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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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ich Si

, (weich)
e dort wiederzusehn -- als einen Freund! (Sie reicht W. die Hand
und hält die seine einen Augenblick, dann schnell ab.)


Gertr.

Hans, mein Sohn, verzeihe mir, ich

(sich zu Hans niederbeugend).

habe Dich verrathen.


Wald,
(ihr gegenüber, ernst).

Und für den Vater Deines Sohnes hast Du

kein Wort, Gertrud?

Sie haben sich tödten wollen, Sie haben Unrecht


Gertr.
(scheu, leise).

gethan!

War das ein Unrecht, Gertrud? Vor wenig Stunden sprachst Du


Wald.

selbst, mein Leben sei der Buße für begangenes Unrecht verfallen. Wenn das ist,
wenn die Tage meiner Zukunft finster und freudenlos sein müssen; was schiltst Du
mich, daß ich mit einem Mal die Forderung zahlen will, die das Verhängnis) an
mich hat. Ich kann nicht Jahre lang umherschleichen, und büßen und mich här¬
men, bei dem Gott meiner Seele, das kann ich nicht. Was schiltst Dn mich also,
Gertrud, da Du mein Leben verfallen nennst.


Gertr.

O, es war Unrecht, was ich sprach, ein Frevel war es gegen

Dich und Gott.


Wald.

Gertrud!


Gertr.

Als die Waffe gegen Dich erhoben war, da fühlte ich erst, wie

sehr groß ein Menschenleben ist, und es schrie in mir: sein Leben ist heilig, es
darf nicht verloren gehen, er liebt Dich, und Du gehörst zu ihm in Leben und

(umarmt ihn.)
Tod.

Heil dieser Stunde! denn, Gertrud, dieses Wort macht Dich zu


Wald.

meinem Weibe.

Feierlich ist mir zu Muth, Waldemar, und in meinem Herzen ist


Gertr.

kein Raum für die Freude.


Wald.

Ich aber fühle frische Lebensluft um meine Schläfe. Weggeworfen

habe ich Alles, was uns trennte in der Meinung unsrer Zeit, und an Deiner
Seite, Du reines Weib, will ich die Sühne für altes Unrecht nicht in demüthi¬
gender Reue finden, ich will sie finden durch ein neues Leben voll freier, gesunder
Thätigkeit. Durch das Leben selbst versöhne ich mein Leben, und Du, Gertrud,
Du bist der Engel, der mir helfen wird.

H i l l e r.

Hiller.

Ein Fremder!

K

(den Knaben ergreifend)
ein Fremder mehr! Drei Menschen siehst


Wald.

Du'hier, die zu einem Leben zusammenwachsen wollen. Sieh her, diese will;
gib mir Dein Kind zum Weibe, Vater!


Hiller.

Seit sieben Jahren warst Dn's in diesem Knaben, für den wir

l

(Gruppe, Borhang fällt.)
ebten. Heut kommst Du zu uns, sei gegrüßt!




ich Si

, (weich)
e dort wiederzusehn — als einen Freund! (Sie reicht W. die Hand
und hält die seine einen Augenblick, dann schnell ab.)


Gertr.

Hans, mein Sohn, verzeihe mir, ich

(sich zu Hans niederbeugend).

habe Dich verrathen.


Wald,
(ihr gegenüber, ernst).

Und für den Vater Deines Sohnes hast Du

kein Wort, Gertrud?

Sie haben sich tödten wollen, Sie haben Unrecht


Gertr.
(scheu, leise).

gethan!

War das ein Unrecht, Gertrud? Vor wenig Stunden sprachst Du


Wald.

selbst, mein Leben sei der Buße für begangenes Unrecht verfallen. Wenn das ist,
wenn die Tage meiner Zukunft finster und freudenlos sein müssen; was schiltst Du
mich, daß ich mit einem Mal die Forderung zahlen will, die das Verhängnis) an
mich hat. Ich kann nicht Jahre lang umherschleichen, und büßen und mich här¬
men, bei dem Gott meiner Seele, das kann ich nicht. Was schiltst Dn mich also,
Gertrud, da Du mein Leben verfallen nennst.


Gertr.

O, es war Unrecht, was ich sprach, ein Frevel war es gegen

Dich und Gott.


Wald.

Gertrud!


Gertr.

