Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Zur Charakteristik Heidelbergs. i. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung des deutschen Lebens, daß die kleinen Zu verkennen ist es freilich keinen Augenblick, daß zu der politischen Rolle, renzbot-n, it. 1"/,-". >
Zur Charakteristik Heidelbergs. i. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung des deutschen Lebens, daß die kleinen Zu verkennen ist es freilich keinen Augenblick, daß zu der politischen Rolle, renzbot-n, it. 1»/,-». >
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Zur Charakteristik Heidelbergs.
i.
Es ist eine eigenthümliche Erscheinung des deutschen Lebens, daß die kleinen
Städte vermöge der iimerhcilb ihrer Mauern vereinigten Geisteskräfte einen be¬
deutenden Einfluß auf den Entwicklungsgang unserer Bildung ausgeübt haben.
Berlin nennt sich zwar die Metropole der Wissenschaft, allein wie es im vorigen
Jahrhunderte Weimar, so dürfte es gegenwärtig Heidelberg um die Bedeutung zu
beneiden haben, welche dieser kleine Ort dnrch seine während der Revolutionszeit
gespickte Rolle für die Geschichte des Gcsammtvaterlandes gewonnen hat. Daß
der Grund dieser Erscheinung ursprünglich in dem mehr oder weniger zufälligen
Aufenthalte einer oder einiger mächtigen Persönlichkeiten liegt, versteht sich von
selbst; vou vorneherein sollte man aber weit mehr berechtigt sein, anzunehmen,
daß entweder eine solche Individualität viel zu hoch über die engere Ringmauer
emporragte, viel zu sehr der Gesammtheit angehöre, um noch ihrer unmittelbaren
Umgebung ein besonderes Gepräge auszudrücken, oder eher in dem Zusammenstoße
eines vou allen Seiten hervorragenden geistigen wie materiellen Gebietes anzu¬
treffen sei, wo zur Ausmeißelnng ihres Selbst wie zum gestaltenden Eingreifen
in die äußeren Verhältnisse die Gelegenheiten näher an sie herangerückt sind. Aber
wie das Talent sich in der Stille bildet, so scheint gleichfalls wenigstens beim
Deutschen der Charakter zu seiner vollendeten Entfaltung der persönlichen Znrück-
Hezogenheit zu bedürfen. Vielleicht auch, daß ihm jene mehr ländliche Existenz
Noth thut, wie sie sich in einem kleinen schon gelegenen Orte von selbst ergibt,
^rbnndeu mit dem innigeren rückhaltloseren Austausch der verschiedenen Wesen¬
heiten, welcher in seiner widrigsten Form mit Recht als Kleinstädtern verspottet
^ird, vom Geiste getragen aber zu einem alle Kräfte anregenden Jneinanderleben,
genußreichsteu Dasein führt. Der Deutsche muß nicht uur in seinem Hause
Familie, sondern auch um dasselbe als erweiterte Familie einen Kreis von
Freunden haben, als feste Lebensburg, von welcher aus er erst auf die Heerstraße
Oeffentlichkeit zu treten wagt und in die er sich jeden Augenblick zurückzuzie¬
hen vermag, sobald er sich von deu Mühseligkeiten da draußen ausruhen will.
Zu verkennen ist es freilich keinen Augenblick, daß zu der politischen Rolle,
welche Heidelberg während der zwei letzten Jahre gespielt hat, das constitutionelle
Leben Badens die erste Grundlage bildet. In diesem äußersten Winkel Deutsch¬
lands hatte sich ein Nest politischer Freiheit erhalte« und nur in dem Liberalismus
Niles Sondcrstaateö vermochte der Keim der deutschen Einheitsbewegung seine er-
sten nachhaltigen Wurzeln zu treiben. Das noch aus deu dreißiger Jahre« her-
G
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