Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.Diamanten zu sein, aber die kranke Prinzessin, welcher der wiedergefundene Dia¬ Ja, glaubt mir, der Jude hat den Diamanten noch im Bauch; unsere rothen Josef Veyer. Preußische Briefe. Dritter Vries. Das elegante Berlin und der Belagerungszustand. Die Gesellschaft, in welcher ich nach Berlin fuhr, war passabcl reactionär! Diamanten zu sein, aber die kranke Prinzessin, welcher der wiedergefundene Dia¬ Ja, glaubt mir, der Jude hat den Diamanten noch im Bauch; unsere rothen Josef Veyer. Preußische Briefe. Dritter Vries. Das elegante Berlin und der Belagerungszustand. Die Gesellschaft, in welcher ich nach Berlin fuhr, war passabcl reactionär! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0468" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278456"/> <p xml:id="ID_2665" prev="#ID_2664"> Diamanten zu sein, aber die kranke Prinzessin, welcher der wiedergefundene Dia¬<lb/> mant Heil und Genesung bringen sollte, erwacht nur zu einem schattenhaften,<lb/> halben Leben. Kennt ihr die Prinzessin? Die schöne mondblasse Königstochter ist<lb/> die verkörperte Poesie der Kaisermacht, die Romantik der Hoheit, die jetzt nur<lb/> noch als ein glänzender Schatten in unsern Ländern verweilt. Der Jude aber<lb/> ist die Bourgoisie des Kapitals, welche, obgleich verhöhnt, dennoch den wahren<lb/> Diamanten besitzt. Er verheimlicht zwar sein Kleinod, doch wenn er durch' die<lb/> Welt hiudurchschreitet, wirft seine unansehnliche Gestalt einen Schatten, der wie<lb/> ein König aussieht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2666"> Ja, glaubt mir, der Jude hat den Diamanten noch im Bauch; unsere rothen<lb/> Demagogen verschwören sich vergebens, ihm den Leib aufzuschneiden, und die socia¬<lb/> listischen Doctoren, die Herren Cabet, Proudhon u. s. w., suchen ihm vergebens<lb/> zu beweisen, daß es ihm Vergnügen machen müsse, dies selbst zu thun.</p><lb/> <note type="byline"> Josef Veyer.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Preußische Briefe.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> Dritter Vries.<lb/> Das elegante Berlin und der Belagerungszustand.</head><lb/> <p xml:id="ID_2667" next="#ID_2668"> Die Gesellschaft, in welcher ich nach Berlin fuhr, war passabcl reactionär!<lb/> Sachsen und Preußen tauschten ihre gegenseitige» Erfahrungen über die parla¬<lb/> mentarischen Kampfe des letzten Jahres mit einander aus; — es waren Abgeord¬<lb/> nete der ersten und zweiten Kammer darunter —- und kamen beiderseits zu dem<lb/> Resultat, daß ohne eine Revision des Wahlmodus in conservativen Sinn an eine<lb/> Besserung der gegenwärtigen Zustände nicht zu denken wäre. Es ist in der That<lb/> wahrscheinlich, daß vou der rechten Seite wenigstens der Versuch gemacht werden<lb/> wird, entweder durch Bestimmung eines, wenn auch uoch so kleinen Census die<lb/> Zahl der Wähler zu beschränken — die Definition des vielfach angefochtenen Aus¬<lb/> drucks „selbstständig" gäbe dazu Gelegenheit — oder ans die zeitgemäß reformirte<lb/> Idee des alten ständischen Princips, ans die schon von Bülow-Cnmmerow<lb/> empfohlene Vertretung der Interessen zurückzugehn. Im Princip kann man mit<lb/> der Ansicht, daß denjenigen, die ihrer Lage nach ein selbstständiges Urtheil über<lb/> die großen politischen Fragen, die den Repräsentanten vorgelegt werden, nicht<lb/> haben, auch an der Wahl dieser Repräsentanten kein Antheil gebührt, vollkommen<lb/> übereinstimmen. Entweder gewinnen die „Bourgeois" durch Wcchlumtriebe den<lb/> Sieg, und dann ist ein System der Korruption, wie es Frankreich in seinen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0468]
Diamanten zu sein, aber die kranke Prinzessin, welcher der wiedergefundene Dia¬
mant Heil und Genesung bringen sollte, erwacht nur zu einem schattenhaften,
halben Leben. Kennt ihr die Prinzessin? Die schöne mondblasse Königstochter ist
die verkörperte Poesie der Kaisermacht, die Romantik der Hoheit, die jetzt nur
noch als ein glänzender Schatten in unsern Ländern verweilt. Der Jude aber
ist die Bourgoisie des Kapitals, welche, obgleich verhöhnt, dennoch den wahren
Diamanten besitzt. Er verheimlicht zwar sein Kleinod, doch wenn er durch' die
Welt hiudurchschreitet, wirft seine unansehnliche Gestalt einen Schatten, der wie
ein König aussieht.
Ja, glaubt mir, der Jude hat den Diamanten noch im Bauch; unsere rothen
Demagogen verschwören sich vergebens, ihm den Leib aufzuschneiden, und die socia¬
listischen Doctoren, die Herren Cabet, Proudhon u. s. w., suchen ihm vergebens
zu beweisen, daß es ihm Vergnügen machen müsse, dies selbst zu thun.
Josef Veyer.
Preußische Briefe.
Dritter Vries.
Das elegante Berlin und der Belagerungszustand.
Die Gesellschaft, in welcher ich nach Berlin fuhr, war passabcl reactionär!
Sachsen und Preußen tauschten ihre gegenseitige» Erfahrungen über die parla¬
mentarischen Kampfe des letzten Jahres mit einander aus; — es waren Abgeord¬
nete der ersten und zweiten Kammer darunter —- und kamen beiderseits zu dem
Resultat, daß ohne eine Revision des Wahlmodus in conservativen Sinn an eine
Besserung der gegenwärtigen Zustände nicht zu denken wäre. Es ist in der That
wahrscheinlich, daß vou der rechten Seite wenigstens der Versuch gemacht werden
wird, entweder durch Bestimmung eines, wenn auch uoch so kleinen Census die
Zahl der Wähler zu beschränken — die Definition des vielfach angefochtenen Aus¬
drucks „selbstständig" gäbe dazu Gelegenheit — oder ans die zeitgemäß reformirte
Idee des alten ständischen Princips, ans die schon von Bülow-Cnmmerow
empfohlene Vertretung der Interessen zurückzugehn. Im Princip kann man mit
der Ansicht, daß denjenigen, die ihrer Lage nach ein selbstständiges Urtheil über
die großen politischen Fragen, die den Repräsentanten vorgelegt werden, nicht
haben, auch an der Wahl dieser Repräsentanten kein Antheil gebührt, vollkommen
übereinstimmen. Entweder gewinnen die „Bourgeois" durch Wcchlumtriebe den
Sieg, und dann ist ein System der Korruption, wie es Frankreich in seinen
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