestehenden Club. Daß Jacobi,<lb/> als er den Vorsitz übernahm und sich verpflichtete, ihn einen Monat lang zu führen,<lb/> die eigentlichen Tendenzen des Clubs nicht kannte, erhellt daraus, daß er, nachdem<lb/> dieser Monat verflossen war, uicht nur sein Amt niederlegte, sondern aus dem<lb/> Club gänzlich schied. Man hatte, um den Club in die Höhe zu bringen, einen<lb/> berühmten Namen an die Spitze stellen wollen, und hatte schon gleich anfangs<lb/> daran gedacht, ihn später fallen zu lassen. Da Jacobi die Sache einmal ange¬<lb/> fangen hatte, hielt er so lange aus, als seine Verpflichtung ging, bemühte sich<lb/> übrigens redlich, den Verein in eine bessere Bahn zu lenken. Er wagte es einmal,<lb/> einen Zweifel darüber zu äußern, ob der Proletarier, der von einem Tage zum<lb/> andern lebe, dieselben politischen Rechte in Anspruch nehmen dürfe, wie derjenige,<lb/> der zwar ein geringes, aber festes Einkommen habe. Alles war außer sich über<lb/> diesen Verrath an der Demokratie, wohl zehn Redner nacheinander stürzten auf<lb/> die Tribüne und überboten sich in Worten der Entrüstung.</p><lb/> <p xml:id="ID_549" next="#ID_550"> Nachdem Jacobi auch aus diesem Club ausgeschieden war, beschränkte er sich<lb/> auf seinen Bezirk und bemüht sich in diesem auch noch jetzt theils zu belehren,<lb/> theils zu politischer Bedeutung zu gelangen. Ich habe ihn hier unter Männern,<lb/> Frauen und Kindern, die meist aus dem Handwerkerstande waren, einen sehr popu¬<lb/> lären Vortrag über das Verhältniß Deutschlands zu Preußen halten hören. Offen¬<lb/> bar sah man die Absicht, belehrend und bildend zu wirken, doch verschmäht Jacobi<lb/> auch nicht die Künste, die einen Redner bei der großen Menge beliebt machen.<lb/> Mit großer Gemüthsruhe machte er Witze in der Art des Krakehlers und anderer<lb/> solcher Blätter; Knaben von 8—10 Jahren, die zunächst an der Tribüne standen,<lb/> tobten Beifall; diese Umgebung genirt ihn nicht. Und doch ist er im Ganzen zu<lb/> ernst und selbstständig, als daß er sonderliches Glück machte. Die Gebildeteren<lb/> schieben ihn vor, um mit ihm zu prunken. Er repräsentirt mehr, als daß er wirk¬<lb/> lich bedeutenden Einfluß hätte. — Im Januar trat er als Candidat für die zweite<lb/> Kammer auf. Seine Rede machte einen sehr günstigen Eindruck. Durch die Ant¬<lb/> wort aber, die er auf eine an ihn gerichtete Jnterpellation gab, verlor er Alles,<lb/> was er gewonnen hatte. Als er nämlich gefragt wurde, ob er für die Gemeinde-<lb/> Verfassung das unbedingte Wahlrecht haben wolle, erbat er sich 14 Tage Bedenk-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0184]
zur Folge hatte. Während der Streitigkeiten über Jacobi's Charakter schmolz die
Zahl der Mitglieder auf mehr als tausend an; als sie beendet waren, betrug die
Zahl der Anwesenden selten mehr als hundert. Wir gehen auf die Untersuchung,
ob einem Manne Redlichkeit des Charakters zuzutrauen sei, der dem Könige die
Hand geküßt, eine ehrfurchtsvolle Dedikation geschrieben habe, und nun erkläre,
daß ihn bei dem Worte Republik keine Gänsehaut überlause, nicht ein.
Im Laufe des Sommers schied Jacobi ans dem constitutionellen Club und
ward Vorsitzender in dem eben erst entstandenen Verein für Volksrechte, einem aus
den radikalsten Elementen der Berliner Demokratie bestehenden Club. Daß Jacobi,
als er den Vorsitz übernahm und sich verpflichtete, ihn einen Monat lang zu führen,
die eigentlichen Tendenzen des Clubs nicht kannte, erhellt daraus, daß er, nachdem
dieser Monat verflossen war, uicht nur sein Amt niederlegte, sondern aus dem
Club gänzlich schied. Man hatte, um den Club in die Höhe zu bringen, einen
berühmten Namen an die Spitze stellen wollen, und hatte schon gleich anfangs
daran gedacht, ihn später fallen zu lassen. Da Jacobi die Sache einmal ange¬
fangen hatte, hielt er so lange aus, als seine Verpflichtung ging, bemühte sich
übrigens redlich, den Verein in eine bessere Bahn zu lenken. Er wagte es einmal,
einen Zweifel darüber zu äußern, ob der Proletarier, der von einem Tage zum
andern lebe, dieselben politischen Rechte in Anspruch nehmen dürfe, wie derjenige,
der zwar ein geringes, aber festes Einkommen habe. Alles war außer sich über
diesen Verrath an der Demokratie, wohl zehn Redner nacheinander stürzten auf
die Tribüne und überboten sich in Worten der Entrüstung.
Nachdem Jacobi auch aus diesem Club ausgeschieden war, beschränkte er sich
auf seinen Bezirk und bemüht sich in diesem auch noch jetzt theils zu belehren,
theils zu politischer Bedeutung zu gelangen. Ich habe ihn hier unter Männern,
Frauen und Kindern, die meist aus dem Handwerkerstande waren, einen sehr popu¬
lären Vortrag über das Verhältniß Deutschlands zu Preußen halten hören. Offen¬
bar sah man die Absicht, belehrend und bildend zu wirken, doch verschmäht Jacobi
auch nicht die Künste, die einen Redner bei der großen Menge beliebt machen.
Mit großer Gemüthsruhe machte er Witze in der Art des Krakehlers und anderer
solcher Blätter; Knaben von 8—10 Jahren, die zunächst an der Tribüne standen,
tobten Beifall; diese Umgebung genirt ihn nicht. Und doch ist er im Ganzen zu
ernst und selbstständig, als daß er sonderliches Glück machte. Die Gebildeteren
schieben ihn vor, um mit ihm zu prunken. Er repräsentirt mehr, als daß er wirk¬
lich bedeutenden Einfluß hätte. — Im Januar trat er als Candidat für die zweite
Kammer auf. Seine Rede machte einen sehr günstigen Eindruck. Durch die Ant¬
wort aber, die er auf eine an ihn gerichtete Jnterpellation gab, verlor er Alles,
was er gewonnen hatte. Als er nämlich gefragt wurde, ob er für die Gemeinde-
Verfassung das unbedingte Wahlrecht haben wolle, erbat er sich 14 Tage Bedenk-
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