Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.Idee einer Constituante war an sich unglaublich, doch ging man auf die Der constituircnde NeU Stag war ein Kind des 15. Mai. Die armen Stu¬ ES geht uicht anders; will man die Kr-drao pcilttiyuo Metterui'hö fortsetzen, Aber Metternich war kein Phrasenmensch. Er schlug seinen eisernen Reif um Im Januar stand ich auf dem Stephansplatze. Alles guckte gen Himmel. ^"nzbvtcn. l. Is<0. H7
Idee einer Constituante war an sich unglaublich, doch ging man auf die Der constituircnde NeU Stag war ein Kind des 15. Mai. Die armen Stu¬ ES geht uicht anders; will man die Kr-drao pcilttiyuo Metterui'hö fortsetzen, Aber Metternich war kein Phrasenmensch. Er schlug seinen eisernen Reif um Im Januar stand ich auf dem Stephansplatze. Alles guckte gen Himmel. ^«nzbvtcn. l. Is<0. H7
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0457" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278445"/> <p xml:id="ID_2622" prev="#ID_2621"> Idee einer Constituante war an sich unglaublich, doch ging man auf die<lb/> Idee ein, so konnte sie nicht besser verwirklicht werden, als sie es war. Der<lb/> Reichstag spiegelte so ziemlich Oestreich ab, Oestreich und die Erbsünden se ner<lb/> Zusammensetzung. Ich gehe noch weiter. Gelingt es dem Kabinet nicht, in einem<lb/> Jahr das Werk von Jahrhunderten zu vollbringen, alle Nationalitäten zwischen<lb/> der Weichsel und dem Brenner auszurotten oder zu germanisircn, so wird die<lb/> Erbsünde Oestreichs in den versprochenen künftigen Kammern ein noch babyloni¬<lb/> scheres Monstrum erzeugen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2623"> Der constituircnde NeU Stag war ein Kind des 15. Mai. Die armen Stu¬<lb/> denten wußten nicht, was sie thaten, als sie nach einer Constituante schrieen,<lb/> nach einem VolkScongreß. Es war die Losung zum Kampfe zwischen Centralisa¬<lb/> tion und Föderalismus, zwischen den Extremen beider Richtungen. Erst im No¬<lb/> vember stellten die Gegensätze sich in scharfer Zeichnung einander gegenüber<lb/> Durchgreifende Centralisation kann die Integrität der Monarchie sichern i^ut die<lb/> demokratische Selbstregierung der Volker im Keime knicken; das Gegentheil thut der<lb/> consequente Föderalismus. Dem Kabinet — wen sollte es wundern, steht die<lb/> Integrität, den Völkern ihre Freiheit obenan. Jenes wird sich trösten, wenn der<lb/> Volksfreiheit ein paar Nippen eingestoßen werden, vorausgesetzt, daß Oestreich<lb/> ganz und Großmacht bleibt: und die Völker? nun diese hätten sich wahrlich mit<lb/> dem Gedanken ausgesöhnt, ein paar socios i»i>Iorum zu verliere», wenn nur die<lb/> Wiege ihrer demokratischen Entwickelung breit und bequem gezimmert ward.</p><lb/> <p xml:id="ID_2624"> ES geht uicht anders; will man die Kr-drao pcilttiyuo Metterui'hö fortsetzen,<lb/> so muß man auch mit seinen Kalbe pflügen und für die Aussaat der Freiheit neben<lb/> sechs Robottagen einen Frei-Tag anwenden. Damit Oestreich unbesorgt schlummere,<lb/> durfte bis 1848 Deutschland nicht allzulaut schnarchen; damit Oestreich kein Stein-<lb/> chen aus seiner bunten Mosaik verliere, mußten alle großen Tempel, die dazu bei¬<lb/> gesteuert, Ruinen, mußten Denischland und Italien „geographische Begriffe" bleiben.<lb/> Schade, daß Oestreich nicht auch ein Stück Frankreich und England besitzt; ein<lb/> Stückchen Rußland hat es in Ruthenier oder Nnssinien - Stadion's Adlerblick<lb/> hat es entdeckt — doch Nikolaus ist ein ehrenwerther Mann, also schadet das<lb/> Nichts. Wem Oestreichs Ganzheit wie eines von den zehn Geboten gilt, muß<lb/> allerdings Jeden für einen Radikalen, einen Gotteslästerer und Mordbrenner halten,<lb/> der zu flüstern wagt: u'en vois p»8 la necessitv.