Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.Wort mitreden werden, und ihr fühlt euch verletzt, mit Schmach bedeckt, wenn Ein Gutes hat dieser unselige Streit. Es gab noch viele große Kreise in Das Ministerium Brandenburg. Das vorstehende Votum, welches uns von einem preußischen Juristen einge¬ Wenn man den Umschwung der politischen Gesinnung seit der Octroyirung Wort mitreden werden, und ihr fühlt euch verletzt, mit Schmach bedeckt, wenn Ein Gutes hat dieser unselige Streit. Es gab noch viele große Kreise in Das Ministerium Brandenburg. Das vorstehende Votum, welches uns von einem preußischen Juristen einge¬ Wenn man den Umschwung der politischen Gesinnung seit der Octroyirung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0060" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278048"/> <p xml:id="ID_163" prev="#ID_162"> Wort mitreden werden, und ihr fühlt euch verletzt, mit Schmach bedeckt, wenn<lb/> sie den Beruf, dem sie ihr Leben gewidmet haben, unter euch ausüben wollen!</p><lb/> <p xml:id="ID_164"> Ein Gutes hat dieser unselige Streit. Es gab noch viele große Kreise in<lb/> der Nation, welche von der Nothwendigkeit der Einführung der Geschworenen<lb/> keine Ahnung hatten. Die vier Gerichtshöfe haben zu guter Letzt durch die Art,<lb/> wie sie die bürgerliche und politische Ehre ihrer Kollegen angegriffen haben, sich<lb/> wenigstens das Verdienst erworben, den praktischen Beweis zu liefern, daß es<lb/> gut ist, daß bald die ganze Gesellschaft durch einen, stets sich erneuernden Aus¬<lb/> schuß, in welchem die verschiedenartigsten Ansichten vertreten sein werden, (und<lb/> das sind die Geschworenen) den wichtigsten Theil der Strafrechtspflege in ihre Hände<lb/> nehmen wird, daß es gut ist, daß das Aburtheilen über die höchsten und wich¬<lb/> tigsten Güter einem beschränkten, durch seine stete unausgesetzte Beschäftigung mit<lb/> der Nachtseite des Lebens zu einer freien und allseitigen Beurtheilung menschlicher<lb/> Verhältnisse gerade uicht vorzugsweise befähigten Stande nicht lange mehr über»<lb/> lassen bleiben wird. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Ministerium Brandenburg.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_165"> Das vorstehende Votum, welches uns von einem preußischen Juristen einge¬<lb/> sandt ist und dem wir in seinen Schlußfolgerungen beitreten, veranlaßt uns in<lb/> Beziehung auf seine Motive zu einigen Bemerkungen, die wir an die Richtung<lb/> anknüpfen, welche das Restaurationsministerium Brandenburg - Manteuffel in der<lb/> letzten Zeit eingeschlagen zu haben scheint. Jene Maßregeln gegen richterliche<lb/> Beamte wegen ihrer politischen Thätigkeit stehn keineswegs vereinzelt da, und je<lb/> mehr wir in der neuen Regierung eine Wiederkehr der Ordnung und des politi¬<lb/> schen Verstandes, der in dem Schwindel der letzten Monate verloren gegangen<lb/> schien, begrüßten, um so ernstlicher müssen wir es warnen, wenn wir es auf<lb/> einem bedenklichen Weg sich verlieren sehn, der nicht nur ihm selber, sondern auch<lb/> dem Staat Gefahr bereiten kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_166" next="#ID_167"> Wenn man den Umschwung der politischen Gesinnung seit der Octroyirung<lb/> der neuen Verfassung ins Auge saßt, so begreift man leicht, wie die Staatsre¬<lb/> gierung, die vor wenigen Wochen als die leibhaftige Jncarnation des bösen Gei¬<lb/> stes des Absolutismus vou allen Seiten angefochten wurde, und die nun plötzlich<lb/> als die Wiederhersteller» des Staats zum Theil eben dort gefeiert wird, wo man<lb/> sie früher des Hochverraths anklagen wollte, wie sie im stolzen Gefühl der eignen<lb/> Willenskraft und der Unselbständigkeit des früher abgöttisch verehrten „Volks"</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0060]
Wort mitreden werden, und ihr fühlt euch verletzt, mit Schmach bedeckt, wenn
sie den Beruf, dem sie ihr Leben gewidmet haben, unter euch ausüben wollen!
Ein Gutes hat dieser unselige Streit. Es gab noch viele große Kreise in
der Nation, welche von der Nothwendigkeit der Einführung der Geschworenen
keine Ahnung hatten. Die vier Gerichtshöfe haben zu guter Letzt durch die Art,
wie sie die bürgerliche und politische Ehre ihrer Kollegen angegriffen haben, sich
wenigstens das Verdienst erworben, den praktischen Beweis zu liefern, daß es
gut ist, daß bald die ganze Gesellschaft durch einen, stets sich erneuernden Aus¬
schuß, in welchem die verschiedenartigsten Ansichten vertreten sein werden, (und
das sind die Geschworenen) den wichtigsten Theil der Strafrechtspflege in ihre Hände
nehmen wird, daß es gut ist, daß das Aburtheilen über die höchsten und wich¬
tigsten Güter einem beschränkten, durch seine stete unausgesetzte Beschäftigung mit
der Nachtseite des Lebens zu einer freien und allseitigen Beurtheilung menschlicher
Verhältnisse gerade uicht vorzugsweise befähigten Stande nicht lange mehr über»
lassen bleiben wird. —
Das Ministerium Brandenburg.
Das vorstehende Votum, welches uns von einem preußischen Juristen einge¬
sandt ist und dem wir in seinen Schlußfolgerungen beitreten, veranlaßt uns in
Beziehung auf seine Motive zu einigen Bemerkungen, die wir an die Richtung
anknüpfen, welche das Restaurationsministerium Brandenburg - Manteuffel in der
letzten Zeit eingeschlagen zu haben scheint. Jene Maßregeln gegen richterliche
Beamte wegen ihrer politischen Thätigkeit stehn keineswegs vereinzelt da, und je
mehr wir in der neuen Regierung eine Wiederkehr der Ordnung und des politi¬
schen Verstandes, der in dem Schwindel der letzten Monate verloren gegangen
schien, begrüßten, um so ernstlicher müssen wir es warnen, wenn wir es auf
einem bedenklichen Weg sich verlieren sehn, der nicht nur ihm selber, sondern auch
dem Staat Gefahr bereiten kann.
Wenn man den Umschwung der politischen Gesinnung seit der Octroyirung
der neuen Verfassung ins Auge saßt, so begreift man leicht, wie die Staatsre¬
gierung, die vor wenigen Wochen als die leibhaftige Jncarnation des bösen Gei¬
stes des Absolutismus vou allen Seiten angefochten wurde, und die nun plötzlich
als die Wiederhersteller» des Staats zum Theil eben dort gefeiert wird, wo man
sie früher des Hochverraths anklagen wollte, wie sie im stolzen Gefühl der eignen
Willenskraft und der Unselbständigkeit des früher abgöttisch verehrten „Volks"
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