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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Der interessante und bedeutende Mann, welcher seit vorigem Sommer das
Geschick Oestreichs bestimmen half, hat, nach Menschenermessen, noch ein großes
Leben und eine verhängnißvolle Thätigkeit bei der Neugestaltung Oestreichs zu
entwickeln. Es ist endlich Zeit, daß man auch in Deutschland aufhört, in ihm
ein Werkzeug des Hofes, der Aristokratie, des Despotismus zu sehen. Die ori¬
ginelle Entwicklung eines neuen Volkslebens in den südslavischen Außenländern
scheint für die nächste Zeit an seine Person geknüpft, und es wird unseren Lesern
von Interesse sein, ihn aus einer Reihe von Schilderungen kennen zu lernen,
welche aus verschiedenen Federn geflossen sind, aber aus eigener Anschauung der
Schreibenden beruhen. Wir geben zuerst ein Referat über seine Stellung bis
zum Ungarkriege aus der Feder eines seiner persönlichen Bekannten.

Jellachich hatte schon früher, als noch Niemand die Revolution vor sich sah,
eine selbstständige Gesinnung in Reden und Schriften, gegenüber den Ungarn,
gegenüber der Regierung, vielfach gezeigt, auch als Soldat hatte er, aufgefordert
von Wien, dem Hofkriegsrath in einem interessanten Actenstück bewiesen, wie der
Gang der östreichischen Politik, gegenüber der'Militärgrenze, diese auSscmgte und
demoralisirte. Er war keineswegs beliebt während des Metternich'schen Systems
und ist als ein freier Mann aus dein Boden der Revolution emporgestiegen. --

Als im vorigen Sommer außer den Kroaten auch die Rachen aufstanden,
nationale Selbstständigkeit auf ihrer Versammlung zu Karloroitz verlangten, und
die Ungarn vergeblich im Banat und den Nömcrschanzcn kämpften, da rief Kos-
suth im Reichstage, die ungarische Nation bedürfe Verbündete in dieser Zeit, mö¬
gen es die Franzosen, Deutsche oder derTeufel sein, es müsse welche
haben; natürlich wurde nach dem Nächsten, nach Deutschland geblickt. Ungarns Trup-
penverweigcrungen zwangen die Regierung energischer gegenüber der kroatischen
und serbischen Bewegung einzuschreiten; Palatiualcrlasse erklärten die Verordnun¬
gen des Baums für verfassungswidrig - und von Seiten der Wiener Regierung
wurde Hrabowscky als Commissär zur Untersuchung der Unruhen gesendet, um
streng die auf eine gewaltsame Losreißung Kroatiens von Un¬
garn abzielenden Umtriebe zu untersuchen.

Der Unwille der Kroaten über diese königlichen Verordnungen, trat besonders
in Agram an den Tag, der Lärm der Versammlung wurde ungeheuer, als man
die Intriguen des Batthiany-Kossuth'schen Ministeriums gegen den geliebten Ba-
mis schilderte; - man schritt in der Eile und Wuth zur Verbrennung der könig¬
lichen schriftlichen Befehle, wobei sich besonders die Studenten thätig bewie¬
sen, und warf das Bild des Palatin auf dem Harnitzenplatze ins Feuer, Mas-


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Der interessante und bedeutende Mann, welcher seit vorigem Sommer das
Geschick Oestreichs bestimmen half, hat, nach Menschenermessen, noch ein großes
Leben und eine verhängnißvolle Thätigkeit bei der Neugestaltung Oestreichs zu
entwickeln. Es ist endlich Zeit, daß man auch in Deutschland aufhört, in ihm
ein Werkzeug des Hofes, der Aristokratie, des Despotismus zu sehen. Die ori¬
ginelle Entwicklung eines neuen Volkslebens in den südslavischen Außenländern
scheint für die nächste Zeit an seine Person geknüpft, und es wird unseren Lesern
von Interesse sein, ihn aus einer Reihe von Schilderungen kennen zu lernen,
welche aus verschiedenen Federn geflossen sind, aber aus eigener Anschauung der
Schreibenden beruhen. Wir geben zuerst ein Referat über seine Stellung bis
zum Ungarkriege aus der Feder eines seiner persönlichen Bekannten.

