Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.geblieben: "Mögen Sie denken über ein erbliches Kaiserthum, wie Sie immer geblieben: „Mögen Sie denken über ein erbliches Kaiserthum, wie Sie immer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0135" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278645"/> <p xml:id="ID_399" prev="#ID_398" next="#ID_400"> geblieben: „Mögen Sie denken über ein erbliches Kaiserthum, wie Sie immer<lb/> wollen, das weiß ich — daß die Dänen und Nüssen, und vielleicht auch die Fran¬<lb/> zosen am wenigsten Hoffnung übrig behalten für Erreichung ihrer Absichten auf<lb/> Deutschland, wenn Sie den Erbkaiser beschließen." Waren doch fast überall und<lb/> in allen Fractwncn deutscher Kammern Eiuladungs-, und uach erfolgter Wahl<lb/> Zustimmungsadressen votirt. Aber in diesem Punkte hört die Vaterlandsliebe der<lb/> hiesigen Linken auf. Wie der gute Fürst Heinrich von Neuß, reitet sie ihr Prin¬<lb/> zip der Demokratie, das sie innerhalb einer Monarchie durchaus nicht unterbringen<lb/> kann. So kam es, daß in der Oberhauptsfrage von Hamburg tiefes Schweigen<lb/> beobachtet wurde. Bei den übrigen Fractionen kann man sich weniger darüber<lb/> wundern, da diese hier überhaupt wenig rührig und politisch indifferenter sind.<lb/> Bei der großen Lebendigkeit der entschiedenen Linken ist es natürlich, daß ihre<lb/> Koryphäen am meisten auf der parlamentarischen Arena erscheinen. Ein paar ihrer<lb/> Helden mögen hier kurz geschildert werden. Trittan ist etwas hager, wie Sasso,<lb/> der Traum eines Schattens von Ledru-Nollin, Advokat wie dieser. Er spricht<lb/> deshalb auch, als ob er seine Reden bogenweis liquidirte, oft zum Entsetzen weit¬<lb/> schweifig und in der Regel ein Styl einer Appcllativnsrechtfertignng: Beschwerde<lb/> t, 2, 3; -t(i Al-i>.v!in>eil l, 2, !!. Sein Organ ist nicht ungewöhnlich, seine Rede<lb/> ohne Feuer und oratorischen Schwung. Nur zuweilen nimmt er einen Anlauf,<lb/> aber es will nicht recht vorwärts, er sinkt bald wieder in eine angenehme Alltäg¬<lb/> lichkeit. Er ist leicht gereizt, wird noch leichter unangenehm persönlich, und obgleich<lb/> ^ir seine Berechtigung sich selbst für das bedeutendste Mitglied der constituiren-<lb/> ^n Versammlung zu halten nicht bestreiten können, so behaupten wir doch, daß<lb/> ^' über Hamburger und alle möglichen fremden Staatsverfassungen mehr Zeug<lb/> bricht, als er antworten kann. Er wird es der Constituante niemals vergessen,<lb/> ^ß sie sein Zweikammersystem, das gedruckt so hübsch aussah, verworfen hat, und<lb/> ^ unermüdlich, diese liebste Frucht seiner politischen Wehen in irgend ein offen<lb/> KelasseucS Loch der Verfassung unter dem Titel eines permanenten Ausschusses<lb/> "der auf andere Weise einznschwärzen, was aber die Kammer-Douaniers sogleich<lb/> Ottern und immer wieder vereiteln; zuweilen hält er statt einer Rede einen kleinen<lb/> ^arrikadenkursns über die leichteste Art eine Verfassung über den Hausen zu<lb/> werfen.— Ferdinand Löwe, Schulamtskaudidat, ist der wahre Champion der<lb/> ^olkssouveräuität. Er schreitet mit einer gewissen dedeigneusen Nonchalence bis<lb/> Tribüne, hält oft die Hand an die Sumi, als wollte er das Uebermaß der<lb/> bedanken zurückdrängen — vergebene Mühe, er kann sie nicht zurückhalten — und<lb/> digere gern sein wohltönendes Organ zu einer völlig überflüssigen Stärke. Wenn<lb/> ^ von dem Volke spricht, und das geschieht sehr oft, weil er zu versichern liebt,<lb/> durchaus für das Volk „gesorgt" werden müsse, so pflegt er in edlem Eifer<lb/> ^ glauben, die Tribüne selbst wolle widersprechen, und in solchen Momenten hei¬<lb/> ler Wuth schlägt er unbarmherzig aus sie los. Er erklärt sehr häufig, daß er</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0135]
