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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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und durch glücklichen Einfluß auf die Wahlen gutgesinnte Majoritäten ins zehn¬
jährige Ober- und ins fünfjährige Unterhaus zu bringen, eine Uebersetzung aus
dem feinen Französisch L. Philipp's ins plumpere östreichische Deutsch sein wird.
In dieser Schule werden die Oestreicher schon lernen, eine künftige Katastrophe
besser zu benützen.

Ueber Stadion hört man die widersprechendsten Urtheile: der Mann ist also
nicht unbedeutend. Im Privatleben von der strengsten Ehrenhaftigkeit und Un-
eigennützigkeit, nimmt er's als Politiker mit der Wahrheit nicht sehr genau. Mit
dem Starrsinn und Eigendünkel eines tüchtigen Bureaukraten ist er von der Un¬
fehlbarkeit seiner Ideen und der Heiligkeit seiner Zwecke so durchdrungen, daß er
in den Mitteln nicht wählerisch sein kann. Er gehört in dieselbe Kategorie, nicht
ans dieselbe Stufe mit Guizot, denn er ist kein Redner und kein Historiker, wie
der französische Exminister.

Eine matte, blinzelnde Illumination in Stadt und Vorstädte!,. Die "Gut¬
gesinnten" illuminiren weniger der Konstitution als der Auflösung des Reichstags
zu Ehren; "Ucbelgcsinnte" stellen ans Furcht -- denn mehreren wurden die Schei¬
ben eingeschmissen -- zwei Talgkerzcn vors Fenster. Man hört Abscheuliches aus
Kleinster. Drei Bataillone besetzten gestern Nacht das Städtchen und die Auf¬
lösung des Reichstages geschah heute Morgen mit einer Brutalität, welche selbst
stockconservative Journalisten empört hat. Mit Kolben wurden die Abgeordneten,
als sie, Nichts ahnend, dem Neichstagsgcbände nahten, zurück- und ins Vor¬
standsbureau gewiesen, um ihre Pässe und Rcichsdiäten zu holen. Die bittersten
Gegner fielen einander mit thränenden Augen um den Hals; die Czechen prote-
stirten laut und grollend. Zugleich wurde auf acht bis zehn Abgeordnete gefahn¬
det, zwei, Prato und Fischhof, wurden glücklich erhascht -- der letztere wollte
trotz der Bitten seiner Freunde nicht fliehen -- und in den Bereich des Belage¬
rungszustandes, nach Wien geschleppt, um vor'S Kriegsgericht gestellt zu wer¬
den. Vater Melden hatte es so verlangt. So geschehen am ersten Tage des con-
stitutionellen Heils. Und Sie weigern sich immer noch, Oestreich an die Spitze
Deutschlands zu stellen!

"Der Fischhof und der Goldmark müssen dran glauben, die Andern wird
man auch kriegen!" hörte ich ewige alte Wiener sagen. Die hiesigen Bourgeois
fänden es in der Ordnung, wenn man ein paar Abgeordnete zur Feier des 13.
März in den Stadtgraben stellte. Ob ich nur nicht den Teufel an die Wand
male ? -- Doch das sind Nachtgedanken!

Zu den guten Genien, welche die Mauern unserer belagerten Stadt mit hu¬
moristischen Arabesken zu verzieren Pflegen, gehört außer Vater Weiden auch der


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und durch glücklichen Einfluß auf die Wahlen gutgesinnte Majoritäten ins zehn¬
jährige Ober- und ins fünfjährige Unterhaus zu bringen, eine Uebersetzung aus
dem feinen Französisch L. Philipp's ins plumpere östreichische Deutsch sein wird.
In dieser Schule werden die Oestreicher schon lernen, eine künftige Katastrophe
besser zu benützen.

Ueber Stadion hört man die widersprechendsten Urtheile: der Mann ist also
nicht unbedeutend. Im Privatleben von der strengsten Ehrenhaftigkeit und Un-
eigennützigkeit, nimmt er's als Politiker mit der Wahrheit nicht sehr genau. Mit
dem Starrsinn und Eigendünkel eines tüchtigen Bureaukraten ist er von der Un¬
fehlbarkeit seiner Ideen und der Heiligkeit seiner Zwecke so durchdrungen, daß er
in den Mitteln nicht wählerisch sein kann. Er gehört in dieselbe Kategorie, nicht
ans dieselbe Stufe mit Guizot, denn er ist kein Redner und kein Historiker, wie
der französische Exminister.

Eine matte, blinzelnde Illumination in Stadt und Vorstädte!,. Die „Gut¬
gesinnten" illuminiren weniger der Konstitution als der Auflösung des Reichstags
zu Ehren; „Ucbelgcsinnte" stellen ans Furcht — denn mehreren wurden die Schei¬
ben eingeschmissen — zwei Talgkerzcn vors Fenster. Man hört Abscheuliches aus
Kleinster. Drei Bataillone besetzten gestern Nacht das Städtchen und die Auf¬
lösung des Reichstages geschah heute Morgen mit einer Brutalität, welche selbst
stockconservative Journalisten empört hat. Mit Kolben wurden die Abgeordneten,
als sie, Nichts ahnend, dem Neichstagsgcbände nahten, zurück- und ins Vor¬
standsbureau gewiesen, um ihre Pässe und Rcichsdiäten zu holen. Die bittersten
Gegner fielen einander mit thränenden Augen um den Hals; die Czechen prote-
stirten laut und grollend. Zugleich wurde auf acht bis zehn Abgeordnete gefahn¬
det, zwei, Prato und Fischhof, wurden glücklich erhascht — der letztere wollte
trotz der Bitten seiner Freunde nicht fliehen — und in den Bereich des Belage¬
rungszustandes, nach Wien geschleppt, um vor'S Kriegsgericht gestellt zu wer¬
den. Vater Melden hatte es so verlangt. So geschehen am ersten Tage des con-
stitutionellen Heils. Und Sie weigern sich immer noch, Oestreich an die Spitze
Deutschlands zu stellen!

„Der Fischhof und der Goldmark müssen dran glauben, die Andern wird
man auch kriegen!" hörte ich ewige alte Wiener sagen. Die hiesigen Bourgeois
fänden es in der Ordnung, wenn man ein paar Abgeordnete zur Feier des 13.
März in den Stadtgraben stellte. Ob ich nur nicht den Teufel an die Wand
male ? — Doch das sind Nachtgedanken!

Zu den guten Genien, welche die Mauern unserer belagerten Stadt mit hu¬
moristischen Arabesken zu verzieren Pflegen, gehört außer Vater Weiden auch der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/459>, abgerufen am 21.11.2024.