Jellachich hatte schon früher, als noch Niemand die Revolution vor sich sah,
eine selbstständige Gesinnung in Reden und Schriften, gegenüber den Ungarn,
gegenüber der Regierung, vielfach gezeigt, auch als Soldat hatte er, aufgefordert
von Wien, dem Hofkriegsrath in einem interessanten Actenstück bewiesen, wie der
Gang der östreichischen Politik, gegenüber der'Militärgrenze, diese auSscmgte und
demoralisirte. Er war keineswegs beliebt während des Metternich'schen Systems
und ist als ein freier Mann aus dein Boden der Revolution emporgestiegen. —

Als im vorigen Sommer außer den Kroaten auch die Rachen aufstanden,
nationale Selbstständigkeit auf ihrer Versammlung zu Karloroitz verlangten, und
die Ungarn vergeblich im Banat und den Nömcrschanzcn kämpften, da rief Kos-
suth im Reichstage, die ungarische Nation bedürfe Verbündete in dieser Zeit, mö¬
gen es die Franzosen, Deutsche oder derTeufel sein, es müsse welche
haben; natürlich wurde nach dem Nächsten, nach Deutschland geblickt. Ungarns Trup-
penverweigcrungen zwangen die Regierung energischer gegenüber der kroatischen
und serbischen Bewegung einzuschreiten; Palatiualcrlasse erklärten die Verordnun¬
gen des Baums für verfassungswidrig - und von Seiten der Wiener Regierung
wurde Hrabowscky als Commissär zur Untersuchung der Unruhen gesendet, um
streng die auf eine gewaltsame Losreißung Kroatiens von Un¬
garn abzielenden Umtriebe zu untersuchen.

Der Unwille der Kroaten über diese königlichen Verordnungen, trat besonders
in Agram an den Tag, der Lärm der Versammlung wurde ungeheuer, als man
die Intriguen des Batthiany-Kossuth'schen Ministeriums gegen den geliebten Ba-
mis schilderte; - man schritt in der Eile und Wuth zur Verbrennung der könig¬
lichen schriftlichen Befehle, wobei sich besonders die Studenten thätig bewie¬
sen, und warf das Bild des Palatin auf dem Harnitzenplatze ins Feuer, Mas-


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[0482] I e l l a es i es. Der interessante und bedeutende Mann, welcher seit vorigem Sommer das Geschick Oestreichs bestimmen half, hat, nach Menschenermessen, noch ein großes Leben und eine verhängnißvolle Thätigkeit bei der Neugestaltung Oestreichs zu entwickeln. Es ist endlich Zeit, daß man auch in Deutschland aufhört, in ihm ein Werkzeug des Hofes, der Aristokratie, des Despotismus zu sehen. Die ori¬ ginelle Entwicklung eines neuen Volkslebens in den südslavischen Außenländern scheint für die nächste Zeit an seine Person geknüpft, und es wird unseren Lesern von Interesse sein, ihn aus einer Reihe von Schilderungen kennen zu lernen, welche aus verschiedenen Federn geflossen sind, aber aus eigener Anschauung der Schreibenden beruhen. Wir geben zuerst ein Referat über seine Stellung bis zum Ungarkriege aus der Feder eines seiner persönlichen Bekannten. Jellachich hatte schon früher, als noch Niemand die Revolution vor sich sah, eine selbstständige Gesinnung in Reden und Schriften, gegenüber den Ungarn, gegenüber der Regierung, vielfach gezeigt, auch als Soldat hatte er, aufgefordert von Wien, dem Hofkriegsrath in einem interessanten Actenstück bewiesen, wie der Gang der östreichischen Politik, gegenüber der'Militärgrenze, diese auSscmgte und demoralisirte. Er war keineswegs beliebt während des Metternich'schen Systems und ist als ein freier Mann aus dein Boden der Revolution emporgestiegen. — Als im vorigen Sommer außer den Kroaten auch die Rachen aufstanden, nationale Selbstständigkeit auf ihrer Versammlung zu Karloroitz verlangten, und die Ungarn vergeblich im Banat und den Nömcrschanzcn kämpften, da rief Kos- suth im Reichstage, die ungarische Nation bedürfe Verbündete in dieser Zeit, mö¬ gen es die Franzosen, Deutsche oder derTeufel sein, es müsse welche haben; natürlich wurde nach dem Nächsten, nach Deutschland geblickt. Ungarns Trup- penverweigcrungen zwangen die Regierung energischer gegenüber der kroatischen und serbischen Bewegung einzuschreiten; Palatiualcrlasse erklärten die Verordnun¬ gen des Baums für verfassungswidrig - und von Seiten der Wiener Regierung wurde Hrabowscky als Commissär zur Untersuchung der Unruhen gesendet, um streng die auf eine gewaltsame Losreißung Kroatiens von Un¬ garn abzielenden Umtriebe zu untersuchen. Der Unwille der Kroaten über diese königlichen Verordnungen, trat besonders in Agram an den Tag, der Lärm der Versammlung wurde ungeheuer, als man die Intriguen des Batthiany-Kossuth'schen Ministeriums gegen den geliebten Ba- mis schilderte; - man schritt in der Eile und Wuth zur Verbrennung der könig¬ lichen schriftlichen Befehle, wobei sich besonders die Studenten thätig bewie¬ sen, und warf das Bild des Palatin auf dem Harnitzenplatze ins Feuer, Mas-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/482>, abgerufen am 26.11.2024.