geblieben: „Mögen Sie denken über ein erbliches Kaiserthum, wie Sie immer
wollen, das weiß ich — daß die Dänen und Nüssen, und vielleicht auch die Fran¬
zosen am wenigsten Hoffnung übrig behalten für Erreichung ihrer Absichten auf
Deutschland, wenn Sie den Erbkaiser beschließen." Waren doch fast überall und
in allen Fractwncn deutscher Kammern Eiuladungs-, und uach erfolgter Wahl
Zustimmungsadressen votirt. Aber in diesem Punkte hört die Vaterlandsliebe der
hiesigen Linken auf. Wie der gute Fürst Heinrich von Neuß, reitet sie ihr Prin¬
zip der Demokratie, das sie innerhalb einer Monarchie durchaus nicht unterbringen
kann. So kam es, daß in der Oberhauptsfrage von Hamburg tiefes Schweigen
beobachtet wurde. Bei den übrigen Fractionen kann man sich weniger darüber
wundern, da diese hier überhaupt wenig rührig und politisch indifferenter sind.
Bei der großen Lebendigkeit der entschiedenen Linken ist es natürlich, daß ihre
Koryphäen am meisten auf der parlamentarischen Arena erscheinen. Ein paar ihrer
Helden mögen hier kurz geschildert werden. Trittan ist etwas hager, wie Sasso,
der Traum eines Schattens von Ledru-Nollin, Advokat wie dieser. Er spricht
deshalb auch, als ob er seine Reden bogenweis liquidirte, oft zum Entsetzen weit¬
schweifig und in der Regel ein Styl einer Appcllativnsrechtfertignng: Beschwerde
t, 2, 3; -t(i Al-i>.v!in>eil l, 2, !!. Sein Organ ist nicht ungewöhnlich, seine Rede
ohne Feuer und oratorischen Schwung. Nur zuweilen nimmt er einen Anlauf,
aber es will nicht recht vorwärts, er sinkt bald wieder in eine angenehme Alltäg¬
lichkeit. Er ist leicht gereizt, wird noch leichter unangenehm persönlich, und obgleich
^ir seine Berechtigung sich selbst für das bedeutendste Mitglied der constituiren-
^n Versammlung zu halten nicht bestreiten können, so behaupten wir doch, daß
^' über Hamburger und alle möglichen fremden Staatsverfassungen mehr Zeug
bricht, als er antworten kann. Er wird es der Constituante niemals vergessen,
^ß sie sein Zweikammersystem, das gedruckt so hübsch aussah, verworfen hat, und
^ unermüdlich, diese liebste Frucht seiner politischen Wehen in irgend ein offen
KelasseucS Loch der Verfassung unter dem Titel eines permanenten Ausschusses
"der auf andere Weise einznschwärzen, was aber die Kammer-Douaniers sogleich
Ottern und immer wieder vereiteln; zuweilen hält er statt einer Rede einen kleinen
^arrikadenkursns über die leichteste Art eine Verfassung über den Hausen zu
werfen.— Ferdinand Löwe, Schulamtskaudidat, ist der wahre Champion der
^olkssouveräuität. Er schreitet mit einer gewissen dedeigneusen Nonchalence bis
Tribüne, hält oft die Hand an die Sumi, als wollte er das Uebermaß der
bedanken zurückdrängen — vergebene Mühe, er kann sie nicht zurückhalten — und
digere gern sein wohltönendes Organ zu einer völlig überflüssigen Stärke. Wenn
^ von dem Volke spricht, und das geschieht sehr oft, weil er zu versichern liebt,
durchaus für das Volk „gesorgt" werden müsse, so pflegt er in edlem Eifer
^ glauben, die Tribüne selbst wolle widersprechen, und in solchen Momenten hei¬
ler Wuth schlägt er unbarmherzig aus sie los. Er erklärt sehr häufig, daß er
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |