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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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land und den Slaveuführer dachte man träumerisch gemüthlich, ein großes Oest¬
reich begeisterte die Mehrzahl. Die Wache vor dem Hanse des Barus wurde
durch die Nationalgarde Wiens gegeben, und so ereignete sich der sonderbare Vor¬
fall, daß der Minister Doblhof mit geschultertem Gewehr auch seinen Dienst vor
der Thür des Baums, natürlich auf eignen Wunsch, verrichtete. -- Durch die
Wahl des Erzherzog Johann zum Reichsverweser wurden diese kaum angefange¬
nen Unterhandlungen, welche die Hartnäckigkeit der Ungarn sehr erschwerte, Plötz¬
lich abgebrochen; die Reise nach Wien war vergeblich.

Jetzt stieg eine Zeit herauf, in welcher eine Hospartci ihr Wesen trieb, von
der ganz Oestreich noch lauge die blutigen Früchte genießen wird. Es war dan
geheime Unterstützen des Barus, die berüchtigte Politik des Schwaukuiö oder
der sogenannten Camarilla, deren Namen als ein Schreck und Schlagwort im
Volke hernmirrte. Das Wort Camarilla wurde bei allen Gelegenheiten ohne
weitere Erläuterung gebraucht, so daß, als bei einer Volksversammlung einer
aus der Masse der Zuhörer den wirklichen Begriff dieses schrecklichen Wortes
wissen wollte, ihm entgegnet wurde: ebenso wie der König Ludwig von Baiern
seine Lota Montez habe, hätte der Kaiser auch eine schlechte Person, Camarilla,
und die heiligste Pflicht wäre es, denselben ans ihren-Umarmungen zu reißen.

Diese alte Politik des Hauses Oestreich, was schwer öffentlich zu erlangen,
im Geheim zu verfolgen, gab die Regierung der Verleumdung hin, öffnete den.
Wühlern Thor und Thüren bei der immer mißtrauenden Masse, und gab den un¬
sinnigsten Erfindungen ein Feld, -- es entstand der Haß, der im October die
Wirren der Wiener Revolution hervorrief.

Der Baums, wieder von Neuem eingesetzt, erließ seine drei Manifeste, in
denen er, gegenüber den deutschen Oestreichern, gegenüber dem Handeln der Hof-
Partei, gegenüber der östreichischen Armee erklärte, sein Wille wäre das einige
constitutionelle Oestreich, keine Unterdrückung der Nationalitäten, keine Reaction.
Der kaiserlich östreichische General Jellachich trat immer mehr hervor, gegenüber
der Armee, und der Baums von Kroatien verschwand immer mehr, je mehr deutsche,
Regimenter sich bei ihm schaarten.

Man findet in der Zeit, wo Oestreich das Vorrücken seiner Armee in Ita¬
lien vernahm, eine nach und nach sich ändernde Politik der Negierung. Radetzky
hatte mit raschen, glänzenden Thaten die Italiener unterdrückt, seine Fahnen wa¬
ren siegreich bis zum Tessino vorgedrungen, für den politischen Horizont ging der
Stern einer Nation unter, und ein Hoffnungsstern für Oestreichs Himmel ans.
Die Politik des Hofes ging ans dem geheimen Treiben allmälig in das offene
der Regierung über. Die Partei des Barus wurde offen aufgenommen, und die be¬
rühmte ungarische Deputation nnter Kossuth, milden Fragen Königthum oder Vvlks-
herrschttft, zu Schönbrunn abgewiesen. Nun stürzten die Ungarn, in den Augen
von Deutschland als Märtyrer, zu Selbsthilfe gezwungen, dnrch Wiens Straßen


land und den Slaveuführer dachte man träumerisch gemüthlich, ein großes Oest¬
reich begeisterte die Mehrzahl. Die Wache vor dem Hanse des Barus wurde
durch die Nationalgarde Wiens gegeben, und so ereignete sich der sonderbare Vor¬
fall, daß der Minister Doblhof mit geschultertem Gewehr auch seinen Dienst vor
der Thür des Baums, natürlich auf eignen Wunsch, verrichtete. — Durch die
Wahl des Erzherzog Johann zum Reichsverweser wurden diese kaum angefange¬
nen Unterhandlungen, welche die Hartnäckigkeit der Ungarn sehr erschwerte, Plötz¬
lich abgebrochen; die Reise nach Wien war vergeblich.

Jetzt stieg eine Zeit herauf, in welcher eine Hospartci ihr Wesen trieb, von
der ganz Oestreich noch lauge die blutigen Früchte genießen wird. Es war dan
geheime Unterstützen des Barus, die berüchtigte Politik des Schwaukuiö oder
der sogenannten Camarilla, deren Namen als ein Schreck und Schlagwort im
Volke hernmirrte. Das Wort Camarilla wurde bei allen Gelegenheiten ohne
weitere Erläuterung gebraucht, so daß, als bei einer Volksversammlung einer
aus der Masse der Zuhörer den wirklichen Begriff dieses schrecklichen Wortes
wissen wollte, ihm entgegnet wurde: ebenso wie der König Ludwig von Baiern
seine Lota Montez habe, hätte der Kaiser auch eine schlechte Person, Camarilla,
und die heiligste Pflicht wäre es, denselben ans ihren-Umarmungen zu reißen.

Diese alte Politik des Hauses Oestreich, was schwer öffentlich zu erlangen,
im Geheim zu verfolgen, gab die Regierung der Verleumdung hin, öffnete den.
Wühlern Thor und Thüren bei der immer mißtrauenden Masse, und gab den un¬
sinnigsten Erfindungen ein Feld, — es entstand der Haß, der im October die
Wirren der Wiener Revolution hervorrief.

Der Baums, wieder von Neuem eingesetzt, erließ seine drei Manifeste, in
denen er, gegenüber den deutschen Oestreichern, gegenüber dem Handeln der Hof-
Partei, gegenüber der östreichischen Armee erklärte, sein Wille wäre das einige
constitutionelle Oestreich, keine Unterdrückung der Nationalitäten, keine Reaction.
Der kaiserlich östreichische General Jellachich trat immer mehr hervor, gegenüber
der Armee, und der Baums von Kroatien verschwand immer mehr, je mehr deutsche,
Regimenter sich bei ihm schaarten.

Man findet in der Zeit, wo Oestreich das Vorrücken seiner Armee in Ita¬
lien vernahm, eine nach und nach sich ändernde Politik der Negierung. Radetzky
hatte mit raschen, glänzenden Thaten die Italiener unterdrückt, seine Fahnen wa¬
ren siegreich bis zum Tessino vorgedrungen, für den politischen Horizont ging der
Stern einer Nation unter, und ein Hoffnungsstern für Oestreichs Himmel ans.
Die Politik des Hofes ging ans dem geheimen Treiben allmälig in das offene
der Regierung über. Die Partei des Barus wurde offen aufgenommen, und die be¬
rühmte ungarische Deputation nnter Kossuth, milden Fragen Königthum oder Vvlks-
herrschttft, zu Schönbrunn abgewiesen. Nun stürzten die Ungarn, in den Augen
von Deutschland als Märtyrer, zu Selbsthilfe gezwungen, dnrch Wiens Straßen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/485>, abgerufen am 23.07.2024.