Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.hältniß zu Deutschland auch auf den Pussten Ungarns entschieden wird. Zudem 23 *
hältniß zu Deutschland auch auf den Pussten Ungarns entschieden wird. Zudem 23 *
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0179" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278689"/> <p xml:id="ID_534" prev="#ID_533" next="#ID_535"> hältniß zu Deutschland auch auf den Pussten Ungarns entschieden wird. Zudem<lb/> wurden sie durch den italienischen und magyarischen Kriegslärm eine Weile von<lb/> der großen, gemeinschaftlichen deutschen Angelegenheit abgewendet und jetzt, da sie<lb/> mit Erstaunen die neuesten östreichischen Noten lesen und ihren Ton in Erwägung<lb/> ziehen, bemerken sie erst, daß in der That die Feststellung des Verhältnisses zu<lb/> Deutschland ganz und gar in die Hände des östreichische» Ministeriums zurückge¬<lb/> kommen ist und daß sie gerade so weit in dieser Angelegenheit gekommen sind, wie<lb/> im März 1848. Die Aussicht wieder von Anfang beginnen zu müssen, die<lb/> Ueberzeugung, daß man seit dein 7. März 1849 in Oestreich das Wort Revolu¬<lb/> tion, Demokratie, Einigkeit der Ratio», Nationalversammlung ze. nicht mehr so<lb/> ungestraft wie sonst in den Mund nehmen darf, macht sie sehr nachdenkend und<lb/> seit die östreichischen Abgeordneten aus der Paulskirche abberufen wurden, stieg<lb/> ihre Verwirrung auf einen so hohen Grad, daß sie in Wahrheit aus dem Stand<lb/> der magyarischen Angelegenheit, die sich aber nicht in wenig Worten zusammen-<lb/> fassen läßt, einigen Trost in Bezug auf die mißliche Situation schöpfe» zu können ver¬<lb/> meinen, die ihnen aus dem Streit ihrer Sympathie mit deu letzten Note» Schwar¬<lb/> zenbergs erwuchs. Uebrigens ist hier die Furcht vor den Russen bei Weitem ge¬<lb/> ringer als man bei der mißlichen Situation der k. k. Armee in Ungarn glauben<lb/> sollte. Wenn mau auch die Existenz jener Note bezweifelt, in welcher Rußland<lb/> dem preußischen Hofe die Besitzergreifung der Moldau und Wallachei angezeigt<lb/> haben soll, so erlaubt man sich dennoch anzunehmen, daß das östreichische Cabinet<lb/> die Occupation östreichischer Gebietstheile durch die Russen sür ein sehr gefährli¬<lb/> ches, jedenfalls für das letzte Mittel im Lande Ruhe zu schaffen, ansehe, indem<lb/> Rußland vielleicht zuerst gar zu großen Eifer zeigen, zuletzt jedoch in dem Auf¬<lb/> geben seines übernommenen Amtes etwas zu zögernd sein dürste. Natürlich darf mau<lb/> einem ministeriellen Politiker mit solchen Befürchtungen nicht nahe treten, aber im<lb/> Volke ist die Meinung verbreitet, die guten Dienste Rußlands dürsten Oestreich<lb/> wohl das eine oder das andere schöne Grcnzland tosten nud die Feinde Oestreichs<lb/> halten sich für vollkommen überzeugt davon, so daß sie den Einmarsch der Russen<lb/> z. B. in Galizien nur mit Jubel begrüße» würden. Im Ganzen genommen ist<lb/> der Glaube an eine schleunige russische Hilfeleistung nur sehr wenig verbreitet.<lb/> Wird einer totalen Absonderung Oestreichs von Deutschland nicht durch das öst¬<lb/> reichische Ministerium! entgegengearbeitet und zwar aus eine ziemlich deutliche<lb/> Weise, so geht Oestreich einer revolutionäre» Zukunft entgegen. Denn die zu¬<lb/> rückkehrenden Abgeordneten werden sich in die jetzigen Umstände so wenig zu<lb/> schicken wissen, daß ihnen Nichts übrig bleiben wird, als sich einer revolutionären<lb/> Propaganda zuzuwenden, deren Ziel entweder ein zweiter cvnstituireuder Reichs¬<lb/> tag in Oestreich oder eine gänzliche Lostreuuung der deutsche» Länder von Oest-<lb/> reich ist. Durch die Octroyirung einer Berfassnng und die Auflösung des Reichs¬<lb/> tags haben die Minister dem jungen Kaiser jedenfalls den schlechtesten Dienst er-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 23 *</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0179]