</p><lb/> <p xml:id="ID_2625"> Aber Metternich war kein Phrasenmensch. Er schlug seinen eisernen Reif um<lb/> Länder und Völker und sprach: Ich halte euch. Unser Cabinet thut dasselbe und<lb/> spricht: Dies ist ein Bruderhand freier Völker. Wir wollen euch zwingen, euch<lb/> freiwillig zu verbrüdern. Und in der That, sie haben sich, in Haß und Verzweif.<lb/> lung, so glücklich in einander verbissen, daß sie nicht mehr auseinander können.</p><lb/> <p xml:id="ID_2626" next="#ID_2627"> Im Januar stand ich auf dem Stephansplatze. Alles guckte gen Himmel.<lb/> Der Sturm hatte die riesige schwarzgelbe Fahne oben in tausend kläglich flatternde</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> ^«nzbvtcn. l. Is<0. H7</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0457]
Idee einer Constituante war an sich unglaublich, doch ging man auf die
Idee ein, so konnte sie nicht besser verwirklicht werden, als sie es war. Der
Reichstag spiegelte so ziemlich Oestreich ab, Oestreich und die Erbsünden se ner
Zusammensetzung. Ich gehe noch weiter. Gelingt es dem Kabinet nicht, in einem
Jahr das Werk von Jahrhunderten zu vollbringen, alle Nationalitäten zwischen
der Weichsel und dem Brenner auszurotten oder zu germanisircn, so wird die
Erbsünde Oestreichs in den versprochenen künftigen Kammern ein noch babyloni¬
scheres Monstrum erzeugen.
Der constituircnde NeU Stag war ein Kind des 15. Mai. Die armen Stu¬
denten wußten nicht, was sie thaten, als sie nach einer Constituante schrieen,
nach einem VolkScongreß. Es war die Losung zum Kampfe zwischen Centralisa¬
tion und Föderalismus, zwischen den Extremen beider Richtungen. Erst im No¬
vember stellten die Gegensätze sich in scharfer Zeichnung einander gegenüber
Durchgreifende Centralisation kann die Integrität der Monarchie sichern i^ut die
demokratische Selbstregierung der Volker im Keime knicken; das Gegentheil thut der
consequente Föderalismus. Dem Kabinet — wen sollte es wundern, steht die
Integrität, den Völkern ihre Freiheit obenan. Jenes wird sich trösten, wenn der
Volksfreiheit ein paar Nippen eingestoßen werden, vorausgesetzt, daß Oestreich
ganz und Großmacht bleibt: und die Völker? nun diese hätten sich wahrlich mit
dem Gedanken ausgesöhnt, ein paar socios i»i>Iorum zu verliere», wenn nur die
Wiege ihrer demokratischen Entwickelung breit und bequem gezimmert ward.
ES geht uicht anders; will man die Kr-drao pcilttiyuo Metterui'hö fortsetzen,
so muß man auch mit seinen Kalbe pflügen und für die Aussaat der Freiheit neben
sechs Robottagen einen Frei-Tag anwenden. Damit Oestreich unbesorgt schlummere,
durfte bis 1848 Deutschland nicht allzulaut schnarchen; damit Oestreich kein Stein-
chen aus seiner bunten Mosaik verliere, mußten alle großen Tempel, die dazu bei¬
gesteuert, Ruinen, mußten Denischland und Italien „geographische Begriffe" bleiben.
Schade, daß Oestreich nicht auch ein Stück Frankreich und England besitzt; ein
Stückchen Rußland hat es in Ruthenier oder Nnssinien - Stadion's Adlerblick
hat es entdeckt — doch Nikolaus ist ein ehrenwerther Mann, also schadet das
Nichts. Wem Oestreichs Ganzheit wie eines von den zehn Geboten gilt, muß
allerdings Jeden für einen Radikalen, einen Gotteslästerer und Mordbrenner halten,
der zu flüstern wagt: u'en vois p»8 la necessitv.
Aber Metternich war kein Phrasenmensch. Er schlug seinen eisernen Reif um
Länder und Völker und sprach: Ich halte euch. Unser Cabinet thut dasselbe und
spricht: Dies ist ein Bruderhand freier Völker. Wir wollen euch zwingen, euch
freiwillig zu verbrüdern. Und in der That, sie haben sich, in Haß und Verzweif.
lung, so glücklich in einander verbissen, daß sie nicht mehr auseinander können.
Im Januar stand ich auf dem Stephansplatze. Alles guckte gen Himmel.
Der Sturm hatte die riesige schwarzgelbe Fahne oben in tausend kläglich flatternde
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