Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.ungeheures Unglück für Sie und Oestreich, wenn die Brutalität sich auch an ihn Darf ich Ihnen noch eine Ansicht unserer Partei, -- die bis vor kurzem Die Grenzboten. ungeheures Unglück für Sie und Oestreich, wenn die Brutalität sich auch an ihn Darf ich Ihnen noch eine Ansicht unserer Partei, — die bis vor kurzem Die Grenzboten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0464" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278452"/> <p xml:id="ID_2654" prev="#ID_2653"> ungeheures Unglück für Sie und Oestreich, wenn die Brutalität sich auch an ihn<lb/> wagte. Sie haben wenig mehr zu fürchten, nur eins können Sie uicht vernichten:<lb/> die öffentliche Meinung— Sie werden die Presse Oestreichs beschränken, die deutsche<lb/> Presse ist frei Ihnen gegenüber, und die östreichische Nation versteht hierin den<lb/> Anschluß an Deutschland besser, als Sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_2655"> Darf ich Ihnen noch eine Ansicht unserer Partei, — die bis vor kurzem<lb/> anch die Ihrige war — über Ihre neue Verfassung aussprechen? — Es lohnt nicht<lb/> viele Worte darüber zu machen. Sie ist das dritte Vcrfassnngsproject, das zweite,<lb/> welches wir kaiserlicher Huld verdanken, sie wird ebenso ein Fetzen bedrucktes Pa¬<lb/> pier bleiben, wie die früheren. Sie selbst haben ihre Realisation bereits unmög¬<lb/> lich gemacht, und ohne eS zu wollen, den Staat in eine Bahn getrieben, wo<lb/> nur militärischer Despotismus regieren kann. Und obgleich Ihre Constitution den<lb/> seltsamen Vorzug hat, daß auch der Kaiser vou Rußland bei einiger Klugheit ohne<lb/> Gefahr für seine Principien darnach regieren könnte, so fürchte ich doch, Sie werden<lb/> es nicht können, Sie haben doch noch zu viel ungeschickte Ehrlichkeit.— Kurz läßt<lb/> sich darüber so sagen: was Ihnen bei Aufzeichnung der Verfassung vom Standpunkt<lb/> unserer Partei „vorgeschwebt" hat, war gut; was Sie aus anderen Verfassungen abge¬<lb/> schrieben haben, ist wenigstens deutlich; was Sie selbst dazu gemacht haben, höchst<lb/> nebelhaft, unverständlich, zum Theil unausführbar; und was Sie weggelassen ha¬<lb/> ben, unverzeihlich. Gut ist die allgemeine Ansicht über das Verhältniß der Pro¬<lb/> vinzen zum Gesammtstaat, deutlich sind die welche den meisten Konstitutionen<lb/> gemeinsam sind, unfertig und unverständlich die welche das Verhältniß Ungarns,<lb/> Croatiens und der Woiwodina zum Gesammtstaat theoretisch feststellen sollen; un¬<lb/> verzeihlich die Weglassung der wichtigsten Staatsbürgerrechte. Und damit auch<lb/> der Humor nicht fehle, steht ein „Entschädigungs-Pauschale" für die Mitglieder<lb/> deS Unterhauses in Aussicht. Das ist die feinste Bestimmung der Konstitution.<lb/> Man schätzt die versäumte Zeit, dann auch die geleisteten Dienste, und bezahlt<lb/> den Einzelnen — je nachdem — in runder Summe. DciS war so gut gemeint<lb/> und ist so herzlich — Pfiffig. Sollten günstige Sterne die wunderbare Möglichkeit<lb/> gewähren, daß Oestreich nach dieser Verfassung regiert werden könnte, so werden<lb/> wir ihrem Detail dieselbe hochachtungsvolle Aufmerksamkeit schenken, welche wir<lb/> Eure Excellenzen aus diesem Brief herauszulesen bitten.</p><lb/> <note type="byline"> Die Grenzboten.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0464]
ungeheures Unglück für Sie und Oestreich, wenn die Brutalität sich auch an ihn
wagte. Sie haben wenig mehr zu fürchten, nur eins können Sie uicht vernichten:
die öffentliche Meinung— Sie werden die Presse Oestreichs beschränken, die deutsche
Presse ist frei Ihnen gegenüber, und die östreichische Nation versteht hierin den
Anschluß an Deutschland besser, als Sie.
Darf ich Ihnen noch eine Ansicht unserer Partei, — die bis vor kurzem
anch die Ihrige war — über Ihre neue Verfassung aussprechen? — Es lohnt nicht
viele Worte darüber zu machen. Sie ist das dritte Vcrfassnngsproject, das zweite,
welches wir kaiserlicher Huld verdanken, sie wird ebenso ein Fetzen bedrucktes Pa¬
pier bleiben, wie die früheren. Sie selbst haben ihre Realisation bereits unmög¬
lich gemacht, und ohne eS zu wollen, den Staat in eine Bahn getrieben, wo
nur militärischer Despotismus regieren kann. Und obgleich Ihre Constitution den
seltsamen Vorzug hat, daß auch der Kaiser vou Rußland bei einiger Klugheit ohne
Gefahr für seine Principien darnach regieren könnte, so fürchte ich doch, Sie werden
es nicht können, Sie haben doch noch zu viel ungeschickte Ehrlichkeit.— Kurz läßt
sich darüber so sagen: was Ihnen bei Aufzeichnung der Verfassung vom Standpunkt
unserer Partei „vorgeschwebt" hat, war gut; was Sie aus anderen Verfassungen abge¬
schrieben haben, ist wenigstens deutlich; was Sie selbst dazu gemacht haben, höchst
nebelhaft, unverständlich, zum Theil unausführbar; und was Sie weggelassen ha¬
ben, unverzeihlich. Gut ist die allgemeine Ansicht über das Verhältniß der Pro¬
vinzen zum Gesammtstaat, deutlich sind die welche den meisten Konstitutionen
gemeinsam sind, unfertig und unverständlich die welche das Verhältniß Ungarns,
Croatiens und der Woiwodina zum Gesammtstaat theoretisch feststellen sollen; un¬
verzeihlich die Weglassung der wichtigsten Staatsbürgerrechte. Und damit auch
der Humor nicht fehle, steht ein „Entschädigungs-Pauschale" für die Mitglieder
deS Unterhauses in Aussicht. Das ist die feinste Bestimmung der Konstitution.
Man schätzt die versäumte Zeit, dann auch die geleisteten Dienste, und bezahlt
den Einzelnen — je nachdem — in runder Summe. DciS war so gut gemeint
und ist so herzlich — Pfiffig. Sollten günstige Sterne die wunderbare Möglichkeit
gewähren, daß Oestreich nach dieser Verfassung regiert werden könnte, so werden
wir ihrem Detail dieselbe hochachtungsvolle Aufmerksamkeit schenken, welche wir
Eure Excellenzen aus diesem Brief herauszulesen bitten.
Die Grenzboten.
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