hältniß zu Deutschland auch auf den Pussten Ungarns entschieden wird. Zudem
wurden sie durch den italienischen und magyarischen Kriegslärm eine Weile von
der großen, gemeinschaftlichen deutschen Angelegenheit abgewendet und jetzt, da sie
mit Erstaunen die neuesten östreichischen Noten lesen und ihren Ton in Erwägung
ziehen, bemerken sie erst, daß in der That die Feststellung des Verhältnisses zu
Deutschland ganz und gar in die Hände des östreichische» Ministeriums zurückge¬
kommen ist und daß sie gerade so weit in dieser Angelegenheit gekommen sind, wie
im März 1848. Die Aussicht wieder von Anfang beginnen zu müssen, die
Ueberzeugung, daß man seit dein 7. März 1849 in Oestreich das Wort Revolu¬
tion, Demokratie, Einigkeit der Ratio», Nationalversammlung ze. nicht mehr so
ungestraft wie sonst in den Mund nehmen darf, macht sie sehr nachdenkend und
seit die östreichischen Abgeordneten aus der Paulskirche abberufen wurden, stieg
ihre Verwirrung auf einen so hohen Grad, daß sie in Wahrheit aus dem Stand
der magyarischen Angelegenheit, die sich aber nicht in wenig Worten zusammen-
fassen läßt, einigen Trost in Bezug auf die mißliche Situation schöpfe» zu können ver¬
meinen, die ihnen aus dem Streit ihrer Sympathie mit deu letzten Note» Schwar¬
zenbergs erwuchs. Uebrigens ist hier die Furcht vor den Russen bei Weitem ge¬
ringer als man bei der mißlichen Situation der k. k. Armee in Ungarn glauben
sollte. Wenn mau auch die Existenz jener Note bezweifelt, in welcher Rußland
dem preußischen Hofe die Besitzergreifung der Moldau und Wallachei angezeigt
haben soll, so erlaubt man sich dennoch anzunehmen, daß das östreichische Cabinet
die Occupation östreichischer Gebietstheile durch die Russen sür ein sehr gefährli¬
ches, jedenfalls für das letzte Mittel im Lande Ruhe zu schaffen, ansehe, indem
Rußland vielleicht zuerst gar zu großen Eifer zeigen, zuletzt jedoch in dem Auf¬
geben seines übernommenen Amtes etwas zu zögernd sein dürste. Natürlich darf mau
einem ministeriellen Politiker mit solchen Befürchtungen nicht nahe treten, aber im
Volke ist die Meinung verbreitet, die guten Dienste Rußlands dürsten Oestreich
wohl das eine oder das andere schöne Grcnzland tosten nud die Feinde Oestreichs
halten sich für vollkommen überzeugt davon, so daß sie den Einmarsch der Russen
z. B. in Galizien nur mit Jubel begrüße» würden. Im Ganzen genommen ist
der Glaube an eine schleunige russische Hilfeleistung nur sehr wenig verbreitet.
Wird einer totalen Absonderung Oestreichs von Deutschland nicht durch das öst¬
reichische Ministerium! entgegengearbeitet und zwar aus eine ziemlich deutliche
Weise, so geht Oestreich einer revolutionäre» Zukunft entgegen. Denn die zu¬
rückkehrenden Abgeordneten werden sich in die jetzigen Umstände so wenig zu
schicken wissen, daß ihnen Nichts übrig bleiben wird, als sich einer revolutionären
Propaganda zuzuwenden, deren Ziel entweder ein zweiter cvnstituireuder Reichs¬
tag in Oestreich oder eine gänzliche Lostreuuung der deutsche» Länder von Oest-
reich ist. Durch die Octroyirung einer Berfassnng und die Auflösung des Reichs¬
tags haben die Minister dem jungen Kaiser jedenfalls den schlechtesten Dienst er-
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