Als die Waffe gegen Dich erhoben war, da fühlte ich erst, wie

sehr groß ein Menschenleben ist, und es schrie in mir: sein Leben ist heilig, es
darf nicht verloren gehen, er liebt Dich, und Du gehörst zu ihm in Leben und

(umarmt ihn.)
Tod.

Heil dieser Stunde! denn, Gertrud, dieses Wort macht Dich zu


Wald.

meinem Weibe.

Feierlich ist mir zu Muth, Waldemar, und in meinem Herzen ist


Gertr.

kein Raum für die Freude.


Wald.

Ich aber fühle frische Lebensluft um meine Schläfe. Weggeworfen

habe ich Alles, was uns trennte in der Meinung unsrer Zeit, und an Deiner
Seite, Du reines Weib, will ich die Sühne für altes Unrecht nicht in demüthi¬
gender Reue finden, ich will sie finden durch ein neues Leben voll freier, gesunder
Thätigkeit. Durch das Leben selbst versöhne ich mein Leben, und Du, Gertrud,
Du bist der Engel, der mir helfen wird.

H i l l e r.

Hiller.

Ein Fremder!

K

(den Knaben ergreifend)
ein Fremder mehr! Drei Menschen siehst


Wald.

Du'hier, die zu einem Leben zusammenwachsen wollen. Sieh her, diese will;
gib mir Dein Kind zum Weibe, Vater!


Hiller.

Seit sieben Jahren warst Dn's in diesem Knaben, für den wir

l

(Gruppe, Borhang fällt.)
ebten. Heut kommst Du zu uns, sei gegrüßt!




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[0388] ich Si , (weich) e dort wiederzusehn — als einen Freund! (Sie reicht W. die Hand und hält die seine einen Augenblick, dann schnell ab.) Gertr. Hans, mein Sohn, verzeihe mir, ich (sich zu Hans niederbeugend). habe Dich verrathen. Wald, (ihr gegenüber, ernst). Und für den Vater Deines Sohnes hast Du kein Wort, Gertrud? Sie haben sich tödten wollen, Sie haben Unrecht Gertr. (scheu, leise). gethan! War das ein Unrecht, Gertrud? Vor wenig Stunden sprachst Du Wald. selbst, mein Leben sei der Buße für begangenes Unrecht verfallen. Wenn das ist, wenn die Tage meiner Zukunft finster und freudenlos sein müssen; was schiltst Du mich, daß ich mit einem Mal die Forderung zahlen will, die das Verhängnis) an mich hat. Ich kann nicht Jahre lang umherschleichen, und büßen und mich här¬ men, bei dem Gott meiner Seele, das kann ich nicht. Was schiltst Dn mich also, Gertrud, da Du mein Leben verfallen nennst. Gertr. O, es war Unrecht, was ich sprach, ein Frevel war es gegen Dich und Gott. Wald. Gertrud! Gertr. Als die Waffe gegen Dich erhoben war, da fühlte ich erst, wie sehr groß ein Menschenleben ist, und es schrie in mir: sein Leben ist heilig, es darf nicht verloren gehen, er liebt Dich, und Du gehörst zu ihm in Leben und (umarmt ihn.) Tod. Heil dieser Stunde! denn, Gertrud, dieses Wort macht Dich zu Wald. meinem Weibe. Feierlich ist mir zu Muth, Waldemar, und in meinem Herzen ist Gertr. kein Raum für die Freude. Wald. Ich aber fühle frische Lebensluft um meine Schläfe. Weggeworfen habe ich Alles, was uns trennte in der Meinung unsrer Zeit, und an Deiner Seite, Du reines Weib, will ich die Sühne für altes Unrecht nicht in demüthi¬ gender Reue finden, ich will sie finden durch ein neues Leben voll freier, gesunder Thätigkeit. Durch das Leben selbst versöhne ich mein Leben, und Du, Gertrud, Du bist der Engel, der mir helfen wird. H i l l e r. Hiller. Ein Fremder! K (den Knaben ergreifend) ein Fremder mehr! Drei Menschen siehst Wald. Du'hier, die zu einem Leben zusammenwachsen wollen. Sieh her, diese will; gib mir Dein Kind zum Weibe, Vater! Hiller. Seit sieben Jahren warst Dn's in diesem Knaben, für den wir l (Gruppe, Borhang fällt.) ebten. Heut kommst Du zu uns, sei gegrüßt!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/388>, abgerufen am 23.07.2024.